Die Lage beim angeschlagenen Solar-Gemischtwarenladen Q-Cells hat sich nochmals dramatisch zugespitzt. Der Hersteller von Zellen, Modulen, Systemen und ganzen Solarkraftwerken verfügt per Ende 2011 nach Bilanzvorschriften des Handelsgesetzbuches über kein Eigenkapital mehr, operative Gewinne seien frühestens 2014 zu erwarten.Und zu allem Überfluss muss Vorstandschef Nedim Cen in den kommenden fünf Wochen die Zeichner einer 200 Millionen Euro schweren Wandelanleihe davon überzeugen, auf die bis Ende Februar fällige Rückzahlung der Forderungen noch Jahre zu warten. Gelingt das nicht, scheint die Insolvenz unausweichlich.
Zeit für neue Berater
Es wird Zeit, den Horrormeldungen aus den Reihen der Solarindustrie einfach auch mal etwas Positives abzugewinnen: Solon ist pleite, Solar Millennium ist pleite, Q-Cells steht nur noch ein paar Millimeter davor. Fehlen also noch die ebenfalls taumelnden Phoenix Solar und Conergy - und dann ist erst mal das Gröbste überstanden. Dann kehrt wieder Ruhe ein. Zeit zum Durchatmen, Zeit für Bestandsaufnahmen. Zeit für neue Strategien und vor allem neue Berater.
Denn mit Ruhm haben sich die bisherigen Berater, Sanierer und Rumstrukturierer nicht bekleckert. Allen voran die internationale Managementberatung Alvarez & Marsal (A&M). Das US-Unternehmen hat und hatte maßgeblich bei Solon und Q-Cells die Finger im Spiel. Mitte vergangenen Jahres hatte Solon A&M mit einem Sanierungsplan beauftragt, um eine Pleite abzuwenden.
Prompt wurde gute Laune verbreitet: „Gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Alvarez & Marsal erarbeitet das Solarunternehmen Solon ein Restrukturierungskonzept, das das Unternehmen wieder in die schwarzen Zahlen zurückbringen soll“, hieß es noch im August. Denkste.
Üppige Gehälter
Anfang Oktober schickten die Berliner etwa 100 Mitarbeiter in Kurzarbeit und beriefen Walter Bickel zum Chief Restructuring Officer (CRO) in den Vorstand. Der Geschäftsführer von Alvarez & Marsal Deutschland war zuvor in beratender Funktion für das Photovoltaik-Unternehmen tätig. Zwei Monate später ging in Berlin das Licht endgültig aus.
Und auch bei Q-Cells konnten sich die A&M-Leute so richtig austoben, kassierten üppige Gehälter und hinterließen ein Unternehmen, das nun ebenfalls unmittelbar vor der Pleite steht. Eine halbe Million Euro pro Monat ließ sich das Solarunternehmen Q-Cells die Dienste des Restrukturierungsberaters im Jahr 2010 kosten. Im Jahr zuvor waren es insgesamt 2,4 Millionen Euro. Im Gegenzug hatte Alvarez & Marsal quasi die gesamte Geschäftsführung übernommen.
Wenn Sanierer irren
Nedim Cen rückte sofort nach Beginn des Beratungsauftrages in das Finanzressort. Im März 2010 löste er auch den zuletzt glücklosen Anton Milner als Vorstandschef von Q-Cells ab. Q-Cells hatte schon 2009 einen Milliarden-Verlust hinnehmen müssen. 2010 wollte Q-Cells bereits wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt sein.
„A & M zehrt von dem Erfolg bei der Sanierung von Kuka. Tatsächlich war Kuka aber immer ein gesundes Unternehmen“, sagt einer, der sich in der Branche bestens auskennt. „Das Ergebnis der Sanierung bei Q-Cells und bei Solon ist hingegen katastrophal. Dies liegt auch an manchen falschen Entscheidungen der Sanierer.“