Amprion-Chef Brick „Gewinner-Verlierer-Diskussion bringt uns nicht weiter“

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„Mehrkosten sind nur temporäre Effekte“

Die Netzentgelte von Amprion sind verglichen mit denen anderen Anbietern sehr gering. Das dürfte zwar Ihre Kunden erfreuen, aber die Kunden in anderen Bundesländern müssen deshalb wesentlich mehr für ihren Strom zahlen. Wäre es nicht fair, die Netzentgelte bundesweit zu vereinheitlichen?
Aus unserer Sicht ist die bundesweite Vereinheitlichung der Netzentgelte der falsche Weg. Es gibt gute Gründe, die zu der unterschiedlichen Höhe der Netzentgelte in Deutschland geführt haben. Ein Grund ist das Investitionsverhalten der einzelnen Netzbetreiber. Wir bei Amprion haben seit 2009 konsequent in den Ausbau unseres Netzes an Land investiert – bis 2014 allein 1,9 Milliarden Euro. Diesen Ausbau haben unsere Kunden – und darunter sind viele Industriekunden – bereits bezahlt und profitieren nun von vergleichsweise niedrigen Netzentgelten. So hatte Amprion beispielsweise im Jahr 2015 nur Redispatch-Kosten von rund 1,5 Millionen Euro.

So weit sind andere Länder mit der Energiewende
Windrad Quelle: dpa
Eiffelturm in Paris Quelle: dpa
Brüssel Quelle: dpa
Bern Quelle: REUTERS
Prager Burg Quelle: dpa
Bratislava Quelle: dpa
Istanbul Quelle: Fotolia

Aber ist es denn fair, dass ein Mittelständler in Bayern fast doppelt so viel Netzentgelt bezahlt wie sein Konkurrent in NRW?
Zuerst einmal wäre es gut, wenn man den betroffenen Unternehmen und Verbrauchern überhaupt erklären würde, dass es sich nur um temporäre Effekte handelt. Das hat zwei Gründe: Zum einen sinken mit jeder ausgebauten Leitung die Kosten für die Netzeingriffe, also die sogenannten Redispatch-Kosten. In den kommenden Jahren werden einige wichtige Netz-Projekte abgeschlossen sein – das wird sich bemerkbar machen.

Zum anderen hat der starke aktuelle Anstieg in bestimmten Regelzonen auch mit einer gesetzlichen Änderung zu tun. Die Zeiträume, in denen die Netzbetreiber ihre Kosten erstattet erhalten, wurden nämlich verkürzt. Während einer Übergangsphase von zwei Jahren kommt es regional zu einer besonderen Belastung, die sich dann aber wieder normalisiert. Im Gegensatz dazu ist die pauschale Vereinheitlichung dauerhaft.

Aber der Ausbau der Netze wird Jahre dauern. Ist es fair, dass etwa die Ost-Länder bis dahin doppelt so hohe Netzentgelte zahlen wie in NRW?
Mit der Vereinheitlichung der Netzentgelte würden wir nur Flickwerk betrieben und die Chance verspielen, das Netzentgeltsystem grundsätzlich zu reformieren. Das ist nämlich dringend nötig – nicht nur mit Blick auf solche Anachronismen wie vermiedene Netzentgelte für Erneuerbare-Energien-Anlagen. Die gehören abgeschafft – allein das wird die Netzentgelte im Norden und Osten Deutschlands massiv entlasten.

Wir werben daher dafür, die Systematik an die Entwicklung der Energiewende anzupassen und transparenter, flexibler und damit effizienter zu machen. Davon würde der Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt profitieren. Mir ist klar, dass dies der schwierigere Weg ist. Die aktuelle Gewinner-und-Verlierer-Diskussion bringt uns jedenfalls nicht weiter.

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