Stromspeicherhersteller Senec "Unser Kunde kann sich mit ruhigem Gewissen ins Auto setzen"

Der Dieselskandal zwingt die deutsche Autoindustrie in die Knie. Doch andere Industrien freuen sich über den Niedergang des Verbrennungsmotors. Norbert Schlesiger, Geschäftsführer des Stromspeicherherstellers Senec, sieht nun den Durchbruch der E-Autos und seiner Stromspeicher gekommen. 

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Senec-Geschäftsführer Norbert Schlesiger Quelle: Presse

Herr Schlesiger, mit Ihren Stromspeichern setzen Sie ganz auf E-Mobilität und versprechen Ihren Kunden, dass sie ihr Auto in ganz Europa mit selbst produziertem Strom tanken können. Warum kommt der Umstieg auf E-Autos nur so schleppend voran?
Norbert Schlesiger: Tatsächlich entwickelt sich der Markt für E-Autos in den vergangenen Jahren sehr zögerlich und auch die Programme der Bundesregierung bewirkten fast gar nichts. Aber jetzt ändert sich die Situation gerade dramatisch. Durch den Diesel-Skandal entsteht ein akuter Handlungsdruck. Die Diesel-Kunden bekommen nämlich gerade ein echtes Problem mit ihren Fahrzeugen und sie müssen zusehen, wie ihre Autos massiv an Wert verlieren. Und genau dieser Ärger der Kunden ist ein wichtiger Treiber für den Markt. 

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Wie meinen Sie das?
Wir sahen das schon bei unserem ursprünglichen Geschäftsbereich, dem Geschäft mit Photovoltaik-Anlagen und Stromspeichern. Der Strommarkt war in Deutschland ja lange weitgehend monopolistisch geregelt. Der Kunde war den Konzernen immer ausgeliefert. Doch wer ein Dach für eine Photovoltaik-Anlage zur Verfügung hat, kann sich aus dieser Struktur lösen. Diese Motivation unserer Kunden beobachten wir seit Jahren: Viele Menschen wollen eben unabhängig sein und dem Ärger über Rechnungen von ihren Stromversorgern entkommen. Und ähnlich verhält es sich mit den Autokunden: Die ärgern sich, dass sie beim Diesel-Kauf betrogen wurden. Und die ärgern sich, wenn sie an die Tankstelle fahren und der Benzin-Preis schon wieder gestiegen ist. Der Kunde will eben nicht immer vom Willen großer Konzerne abhängig sein.

Was können Sie den verärgerten Autofahrern denn konkret anbieten?
Wie gesagt realisieren wir eigentlich Photovoltaik-Anlagen und Stromspeicher. Aber wir haben erkannt, dass es dem Kunden nicht nur um Strom und Wärme, sondern auch um Mobilität geht. So können unsere Kunden den Strom, den sie auf ihren Hausdächern produzieren, in die Cloud einspeichern und auch vertanken. Wir haben europaweit 45.000 Ladesäulen, an denen unsere Kunden den Strom für ihr E-Auto tanken können. Wir nennen dieses Konzept Cloud to Go. 

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Und was ist, wenn ich mit meinem E-Auto nach Italien fahren möchte, mein selbst produzierter Strom aber nur bis nach Bayern reicht?
Man kann sich das vorstellen wie bei einem Bankkonto. Wenn Sie bei einem Bankkonto ins Minus geraten, zahlen Sie Zinsen. Bei uns können Sie auch weiter Strom beziehen, wenn Ihr Guthaben aufgebraucht ist, und zahlen dann eben einen gewissen Aufschlag für den Strom. Der Aufschlag ist aber marginal. Zudem beobachten wir einen interessanten Effekt: Die meisten Kunden sind bemüht, mit genau dem von ihnen erzeugten Strom zu haushalten. Man kann beobachten, wie sehr sich die Sichtweise der Kunden auf ihr Auto verändert und wie Kunden ihr Fahrverhalten auf einmal ändern.

"Im Bereich der Mobilität wird sich dieser Trend fortsetzen"

Möglich wird der Traum vom eigenen Strom aber erst, wenn man ein eigenes Hausdach für die Photovoltaik-Anlage hat. Haben Sie auch Lösungen für den urbanen Bereich?
Natürlich braucht man für unsere Produkte ein Dach, das man nutzen kann. Wir haben in Deutschland 15,4 Millionen Einfamilienhäuser. Das sind unsere potentiellen Kunden für eine Photovoltaik-Anlage und für einen Speicher. Derzeit sind im Ein- und Zweifamilienhaussegment rund 600.000 PV-Anlagen und rund 60.000 Stromspeicher verbaut. Und mit dem jüngst verabschiedeten Mieterstrom-Gesetz kommen auch Vermieter und Mieter in den Genuss, Solarstrom vom Dach des Miethauses in Kombination mit unserem Stromspeicher selbst zu nutzen. Das gibt Mietern juristische Sicherheit, wie sie Photovoltaik-Strom vom Dach eines Miethauses nutzen können. Und dafür gibt es auch Förderungen nach dem Erneuerbaren Energie Gesetz.   

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Tesla-CEO Elon Musk stellt das Model 3 vor Quelle: AP
Das Model 3 feierte seine Premiere im Tesla Motors Design Studio im kalifornischen Hawthorne. Quelle: AP
Tesla Model 3 Quelle: PR
Tesla Model 3 Quelle: PR
Einige Kunden warteten schon einen Tag vor der Präsentation vor den firmeneigenen Shops: Quelle: dpa
Tesla Model 3 Quelle: PR
Elon Musk im Jahr 2010 anlässlich des Tesla-Börsengangs an die Nasdaq Quelle: AP

Ein großes Problem der E-Mobilität bleibt der Energiemix im deutschen Netz. Immerhin weist der deutsche Strom einen Kohleanteil von mehr als 40 Prozent auf. Wie grün tanken Ihre Kunden?
Wir müssen zwei Ströme unterscheiden: Einmal ist da der überschüssige Strom, den unsere Kunden ins Netz einspeisen. Dieser Strom stammt aus Photovoltaik-Anlagen und ist ohne jeden Zweifel grün. Dann ist da natürlich noch die Frage nach dem Strom, den wir einkaufen, um ihn dem Kunden als zusätzlichen Strom zur Verfügung zu stellen. Wir kaufen prinzipiell grünen Strom und da der Strom kennzeichnungspflichtig ist, können sich unsere Kunden darauf auch verlassen. Wenn Sie aber physikalisch gesehen an irgendeiner Tankstelle Strom zapfen, dann ist der sicherlich nicht ausschließlich grün, sondern das ist dann eben der klassische Mix, den Sie im Netz finden. Aber unser Kunde, der selbst Grünstrom erzeugt und zusätzlichen grünen Strom von uns kauft, kann sich mit gutem Gewissen ins Auto setzen.  

Ist es für ein relativ kleines Unternehmen wie Senec einfacher, neue Trends wie E-Mobilität umzusetzen als für große Versorger?
Die großen Versorger haben einen Vorteil, der aber zugleich ein Nachteil ist: Sie haben den Endkunden relativ sicher an Bord. Denn die Wechselquoten bei den großen Stromversorgern sind relativ gering. Insofern haben die Großen keinen echten Handlungsdruck. Der Druck entsteht erst, wenn substantielle Verschiebungen stattfinden. Unser Ziel ist aber auch ein anderes als das der großen Versorger. Die Versorger wollen dem Kunden ihren Strom verkaufen. Wir wollen den Kunden unabhängig machen.

Noch steckt in E-Mobilitäts-Konzepten viel Zukunftsmusik. Wann werden Stromspeicher und E-Autos echte Alternative zu Verbrennungsmotoren sein? 
Das liegt vor allem am Preis der Speichertechnologie. Im Bereich Strom- und Wärme haben wir bereits jetzt eine Situation, in der unsere Kunden ihren Strom für circa 14 Euro-Cent selbst produzieren. Dies ist auch der Grund für das starke Wachstum. Im Bereich der Mobilität wird sich dieser Trend fortsetzen. Ich rechne damit, dass die Preise für Photovoltaikanlagen und Lithium-Speicher weiter sinken werden. Und dann wird die Nachfrage natürlich noch weiter steigen.

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