Flottenmanagement Unabhängige Autoleasing-Anbieter punkten mit Service

Deutsche Fahrzeughersteller setzen im Leasinggeschäft mit niedrigen Preisen die unabhängigen Anbieter unter Druck. Die reagieren mit einer Service-Offensive.

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Limousine parken vor Quelle: AP

Lionel Wolff überraschte seine Kunden mit einer ungewöhnlichen Aktion. Der Chef des Leasingunternehmens Arval Deutschland, einer Tochter der französischen Bank BNP Paribas, bot seinen Geschäftspartnern 2009 die Verlängerung auslaufender Verträge an. Statt neue Dienstwagen auf den Hof zu bekommen, konnten diese ihre aktuellen Leasingfahrzeuge ein paar Monate länger fahren. Begründung: Arval könne wegen der schwierigen Wirtschaftssituation „keine Leasingraten auf ,Vorkrisenniveau‘ für Neuwagen anbieten“. Weil Leasingautos nach Vertragslaufzeit nur zu Schleuderpreisen auf dem Gebrauchtwagenmarkt verkauft werden könnten, seien niedrigere Leasingraten nicht zu rechtfertigen.

Die Quittung folgte prompt. Zwar verlängerten viele Kunden die Verträge, weil auch sie über stabile Leasingraten glücklich waren. Doch einzelne Geschäftspartner sprangen ab, weil sie neue Autos zu gleichen Konditionen haben wollten. Die bekamen sie auch – aber nur bei den Leasingtöchtern der Autohersteller. Arvals Flotte reduzierte sich so um 13 Prozent auf rund 26 000 Fahrzeuge. Eine Alternative zu dem Deal sah Arval-Chef Wolff nicht. Nur so konnte er vermeiden, Fahrzeuge aus beendeten Leasingverträgen in hoher Stückzahl verscherbeln zu müssen.

Gebrauchtwagenmarkt in Trümmern

Wolff ist kein Einzelfall. Wirtschaftskrise und Abwrackprämie haben den Gebrauchtwagenmarkt in Deutschland ruiniert. Daher können Leasingfirmen ihre gebrauchten Flottenfahrzeuge nicht zu den Preisen verkaufen, die sie zu Beginn ihrer Verträge kalkuliert haben. 2009 haben daher viele Unternehmen Verluste geschrieben, auch 2010 dürfte nicht viel besser werden. Zugleich tobt unter den Anbietern ein ungleicher Kampf: Während Autobauer wie Volkswagen, BMW und Daimler über ihre Leasingtöchter Dienstwagen mit günstigen Raten in den Markt drücken, um ihren Absatz anzukurbeln, ringen herstellerunabhängige Leasingunternehmen um ihre Existenz.

Ruinöse Preisschlacht

Das Hauen und Stechen in der Branche, die in Deutschland rund 1500 Unternehmen umfasst, hat bereits im vergangenen Jahr eine Konsolidierung in Gang gesetzt. Während herstellernahe Leasingfirmen, im Fachjargon Captives genannt, Marktanteile gewinnen, büßen unabhängige Flottenfinanzierer ihre Marktposition ein. So lag das Umsatzminus der Captives 2009 bei knapp 13 Prozent, bei den Unabhängigen waren es etwa 21 Prozent. Dadurch stieg der Anteil der Autokonzerne am Leasinggeschäft auf 75 Prozent. Ein Ende der Preisrallye erwarten Experten frühestens Ende 2010 — bis dahin könnten weitere Anbieter vom Markt verschwunden sein.

Die markenunabhängigen Anbieter können die ruinöse Preisschlacht nicht mitgehen, die sich aus der Neubewertung sogenannter Restwerte ergibt. Der prognostizierte Wiederverkaufswert eines Autos nach durchschnittlicher Laufzeit von drei Jahren und einer Fahrleistung von 120 000 Kilometern bestimmt die Höhe der monatlichen Leasingraten: Je höher der Wert, desto niedriger die Raten.

Die Leasingtöchter der Hersteller setzen mit extrem optimistischen Prognosen die Branche unter Druck. Sie kalkulierten „mit vergleichsweise hohen Restwerten“, sagt Angela Böhm vom Frankfurter Marktforscher Dataforce. „Dadurch halten sie die Raten künstlich niedrig.“

Das Risiko ist groß: Bleiben die Preise für Gebrauchtwagen im Keller — wovon jeder in der Branche ausgeht —, fahren die Hersteller beim Weiterverkauf der Leasingautos enorme Verluste ein. BMW stellte bereits 2008 wegen der Bewertungen der Tochter Alphabet Fuhr-park-manage-ment rund zwei Milliarden Euro als Risikovorsorge in die Bilanz. Auch Daimler und VW bildeten hohe Rückstellungen.

Ratenanhebung steht bevor

Grafik: Marktanteile bei Dienstwagen

Doch lange werden die Konzerne ihren Preiskampf nicht fortsetzen können, weil das Risiko „einfach zu groß ist“, sagt Böhm. Auf Dauer könne es sich kein Unternehmen leisten, mit der Restwertproblematik „leichtfertig umzugehen“. Die Expertin erwartet, dass die Hersteller ihre Raten spätestens zum Jahresende „um rund 15 Prozent anheben werden“.

Für den Rest der Branche wäre das Balsam auf ihre Wunden. Vor allem eigenständige Firmen ohne starken Finanzpartner im Rücken haben „die Konditionenschlacht im Vorjahr deutlich zu spüren bekommen“, sagt Gerhard Fischer, Chef von Leasetrend, einem Anbieter in Privatbesitz aus Oberhaching bei München. Zwar sei man „relativ gut“ durch 2009 gekommen. Doch auch Leasetrend musste beim Neugeschäft ein Minus in Höhe von zehn Prozent verkraften.

Viele Anbieter können beim Preiskampf schon deshalb nicht mitmachen, weil ihnen wegen der Kreditklemme Geld fehlt. Um neue Fahrzeuge zu kaufen und anschließend zu verleasen, benötigen sie gerade in der Startphase eines Vertrages hohe Finanzmittel. Zudem wirken steigende Kreditzinsen wie Gift. Das Zinsniveau sei im vergangenen Jahr „um 10 bis 15 Prozent gestiegen“, sagt Fischer.

Dienstwagen: Deutsches Image zieht

Einige Unternehmen haben schon kapituliert. So schließt Masterlease, an dem der US-Autobauer General Motors beteiligt ist, seit Oktober 2009 kein neues Leasinggeschäft mehr ab. Die hohen Risiken vertrügen sich nicht mehr mit der Konzernphilosophie.

Für deutsche Hersteller hingegen sind die Risiken sekundär. Sie müssen die Autolager räumen, um Platz für neue Modelle zu schaffen. Seit Jahren setzen sie über das Leasinggeschäft hohe Stückzahlen ab — bei Premiumherstellern teilweise mehr als 50 Prozent der Produktion. Besonders gut läuft das im Heimatmarkt: „Deutsche Unternehmen fahren deutsche Autos“, sagt Expertin Böhm. Bei Dienstwagen entscheide das Image. In den Top Ten der meistverkauften Dienstwagen 2009 finden sich denn auch fast nur deutsche Modelle. Auf Platz eins steht der VW Passat, gefolgt vom Audi A4 und dem VW Golf.

Ausländische Marken laufen schlechter. Der Anteil der Importautos in Flotten liegt bei 21 Prozent. Dieser Wert ist mit geringen Abweichungen seit Jahren konstant. Während Privatleute aus Kostengründen zu ausländischen Billigmarken wie dem Dacia Sandero greifen, bleiben Ausländer in der Flottenpolitik der Unternehmen oft unter „ferner liefen“. Image ist offenbar auch in Krisenzeiten wichtig. Doch möglicherweise zeichnet sich eine Trendwende ab. In den Monaten -Januar und Februar konnte sich mit dem Skoda Octavia ein Ausländer auf Rang drei schieben. Das ist mehr als ein Achtungserfolg. Die tschechische VW-Tochter will dieses Jahr ihren Absatzrekord von 2009 überbieten.

Das Beispiel Skoda zeigt, dass Autos mit günstigem Preis-Leistungs--Verhältnis an Bedeutung gewinnen werden. Denn bei einer Analyse der Voll-kosten, die auch Versicherungsprämien, Reifenwechsel, Reparaturen und Wartungskosten berücksichtigt, schneiden ausländische Marken „inzwischen oft besser ab als deutsche“, sagt Ludger Reffgen, Chef von GE Auto Service Leasing in Mainz. Ein weiterer Grund ist der Trend zum Downsizing, also dem Leasing kleinerer und umweltschonender Flottenfahrzeuge. Das setzt deutsche Premiumanbieter unter Druck.

Dienst-Audi von Quelle: AP

Bei der Vollkostenanalyse wittern unabhängige Anbieter wie ASL, Arval oder ALD Autoleasing ihre Chance. Die Unternehmen bieten sämtliche Marken in ihren Flotten an und überprüfen im Auftrag ihrer Kunden, welche Dienstwagen optimal zu den Bedürfnissen der Unternehmen passen. Ab einer Größenordnung von circa 100 Fahrzeugen lohnt sich für Unternehmen fast ausschließlich die Zusammenarbeit mit unabhängigen Leasingfirmen. Flotten mit weniger als 20 Fahrzeugen, wie sie oft mittelständische Betriebe haben, bleiben das Metier der Hersteller. Im Zwischenbereich kämpfen beide Parteien um die Kundschaft.

Der Beratungsbedarf der Kunden dürfte in Zukunft weiter steigen. „Serviceleasing gewinnt gegenüber dem reinen Finanzleasing in diesem Jahr weiter an Bedeutung“, prognostiziert Philipp Waldmann, Vertriebschef bei Fleet Logistics Deutschland. Das Unternehmen aus Mainz vermittelt im Auftrag von Großkunden Angebote verschiedener Leasing-anbieter. So arbeitet etwa Microsoft in Deutschland über Fleet Logistics Deutschland mit drei Leasingfirmen zusammen. Häufig werden die Ausgaben für das Fuhrparkmanagement von Unternehmen „unterschätzt“, sagt Waldmann, obwohl es nach dem Personal oft „den zweitgrößten Kostenblock“ darstellt. Im Schnitt kostet ein Leasingauto rund 10 000 Euro pro Jahr.

Bei Neuberechnung wird oft abkassiert

Die versteckten Kosten eines Leasingvertrages bemerken Unternehmen oft erst bei außergewöhnlichen Situationen, etwa dann, wenn ein Mitarbeiter seine Probezeit nicht übersteht oder stirbt. Die Leasingverträge werden dann neu berechnet. Und dann werde oft „richtig abkassiert“, sagt Waldmann. Meist könne ein Fuhrparkmanager gar nicht nachvollziehen, wie die Leasingfirma in Sonderfällen die Raten neu berechnet.

Transparenz ist daher das Thema der Zukunft. Das große Feilschen beginnt am Ende des Finanzgeschäfts. Bei der Fahrzeugrückgabe gebe es eigentlich „immer Probleme“, sagt Waldmann. „Unstimmigkeiten über die Schadenshöhe bei Kratzern und sonstigen Mängeln sind die Regel.“ Eine Möglichkeit, Zwist von vorne- herein auszuräumen, seien Schadenspauschalen. So werde etwa ein Auto am Ende pauschal mit 600 Euro abgegolten, die der Kunde an die Leasingfirma zahlt. „Das schafft Transparenz.“

Unternehmen wie ASL, Arval und ALD Automotive setzen auf das Konzept der fairen Bewertung. ALD, eine Tochter der französischen Bank Société Générale, lässt den Wert eines Autos am Ende der Laufzeit von neutralen Sachverständigen von TÜV Nord oder Dekra begutachten. Daraus ergeben sich objektive Mängel-listen. Die Leasingfirmen übernehmen Gebrauchsspuren wie Kratzer an Radkappen und bis zu zwei Zentimeter große Dellen. Kosten für Großschäden hingegen übernehmen die Leasingnehmer.

Die faire Bewertung kommt bei den Kunden gut an. ALD aus Hamburg konnte trotz Krise beim Kundenstamm um 15 Prozent zulegen, der Umsatz wuchs um vier Prozent auf 564 Millionen Euro. Die ALD-Flotte in Deutschland umfasst knapp 110 000 Fahrzeuge, ein Plus von vier Prozent. Ein niedriger Preis könne gute Servicequalität „nicht ersetzen“, sagt ALD-Deutschland-Chef Thomas Reiter.

Experte Waldmann empfiehlt Unternehmen mit großen Flotten, auf mehrere Leasinganbieter zu setzen. „Kreiere Wettbewerb zwischen den Leasinganbietern“, so sein Tipp. „Um die Kosten langfristig zu senken, ist das der größte Hebel.“

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