Herr Schlesiger, mit Ihren Stromspeichern setzen Sie ganz auf E-Mobilität und versprechen Ihren Kunden, dass sie ihr Auto in ganz Europa mit selbst produziertem Strom tanken können. Warum kommt der Umstieg auf E-Autos nur so schleppend voran?
Norbert Schlesiger: Tatsächlich entwickelt sich der Markt für E-Autos in den vergangenen Jahren sehr zögerlich und auch die Programme der Bundesregierung bewirkten fast gar nichts. Aber jetzt ändert sich die Situation gerade dramatisch. Durch den Diesel-Skandal entsteht ein akuter Handlungsdruck. Die Diesel-Kunden bekommen nämlich gerade ein echtes Problem mit ihren Fahrzeugen und sie müssen zusehen, wie ihre Autos massiv an Wert verlieren. Und genau dieser Ärger der Kunden ist ein wichtiger Treiber für den Markt.
Elektroautos im Kostenvergleich
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
BMW i3 | Strom | 36.150 Euro | 598 Euro | 47,8 Cent |
Mini Cooper S | Super Plus | 26.600 Euro | 542 Euro | 43,4 Cent |
Mini Cooper SD | Diesel | 28.300 Euro | 519 Euro | 41,5 Cent |
Quelle: ADAC
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Citroën C-Zero | Strom | 19.800 Euro | 433 Euro | 34,6 Cent |
Citroën C1 Vti 68 | Super | 13.900 Euro | 388 Euro | 31,0 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Ford Focus Electric | Strom | 34.900 Euro | 665 Euro | 53,2 Cent |
Ford Focus 1.5 EcoBoost | Super | 25.500 Euro | 618 Euro | 49,4 Cent |
Ford Focus 2.0 TDCi | Diesel | 28.100 Euro | 623 Euro | 49,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Hyundai IONIQ Elektro | Strom | 33.300 Euro | 587 Euro | 47,0 Cent |
Hyundai i30 1.6 GDI | Super | 22.630 Euro | 562 Euro | 45,0 Cent |
Hyundai i30 1.6 CRDi blue | Diesel | 24.030 Euro | 548 Euro | 43,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Kia Soul EV | Strom | 28.890 Euro | 526 Euro | 42,1 Cent |
Kia Soul 1.6 GDI | Super | 19.990 Euro | 529 Euro | 42,3 Cent |
Kia Soul 1.6 CRDi | Diesel | 23.490 Euro | 539 Euro | 43,1 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Mercedes-Benz B250e | Strom | 39.151 Euro | 713 Euro | 57,0 Cent |
Mercedes-Benz B220 4Matic | Super | 34.076 Euro | 773 Euro | 61,8 Cent |
Mercedes-Benz B220d | Diesel | 36.521 Euro | 728 Euro | 58,2 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Nissan Leaf | Strom | 34.385 Euro | 632 Euro | 50,6 Cent |
Nissan Pulsar 1.2 DIG-T | Super | 22.290 Euro | 574 Euro | 45,9 Cent |
Nissan Pulsar 1.5 dCi | Diesel | 22.690 Euro | 535 Euro | 42,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Renault Zoë | Strom | 34.700 Euro | 580 Euro | 46,4 Cent |
Renault Clio TCe 90 | Super | 16.790 Euro | 433 Euro | 34,6 Cent |
Renault Clio dCi 90 | Diesel | 20.290 Euro | 454 Euro | 36,3 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Tesla Model S 60 | Strom | 71.020 Euro | 1206 Euro | 96,5 Cent |
Mercedes-Benz CLS 400 | Super | 63.427 Euro | 1198 Euro | 95,8 Cent |
Mercedes-Benz CLS 350d | Diesel | 62.178 Euro | 1156 Euro | 92,5 Cent |
Hinweis: Da Tesla selbst keine Autos mit Diesel- oder Benzinmotor verkauft, hat der ADAC zum Vergleich den Mercedes-Benz CLS herangezogen.
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
VW e-up! | Strom | 26.900 Euro | 472 Euro | 37,8 Cent |
VW up! 1.0 | Super | 14.255 Euro | 375 Euro | 30,0 Cent |
Wie meinen Sie das?
Wir sahen das schon bei unserem ursprünglichen Geschäftsbereich, dem Geschäft mit Photovoltaik-Anlagen und Stromspeichern. Der Strommarkt war in Deutschland ja lange weitgehend monopolistisch geregelt. Der Kunde war den Konzernen immer ausgeliefert. Doch wer ein Dach für eine Photovoltaik-Anlage zur Verfügung hat, kann sich aus dieser Struktur lösen. Diese Motivation unserer Kunden beobachten wir seit Jahren: Viele Menschen wollen eben unabhängig sein und dem Ärger über Rechnungen von ihren Stromversorgern entkommen. Und ähnlich verhält es sich mit den Autokunden: Die ärgern sich, dass sie beim Diesel-Kauf betrogen wurden. Und die ärgern sich, wenn sie an die Tankstelle fahren und der Benzin-Preis schon wieder gestiegen ist. Der Kunde will eben nicht immer vom Willen großer Konzerne abhängig sein.
Was können Sie den verärgerten Autofahrern denn konkret anbieten?
Wie gesagt realisieren wir eigentlich Photovoltaik-Anlagen und Stromspeicher. Aber wir haben erkannt, dass es dem Kunden nicht nur um Strom und Wärme, sondern auch um Mobilität geht. So können unsere Kunden den Strom, den sie auf ihren Hausdächern produzieren, in die Cloud einspeichern und auch vertanken. Wir haben europaweit 45.000 Ladesäulen, an denen unsere Kunden den Strom für ihr E-Auto tanken können. Wir nennen dieses Konzept Cloud to Go.
Welche Schadstoffe im Abgas stecken
Stickoxide (allgemein NOx) gelangen aus Verbrennungsprozessen zunächst meist in Form von Stickstoffmonoxid (NO) in die Atmosphäre. Dort reagieren sie mit dem Luftsauerstoff auch zum giftigeren Stickstoffdioxid (NO2). Die Verbindungen kommen in der Natur selbst nur in Kleinstmengen vor, sie stammen vor allem aus Autos und Kraftwerken. Die Stoffe können Schleimhäute angreifen, zu Atemproblemen oder Augenreizungen führen sowie Herz und Kreislauf beeinträchtigen. Pflanzen werden dreifach geschädigt: NOx sind giftig für Blätter und sie überdüngen und versauern die Böden. Außerdem tragen Stickoxide zur Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon bei.
Kohlendioxid (CO2) ist in nicht zu großen Mengen unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Klimagas und zu 76 Prozent für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Der Straßenverkehr verursacht laut Umweltbundesamt rund 17 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen in Deutschland – hier spielt CO2 die größte Rolle. Es gibt immer sparsamere Motoren, zugleich aber immer größere Autos und mehr Lkw-Transporte. Außerdem mehren sich Hinweise darauf, dass Autobauer nicht nur bei NOx-, sondern auch bei CO2-Angaben jahrelang getrickst haben könnten.
Bei der Treibstoff-Verbrennung in vielen Schiffsmotoren fällt auch giftiges Schwefeldioxid (SO2) an. In Autos und Lkws entsteht dieser Schadstoff aber nicht, was am Kraftstoff selbst liegt: Schiffsdiesel ist deutlich weniger raffiniert als etwa Pkw-Diesel oder Heizöl und enthält somit noch chemische Verbindungen, die bei der Verbrennung in Schadstoffe umgewandelt werden.
Winzige Feinstaub-Partikel entstehen entweder direkt in Automotoren, Kraftwerken und Industrieanlagen oder indirekt durch Stickoxide und andere Gase. Die Teilchen gelangen in die Lunge und dringen in den Blutkreislauf ein. Sie können Entzündungen der Atemwege hervorrufen, außerdem Thrombosen und Herzstörungen. Der Feinstaub-Ausstoß ist in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre deutlich gesunken. Städte haben Umweltzonen eingerichtet, um ihre Feinstaubwerte zu senken.
Feinstaub entsteht aber nicht nur in den Motoren. Auch der Abrieb von Reifen und Bremsen löst sich in feinsten Partikeln. Genauso entstehen im Schienenverkehr bei jedem Anfahren und Bremsen feiner Metallabrieb an den Schienen. All das landet ebenfalls als Feinstaub in der Luft.
Katalysatoren haben die Aufgabe, gefährliche Gase zu anderen Stoffen abzubauen. In Autos wandelt der Drei-Wege-Kat giftiges Kohlenmonoxid (CO) mit Hilfe von Sauerstoff zu CO2, längere Kohlenwasserstoffe zu CO2 und Wasser sowie NO und CO zu Stickstoff und CO2 um. Der sogenannte Oxidations-Kat bei Dieselwagen ermöglicht jedoch nur die ersten beiden Reaktionen, so dass Dieselabgase noch mehr Stickoxide enthalten als Benzinerabgase. Eingespritzter Harnstoff („AdBlue“) kann das Problem entschärfen: Im Abgasstrom bildet sich so zunächst Ammoniak, der anschließend in Stickstoff und Wasser überführt wird.
Und was ist, wenn ich mit meinem E-Auto nach Italien fahren möchte, mein selbst produzierter Strom aber nur bis nach Bayern reicht?
Man kann sich das vorstellen wie bei einem Bankkonto. Wenn Sie bei einem Bankkonto ins Minus geraten, zahlen Sie Zinsen. Bei uns können Sie auch weiter Strom beziehen, wenn Ihr Guthaben aufgebraucht ist, und zahlen dann eben einen gewissen Aufschlag für den Strom. Der Aufschlag ist aber marginal. Zudem beobachten wir einen interessanten Effekt: Die meisten Kunden sind bemüht, mit genau dem von ihnen erzeugten Strom zu haushalten. Man kann beobachten, wie sehr sich die Sichtweise der Kunden auf ihr Auto verändert und wie Kunden ihr Fahrverhalten auf einmal ändern.
"Im Bereich der Mobilität wird sich dieser Trend fortsetzen"
Möglich wird der Traum vom eigenen Strom aber erst, wenn man ein eigenes Hausdach für die Photovoltaik-Anlage hat. Haben Sie auch Lösungen für den urbanen Bereich?
Natürlich braucht man für unsere Produkte ein Dach, das man nutzen kann. Wir haben in Deutschland 15,4 Millionen Einfamilienhäuser. Das sind unsere potentiellen Kunden für eine Photovoltaik-Anlage und für einen Speicher. Derzeit sind im Ein- und Zweifamilienhaussegment rund 600.000 PV-Anlagen und rund 60.000 Stromspeicher verbaut. Und mit dem jüngst verabschiedeten Mieterstrom-Gesetz kommen auch Vermieter und Mieter in den Genuss, Solarstrom vom Dach des Miethauses in Kombination mit unserem Stromspeicher selbst zu nutzen. Das gibt Mietern juristische Sicherheit, wie sie Photovoltaik-Strom vom Dach eines Miethauses nutzen können. Und dafür gibt es auch Förderungen nach dem Erneuerbaren Energie Gesetz.
Ein großes Problem der E-Mobilität bleibt der Energiemix im deutschen Netz. Immerhin weist der deutsche Strom einen Kohleanteil von mehr als 40 Prozent auf. Wie grün tanken Ihre Kunden?
Wir müssen zwei Ströme unterscheiden: Einmal ist da der überschüssige Strom, den unsere Kunden ins Netz einspeisen. Dieser Strom stammt aus Photovoltaik-Anlagen und ist ohne jeden Zweifel grün. Dann ist da natürlich noch die Frage nach dem Strom, den wir einkaufen, um ihn dem Kunden als zusätzlichen Strom zur Verfügung zu stellen. Wir kaufen prinzipiell grünen Strom und da der Strom kennzeichnungspflichtig ist, können sich unsere Kunden darauf auch verlassen. Wenn Sie aber physikalisch gesehen an irgendeiner Tankstelle Strom zapfen, dann ist der sicherlich nicht ausschließlich grün, sondern das ist dann eben der klassische Mix, den Sie im Netz finden. Aber unser Kunde, der selbst Grünstrom erzeugt und zusätzlichen grünen Strom von uns kauft, kann sich mit gutem Gewissen ins Auto setzen.
Ist es für ein relativ kleines Unternehmen wie Senec einfacher, neue Trends wie E-Mobilität umzusetzen als für große Versorger?
Die großen Versorger haben einen Vorteil, der aber zugleich ein Nachteil ist: Sie haben den Endkunden relativ sicher an Bord. Denn die Wechselquoten bei den großen Stromversorgern sind relativ gering. Insofern haben die Großen keinen echten Handlungsdruck. Der Druck entsteht erst, wenn substantielle Verschiebungen stattfinden. Unser Ziel ist aber auch ein anderes als das der großen Versorger. Die Versorger wollen dem Kunden ihren Strom verkaufen. Wir wollen den Kunden unabhängig machen.
Noch steckt in E-Mobilitäts-Konzepten viel Zukunftsmusik. Wann werden Stromspeicher und E-Autos echte Alternative zu Verbrennungsmotoren sein?
Das liegt vor allem am Preis der Speichertechnologie. Im Bereich Strom- und Wärme haben wir bereits jetzt eine Situation, in der unsere Kunden ihren Strom für circa 14 Euro-Cent selbst produzieren. Dies ist auch der Grund für das starke Wachstum. Im Bereich der Mobilität wird sich dieser Trend fortsetzen. Ich rechne damit, dass die Preise für Photovoltaikanlagen und Lithium-Speicher weiter sinken werden. Und dann wird die Nachfrage natürlich noch weiter steigen.