Edeluhren Panerai: "Vor einem Jahr waren wir terrorisiert"

Panerai-Chef Angelo Bonati über die Luxuskrise, treue Uhrensammler und den italienischen Charakter seiner Marke.

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Angeol Bonati

Herr Bonati, Sie betonen immer den italienischen Charakter von Panerai. Aber Produktion und Entwicklung sind im schweizerischen Neuenburg angesiedelt.  Was außer Ihrer persönlichen Nationalität und der Verwaltung in Mailand ist an Panerai italienisch?

Eine ganze Menge. Unser Atelier in Neuenburg ist zwar für die technische Entwicklung und die Herstellung zuständig, aber die Grundideen unserer Uhren sowie die gesamte Markenphilosophie entwickeln wir in unserer Zentrale in Mailand. Dazu kommt noch die Geschichte unseres Hauses. Panerai war immer italienisch, wurde in Florenz gegründet, hat sich Uhr der italienischen Marine eine große  Vergangenheit und wird deshalb auch als italienische Marke wahrgenommen.

Warum lassen Sie nicht die Uhren in Italien fertigen – ähnlich wie die deutsche Marke Lange, die in Sachsen produziert?

Der gewaltige Unterschied ist, dass es im sächsischen Glashütte eine über hundertjährige Tradition in der Uhrmacherei gibt. Es wäre viel  schwieriger, gleichsam aus dem Nichts eine Produktion von Luxusuhren in Italien aufzubauen. Es fehlt an Zulieferern, an Fachkräften. Darüber hinaus hat Panerai schon immer mit Werken und Teilen aus der Schweiz gearbeitet. Unsere Kunden erwarten auch deshalb Schweizer Technik – und italienische Kreativität. Das ist nicht anders als bei unserer französischen Schwestermarke Cartier...

… die wie Lange und Panerai auch zum Genfer Luxuskonzern Richemont gehört…..

… und ihre Uhren in der Schweiz fertigen lässt, aber in Paris ansässig ist auch dort das Design und die Markenpolitik entwickelt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Uhren, die die Hälfte ihres Wertes schon nach dem Kauf beim Verlassen des Ladens verlieren, bleibt der Wert einer Panerai vergleichsweise stabil oder steigt sogar. Was machen Sie anders?

Das hat vor allem natürlich mit der Qualität und der Markenstärke zu tun. Aber es ist auch ein Ergebnis unserer Mengenpolitik. Wir haben unsere Produktion über die Jahre nur maßvoll gesteigert und bieten auch nicht Unmengen an Modelllinien an. Und das wird auch so bleiben. Wenn Sie  massenhaft Uhren auf den Markt drücken, dann geht das zu Lasten von Qualität und auf die Begehrlichkeit. In den wenigen Jahren nach dem Verkauf aus den Händen der Gründerfamilie an unsere Konzernmutter Richemont im Jahre 1997 ist es uns gelungen, eine bekannte Uhrenmarke zu schaffen, die bei Uhrenkäufern und Sammlern einen enormen Ruf hat.

Die Marke war zuvor nicht sehr bekannt.

Es gab ein Produkt, aber eigentlich keine Marke. Panerai baute damals fast ausschließlich Marineuhren. Als wir die Marke kauften, war sie uhrmacherisch nur mäßig interessant. Das Uhrwerk war ein Massenprodukt, nur mäßig überarbeitet. Trotzdem hatte Panerai bei Sammlern den Ruf des Besonderen. Schon wegen der Rarität: Von der berühmten Marineuhr Luminor wurden zwischen 1938 und 1993 nur rund 350 Exemplare ausgeliefert. Aber als ich hier anfing, haben mich Freunde schon gehänselt wegen der ungewöhnlichen Größe und Form der Uhren. ‚Willst Du Wecker am Handgelenk verkaufen’, haben die mich gefragt. Die größte gängige Armbanduhr damals maß im Durchmesser 38 Millimeter. Unsere Modelle waren 44 Millimeter groß. Später sind uns, was den Trend zu großen Uhren betraf, fast alle bekannten Marken gefolgt.

Wie war das Krisenjahr 2009 für Panerai?

Ich sage immer: Die Sturmschäden kann man erst abschätzen, wenn die Sonne wieder scheint. Und die Schäden sind weniger schlimm als ursprünglich angenommen. Vor einem Jahr waren wir alle terrorisiert. Aber wir hatten tatsächlich ein gutes Resultat – was nicht bedeutet, dass es keinen Umsatzrückgang gab.

Wie stark war der Rückgang?

Sie wissen, wir sind Teil der börsennotierten Luxusgruppe Richemont, und dürfen daher keine Umsatz- oder Gewinnzahlen bekannt geben. So viel kann ich sagen: Japan und die USA haben am meisten gelitten. Vor allem das Geschäft in den Vereinigten Staaten hat nachgegeben. Von Japan waren wir schon zuvor - wie andere Uhrenhersteller – schon seit vier Jahren einiges gewohnt.

Und wo läuft es gut?

Im restlichen Asien. In China zum Beispiel haben wir selbst im Krisenjahr 2009 sehr gute Ergebnisse erzielt. Da gab es nur einen kurzzeitigen Rückgang auf dem Höhepunkt der Krise, der dann in den Monaten danach wieder herausgeholt wurde.

Und in Europa?

Da war es deutlich besser als in Japan oder in den USA. Hier gab nur einen leichten Rückgang.

Was erwarten Sie vom laufenden Jahr?

Das Geschäft dürfte für uns wieder wachsen.

Ist die Krise vorbei?

Für die Gesamtbranche nicht. Es könnten noch Risiken entdeckt werden. Und wir haben noch nicht alle Krisenfolgen ausgestanden. Und selbst, wenn es ausgestanden ist: Das Wachstum wird langsamer sein.

Wie hat der deutsche Markt sich  geschlagen?

Mittelmäßig, aber nicht schlecht. Der deutsche Markt ist insgesamt ruhiger als andere Märkte, reagiert weniger stark auf Neuentwicklungen. Die Deutschen warten ab. Es ist weniger Enthusiasmus da. Insgesamt kann man allerdings sagen, dass der dieser - in absoluten Zahlen -  wichtige Markt im Luxus noch nicht das Gewicht Deutschlands innerhalb der Weltökonomie widerspiegelt.

Welche Rolle spielt das Internet als Verkaufskanal für Sie?

Keine. Wir planen vorerst auch nicht, diesen Kanal zu entwickeln. Wir haben weder die Mitarbeiter noch die Gebäude und Maschinen, um die mögliche zusätzliche Nachfrage aus dem Internet zu befriedigen. Und wir wollen auch nicht sprunghaft wachsen. Das könnte auf Qualität und Marke gehen. Wir ziehen es vor exklusiv und rar zu bleiben und Umsatz und Gewinn in kleinen Schritten aber langfristig stabil zu steigern. Diese vorsichtige Strategie hat uns vor Entlassungen während der Krise bewahrt. Im Gegenteil: Wir haben sogar Leute eingestellt.

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