Wenn die Heizung langsam den Geist aufgibt oder einfach zu hohe Energiekosten verursacht, wird es Zeit für eine neue Anlage. Das ist der Moment, in dem sich Installateure und Heizungstechniker die Hände reiben und Hauseigentümer entnervt dem hohen Preis für die Investition entgegen blicken.
Mehrere tausend Euro für eine neue Heizungsanlage sind normal. Wer auf eine besonders energiesparende Variante oder sogar erneuerbare Energien setzen möchte, muss noch einmal deutlich tiefer in die Tasche greifen. Und nicht jeder hat das Geld „mal eben so“ auf dem Sparkonto – oder möchte es eigentlich lieber für andere Dinge ausgeben.
Auf der Suche nach Alternativen zur teuren Anschaffung landet mancher Verbraucher beim Heizungs- oder Wärmecontracting. Stichwort: Heizung mieten statt kaufen. „Sorgenfrei heizen“ sozusagen. Denn das Wärmecontracting ist eine Art Leasingvertrag. Der Hauseigentümer mietet sich eine Heizung und zahlt dafür monatlich eine zuvor vereinbarte Rate. Im Gegenzug dafür sorgt der Dienstleister für den Einbau der neuen Heizung, die Wartung und trägt in der Regel das Risiko, sollten Reparaturen notwendig sein. „Die Verantwortung für die Heizung liegt also nicht mehr beim Eigentümer“, beschreibt Carla Groß, Energie-Referentin bei der Verbraucherzentrale Sachsen. „Er delegiert eine Dienstleistung an den Contractor und der kümmert sich um Investition, Betrieb und Wärmelieferung, wofür der Eigentümer dann eine monatliche Rate zahlen muss.“.“
Win-Win-Vorstellung beim Contracting
Theoretisch können so beide Seiten von dem Heizungsleasing profitieren. „Contracting rechnet sich vor allem für die Personen, die ungerne ihre liquiden Mittel für ihre Heizungsanlage binden wollen oder nicht über genügend liquide Mittel verfügen, ähnlich wie bei einer Kreditaufnahme“, sagt Martin Teichmann, Geschäftsführer des Düsseldorfer Start-ups Kesselheld, das sich auf den Heizungsbau spezialisiert hat. „Zudem schätzen Kunden am Contracting die Bequemlichkeit und Sicherheit. Zum Beispiel hatten wir einen Contracting-Kunden, der als Berufssoldat viel unterwegs war. Seine Frau und die beiden Kinder sollte es stets angenehm warm haben und im Falle eines plötzlichen Heizungsausfalls nicht im Kalten sitzen müssen. Um dies zu verhindern, bietet das Contracting mit der Vollversicherung eine perfekte Möglichkeit.“
Im Gegenzug profitiert das Contractingunternehmen von regelmäßigen Einnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg – das bringt Planungssicherheit. Zudem gibt es Zuschüsse des Staats. So kann derjenige, der die Heizung installiert, KfW-Zuschüsse für eine energetische Sanierung (der Heizung) in Bestandsgebäuden einstreichen – in diesem Fall das Contracting-Unternehmen.
Entsprechende Contracting-Programme gibt es unter anderem von Installateuren, Händlern und Produzenten von Heizmaterial sowie Anlagen- und Komponentenherstellern. Etwa die Hälfte der Anbieter sind aber laut einer Energiedienstleister-Studie des Wirtschaftsforschungszentrums Prognos Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerke.
Bei den Angeboten von Stadtwerken und Energieversorgern können sich Verbraucher in der Regel ein Angebot bei einem Heizungsfachbetrieb in der Nähe erstellen lassen. Dieses wird dann an den Contracting-Anbieter weitergeleitet und geprüft. Dieser erstellt daraufhin ein entsprechendes Heizungscontracting-Angebot.
Contractingverträge haben Laufzeiten von fünf bis 20 Jahren. Unternehmen und Handwerker bieten in der Regel Heizungscontracting mit zehn Jahren Laufzeit an. Stadtwerke setzen eher auf längere Vertragsbindung von 15 oder sogar 20 Jahren.
So kalkulieren Wärmecontracting-Geber
Um den Kalkulationen der Contracting-Verträge auf den Grund zu gehen, werfen wir einen Blick auf zwei Kostenbeispiele von größeren Contracting-Anbietern: Zum einen der Berliner Heizungsbauer Thermondo, der deutschlandweit durch Kooperationen seine Dienste anbietet und der sowohl Öl- und Gasheizungen als auch Solarthermie im Contracting-Portfolio hat. Zum anderen die RWE-Tochter Innogy, die als Energieunternehmen Wärmecontracting für Erdgas-Brennwertheizungen anbietet.
Bei Thermondo gibt es eine Beispielrechnung für eine zehnjährige Vertragslaufzeit einer Gasheizung: 4300 Euro für die neue Heizung und ihre Montage bei 120 Monaten Laufzeit macht eine monatliche Rate von 36 Euro. Hinzu kommt die Vollkasko-Rate von 33 Euro pro Monat, die neben Wartung, Schornsteinfegerkosten und Reparaturen einen Ersatz der Anlage einschließt. Letzterer dürfte aber wohlgemerkt in den ersten zehn Jahren einer neuen Heizung wohl mehr als selten sein. Das macht eine monatliche Gesamtrate von 63 Euro – zuzüglich Gaskosten.
Die Kosten für Wartung und Schornsteinfeger lassen sich allgemeingültig grob kalkulieren: Der Schornsteinfeger muss bei modernen Brennwert-Heizungen nur noch alle zwei Jahre kommen. Somit sind Kosten von bis zu 250 Euro für Wartung und Schornsteinfeger nur alle zwei Jahre fällig. Nimmt man zehn Jahre Nutzzeitraum, so würden rund 1250 Euro für Wartung und Schornsteinfeger fällig – runtergebrochen 10,41 Euro pro Monat.
Was kosten Schornsteinfeger und Wartung?
Zieht man nun also die Kosten für Wartung und Schornsteinfeger ab, zahlt der Vertragsnehmer bei Thermondo laut der Beispielrechnung zehn Jahre lang monatlich 58,59 Euro für seine neue Heizung. Sollten keine Reparaturen oder gar ein Austausch notwendig sein, hat er mit Vertragsende effektiv 7030,80 Euro für die Heizung bezahlt – also etwa doppelt so viel wie Heizung und Montage allein gekostet hätten.
Eine ähnliche Rechnung ergibt sich bei RWE-Tochter innogy. Auch dort gibt eine Beispielkalkulation eine Übersicht der Kosten: 6000 Euro soll die Heizung inklusive Einbau für ein „durchschnittliches Einfamilienhaus“ hier kosten. Laufzeit des Vertrags auch hier zehn Jahre. Die monatliche Rate für das Gerät beträgt schon 67 Euro. Hinzu kommen hier monatlich 17 Euro für „Service, Wartung, Schornsteinfeger“ und noch einmal 9 Euro für den Wärmegrundpreis für Messung und Service. Daraus ergibt sich ein monatlicher Grundpreis – zuzüglich Wärmeverbrauchskosten – von 93 Euro.
Auch hier werden die Kosten für Schornsteinfeger, Wartung und Service mit 17 Euro recht hoch veranschlagt und auch die Miete der Heizung wird insgesamt am Ende der Vertragslaufzeit deutlich mehr gekostet haben, als wenn man sie gekauft hätte.
Zudem entgehen einem als Eigentümer staatliche Zuschüsse für den Heizungsaustausch. Entweder bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder (im Falle von erneuerbaren Energien) auch beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Denn die darf beim Contracting ja der Dienstleister kassieren.
Das können beispielsweise bei der KfW beim Austausch einer Gasheizung (die vor dem 1.2.2002 eingebaut wurde) gegen ein energieeffizienteres Modell ein Zuschuss von 15 Prozent der Kosten sein – insgesamt bis zu 7500 Euro.
„Es steckt in den Wärmecontracting-Verträgen natürlich nicht nur die Heizung an sich, sondern auch eine tatsächliche Dienstleistung im Angebot – und die muss bezahlt werden“, sagt Energiedienstleistungsexpertin Groß. „Ob sich dies lohnt, gilt es abzuwägen.“
Für wen das Rundum-sorglos-Heizungspaket Sinn macht
Deshalb raten viele Experten den persönlichen Contracting-Vertrag genau zu prüfen. Denn auch wenn die wegfallenden Anschaffungskosten zunächst attraktiv erscheinen „oft ist es günstiger, die Heizung selbst zu kaufen und über Kredite oder Förderungen zu finanzieren“, heißt es bei Kesselheld. Die Empfehlung der Heizungsexperten: „Rechnen Sie zunächst genau durch, ob es für Sie, auf die gesamte Laufzeit gesehen, nicht günstiger ist, wenn Sie mithilfe eines Kredits oder Darlehens die Heizung selbst finanzieren.“
Wem das Rundum-sorglos-Paket jedoch so gut gefällt, dass er die wahrscheinlich höheren Ausgaben über die Gesamtlaufzeit in Kauf nimmt, für den könnte das Wärme-Contracting natürlich eine bequeme und zumindest kalkulierbare Lösung sein. „Gerade Kunden mit hohem Komfort- und Sicherheitsbedürfnis sind die perfekte Zielgruppe, für die das Thema Contracting spannend ist“, sagt Kesselheld-Chef Teichmann.
„Wenn es Gründe gibt, warum ein Eigentümer sich tatsächlich gänzlich aus der Materie heraushalten will – beispielsweise aus Altersgründen oder weil er schlicht kein Geld hat und keines bei der Bank bekommt, dann kann Contracting unter Umständen interessant sein“, sagt auch Groß. Wichtig ist dabei allerdings: „Contracting ist häufig keine günstige Variante an eine neue Heizung zu kommen, sondern einfach eine bequeme Variante, bei der man sich um nichts mehr kümmern muss – und dass dann eben zu einem bestimmten Preis“, so die Verbraucherschützerin. Eigentümer müssten deshalb immer genau nachrechnen, ob die Dienstleistung, die sie bekommen, in einem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu dem steht, was mehr bezahlt werden muss.
Details im Contracting-Vertrag gehören geprüft
Wenn sich der Vertrag so im Einzelfall für einen tatsächlich lohnen sollte, gibt es Vertragsbedingungen, die unbedingt noch genau geprüft gehören. Stichwort: Transparenz. „Wer einen solchen Vertrag schließt, muss genau erkennen können, wie die Dienstleistung konkret aussieht“, sagt Verbraucherschützerin Groß. Also beispielsweise welche Kosten (Service, Wartung, Reparaturen, Notdienst?) tatsächlich enthalten sind, wie lange die Vertragslaufzeit ist und welche Vertragsbindungen bestehen.
Dazu zählt beispielsweise auch die Frage, was nach dem Ende der Vertragslaufzeit mit der Heizungsanlage geschieht. Hier gibt es verschiedene Optionen. Erste Möglichkeit: Der Contractingnehmer muss die Heizung zu einem Restbetrag abkaufen. Dieser kann schon im Vertrag festgeschrieben sein oder zum Vertragsende festgelegt werden. Oder der Contractingnehmer bekommt die Option die Heizung abzukaufen – hier besteht noch Spielraum. Außerdem sind Anschlussverträge denkbar oder eben die Entfernung der Heizung und der Kauf einer neuen, sowie Abschluss eines anderen Vertrags. Sollten dazu bereits Regelungen im Vertrag stehen, gilt es zu prüfen, ob diese im Sinne des Contractingnehmers sind.
Vertragsbedingungen genau unter die Lupe nehmen
Regelungen, wie mögliche Preisänderungen während der Vertragslaufzeit, sollten stutzig machen – günstige Lockangebote von unseriösen Anbietern lassen sich daran häufig erkennen. In diesen Fällen sind die Angebote aufgrund günstiger Anfangspreise extrem verlockend. Preiserhöhungen lassen die Kosten fürs Contracting dann nach kurzer Zeit aber unverhältnismäßig stark steigen.
Handelt es sich bei dem Contractor um einen Energieversorger, ist zudem ein genauer Blick auf die Lieferbedingungen notwendig. Denn wenn der Contractingvertrag auch eine Bindung an den Energielieferanten beinhaltet, verdient der Contractor natürlich auch an den Energiemengen, die geliefert werden. „Gemeinhin besteht in Deutschland auf dem liberalisierten Strom- und Gasmarkt freie Anbieterwahl“, sagt Groß. Gemeinhin gilt, also Strom- und Gaslieferverträge dürfen den Kunden nur zwei Jahre binden – längere Vertragslaufzeiten sind gesetzlich nicht möglich und anfechtbar. Große Ausnahme: die Fernwärme.
Beim Abschluss eines Conctractingvertrags kann diese Freiheit aber ausgehebelt werden – und deshalb ist Vorsicht geboten: „Wird auch die Wärmelieferung im Contracting eingeschlossen, so handelt es sich um Wärmeliefer-Contracting und wird juristisch wie Fernwärme behandelt“, erklärt Groß. „Man landet damit also freiwillig wieder in einem Monopolmarkt, obwohl man es mit eigener Anlage bei Strom und Gas zumindest vermeiden könnte.“ Auch dieser Punkt sollte bei der Entscheidung und der Wahl des Contracting-Vertrags also dringend beachtet werden.
Energie-Beratung kann hilfreich sein
Experten raten dazu bei Zweifeln die Unterlagen vor Vertragsabschluss von einem Experten prüfen zu lassen. Das kann ein Anwalt sein oder aber beispielsweise auch durch die Energieberatung der Verbraucherzentralen gemacht werden – hier bekommen Interessierte auch grundsätzlich Rat und Hilfe zu ihren Möglichkeiten beim Heizungskauf.
Auch beim Kompetenzzentrum Contracting der Klimaschutz- und Energieagentur (KEA) Baden-Württemberg gibt es hilfreiche Tipps und Informationen zum Thema. Unter anderem können Interessierte einen Mustervertrag herunterladen oder beim Kompetenzzentrum anfordern. Dieser ist inhaltlich von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geprüft und freigegeben worden.