Dubai Atlantis The Palm: Das spektakulärste Hotel der Welt

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Gebraten, gedünstet, gekocht

Purpurner Sonnenuntergang über dem spektakulärsten Hotel der Welt Quelle: reuters

In den letzten Wochen wurde Bauschutt im Akkord abgefahren, Staub zusammengefegt, Fenster wurden gewienert, Marmorbänke poliert. Kellner übten derweil das Eindecken in den 17 Restaurants. Vier der berühmtesten Küchenchefs der Welt trainierten ihre Crews, damit das Sushi bei Meister Nobu perfekt gerät, die Edel-Pasta bei Gianni Locatelli genau den richtigen Biss hat, die gegrillte Dorade bei Santi Santamaria perfekt gewürzt ist und am Hummersalat bei Michel Rostang jedes Detail stimmt. Die Tochter des Pariser Zwei-Sterne-Kochs überwacht die Abläufe im Restaurant, begrüßt Gäste mit Handschlag und französischem Charme: „Schließlich tragen wir Paris an den Persischen Golf“, lacht Caroline Rostang. „Wir bringen unsere Rezepte mit, unsere Köche. Wir kaufen auf den Märkten die besten Produkte und kombinieren Frankreich mit den Gewürzen der Region, bringen einen Hauch von Orient in unsere Gerichte.“

Gut nur, dass die Fische im Mega-Aquarium nicht erkennen, was hinter den Scheiben aus Acrylglas im Restaurant von Küchen-Zauberer Santi Santamaria vor sich geht: Sein Ossiano soll die beste Gaststätte des Hotels werden – und ist auf Fisch spezialisiert. Auf den Tisch kommen die Artgenossen gebraten, gedünstet, gekocht, mit Koriander und Zitrone dekoriert, mit Schalentieren kombiniert, vom Feinsten inszeniert. Und nur in dem in dezentem Grau und dunklem Violett gehaltenen Ambiente des Edel-Restaurants gilt der Dress Code „formal“. Ansonsten versteht sich das Atlantis The Palm als Fünf-Sterne-Ferienhotel, wo nur abends „smart casual“ angesagt ist.

Gleichzeitig gibt es für die Fische keinen sichereren Ort als das Riesen-Aquarium, denn über ihr Wohlergehen wacht Meeresbiologe Adrian Tolliday aus London mit einem Team aus 165 Fischpflegern und drei auf Flossentiere spezialisierten Tierärzten: „Sollte Sushi-Meister Nobu hier mit Hackebeilchen und Seziermesser auftauchen und in die Becken langen wollen“, scherzt er, „werden wir das resolut zu verhindern wissen.“ Tollidays Schützlinge sind in 20 Aquarien zu Hause – allesamt garniert mit jenen künstlichen Ruinen, mit halb umgestürzten Säulen im vermeintlichen Thronsaal der Könige von Atlantis. Zwei steinerne Sessel stehen dort auf dem Meeresgrund, raketenartige Obelisken ragen Richtung Himmel. Verziert sind sie alle mit geheimnisvollen Hieroglyphen.

Die erfundene Legende, die eine amerikanische Agentur für das Hotel inszenierte, geht so – und wird wahrscheinlich von manchem Gast geglaubt: Bei den Bauarbeiten für die Palme sei man im Persischen Golf auf Ruinen einer vor Jahrtausenden untergegangenen Hochkultur auf dem Meeresgrund gestoßen und habe beschlossen, die Tempel und Artefakte derart zu konservieren, dass man um sie herum das Hotel errichtete.

Die Detailverliebtheit ging so weit, dass die erfundenen Hieroglyphen zu einer kompletten Schrift durchdekliniert und anschließend mit sämtlichen lebenden Sprachen und Schriften des Globus abgeglichen wurden, damit kein Fantasiewort einen Sinn oder gar ein Schimpfwort ergab.

Die Leute um Sol Kerzner sind sich des Erfolgs derweil so sicher, dass Alan Leibman, sein Statthalter vor Ort mit dem Titel „President and Managing Director“, schon eine Erweiterung angekündigt hat. Der Konzern wolle auf der noch unerschlossenen zweiten Hälfte des Grundstücks ein weiteres Themenhotel errichten, Arbeitstitel: „The Cove at Atlantis The Palm.“ Alles soll hier noch ein bisschen exklusiver werden. Geld dafür ist reichlich vorhanden, geplant sind Investitionen von über einer Milliarde Dollar. Davon entfallen ein paar Hunderttausend Dollar auf Taucherausrüstungen und zusätzliches Unterwasser-Reinigungsgerät. Es gibt Geld für neue Butler-Uniformen, für Betten und Whirlpools in der einen oder anderen zusätzlichen Unterwassersuite. Und natürlich auch für die Teelichter, die Pratham Kumar Bajracharya und seine Kollegen abendlich in Schälchen mit Lavasand am Beckenrand der Whirlpools aufreihen und entzünden.

Schön, dass der Butler Pratham auf Knopfdruck noch ein Gläschen Champagner und ein paar Erdbeeren auf dem Meeresgrund serviert. Und Teelichter auf dem Beckenrand des Whirlpools im angrenzenden Badezimmer drapiert, ebenfalls mit Panoramablick in die Unterwasserwelt. Der Mann aus Nepal hat beste Manieren und entschuldigt sich deshalb mehrfach, dass der Fernseher am Fußende des Bettes noch nicht montiert sei: „Sie verstehen, das Hotel ist brandneu.“ Der Einbau werde spätestens am nächsten Morgen nachgeholt. Der Fernseher wird aber nicht vermisst: Es gibt hier unten nichts Unwichtigeres.

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