Adidas Hainer verabschiedet sich mit Rekordzahlen

Herbert Hainer hat auf seiner letzten Hauptversammlung als Vorstandschef von Adidas beachtliche Zahlen vorzuweisen. Am Ende geschah, was eher selten zu besichtigen ist, wenn Aktionäre zusammenkommen.

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Der Vorstandsvorsitzende des Sportartikelherstellers Adidas, Herbert Hainer, während der Hauptversammlung des Unternehmens. Quelle: dpa

Der Kontrast könnte größer kaum sein - hier die biedere Stadthalle von Fürth mit ihrem Achtzigerjahre-Charme, dort die coole, bunte Sportwelt von Adidas. Und als Herbert Hainer in seiner gut halbstündigen Rede dann von den "Key-Metropolen" sprach, auf die der Dax-Konzern sich in seiner neuen Strategie konzentrieren will, wurde aus dem optischen Kontrast noch ein verbaler, denn es hub ein mehrstimmiges Gemurmel an, in tiefstem Fränkisch: "Ah so, Gie-Medroboln."

Das war's aber auch schon, was Irritationen betrifft - das versammelte Aktionariat gab sich äußerst zufrieden mit dem, was der scheidende Vorstandschef zu bieten hatte. Für das laufende Geschäftsjahr verhieß ihnen Hainer einen Rekordumsatz von bis zu 19 Milliarden Euro und einen Gewinn von an die 900 Millionen.

Erst gestern am späten Nachmittag hatte der Konzern die Gewinnaussichten um 50 Millionen angehoben - der englische Premier League-Klub Chelsea und die Herzogenauracher trennen sich nach dann elf Jahren nach der kommenden Spielzeit vorzeitig. Dafür zahlen die Londoner den Franken eine Kompensation, denn der Kontrakt lief eigentlich bis 2023.

Adidas und Nike im direkten Vergleich

Chelsea dümpelt derzeit im Mittelfeld der englischen Liga herum und ist weit entfernt von jenem Verein, der noch vor wenigen Jahren die Königsklasse gewann. Adidas dagegen wähnt sich so stark wie lange nicht mehr.

In der Tat sind die Zahlen des vergangenen Jahres beachtlich. Hainer und seiner Mannschaft ist es offenbar tatsächlich gelungen, viele der Schwächen aus dem Jahr 2014 zu identifizieren und aufzuarbeiten. Etwa beim Thema Design: Verzichteten die Franken für einige Jahre komplett auf einen Chef-Kreativen, hat der Konzern mittlerweile mit Paul Gaudio nicht nur wieder einen Hauptverantwortlichen für die Gestaltung, sondern nach einem Raubzug beim Konkurrenten Nike und dem Einkauf eines Pop-Kreativen wie Kanye West sehr viel Boden gut gemacht.

Dazu kam eine clevere Strategie, um unter der Modesparte Originals die Schuhklassiker Superstar und Stan Smith zu Bestsellern zu machen. Es zahlt sich aus, dass Adidas den Wildwuchs neuer Modelle beschränkte, um sich auf sogenannte Franchises zu konzentrieren; eine Strategie wie sie Nike mit seinen Erfolgsmodellen vorexerziert hatte – etwa mit dem mittlerweile schwächelnden Free.

Adidas ist wieder eine Größe

Auch das Risiko, das der Konzern einging, als er sich im vergangenen Jahr praktisch über Nacht von allen seinen bis dahin gut laufenden Fußballschuhmodellen trennte, hat sich ausgezahlt. Die neuen Treter kommen offenbar gut an und bescherten dem Konzern 2,2 Milliarden Euro und damit den bislang höchsten Umsatz mit Kickerprodukten.

Neue Designs, aggressivere Werbung, stärkere Konzentration auf den US-Markt und den Geschmack der dortigen Konsumenten - das alles trug tatsächlich dazu bei, dass bei den Kids auf den Schulhöfen und damit bei der wesentlichen Zielgruppe des Konzerns, Adidas wieder eine Größe ist.

Entsprechend zufrieden verabschiedete sich denn auch Hainer heute von den Aktionären. Noch einmal ließ er die wesentlichen Stationen seiner 15 Jahre an der Konzernspitze Revue passieren, vom Reebok-Kauf bis zum Salomon-Verkauf und sonnte sich nicht ohne Grund in den stolzen Zahlen.

Das sind Europas größte Modekonzerne
Platz 10: CalzedoniaDie Fachzeitschrift „TextilWirtschaft“ untersucht jedes Jahr die Umsätze der größten europäischen Bekleidungshersteller. Die Analyse zeigt: Der Markt steht vor großen Herausforderungen. Zwar konnten die meisten Konzerne wie zum Beispiel Calzedonia wachsen, doch die Krise in Russland und der Ukraine dürfte sich früher oder später in den Bilanzen niederschlagen.Umsatz 2013: 1,60 Milliarden EuroUmsatz 2014: 1,85 Milliarden EuroVeränderung: + 15,4 Prozent Quelle: imago images
Platz 9: Georgio Armani1975 gründete Georgio Armani das Modelabel Armani. Mittlerweile gehört der Konzern zu den Größten der Modebranche. Für Armani arbeiten rund 6500 Menschen. Neben Kleidungsstücken vertreibt Armani außerdem Home-Artikel und Parfüms. Seit 2002 verkauft der Konzern auch Konfiserie-Artikel sowie verschiedene Honig- und Marmeladensorten. Acht Jahre später entstand im Burj Khalifa in Dubai das erste Hotel im Armani-Stil.Umsatz 2013: 1,75 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,00 Milliarden EuroVeränderung: + 14,2 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 8: EspritEhemals etablierte Marken sind zu teuren Restrukturierungen gezwungen. So muss sich Esprit auf die Ansprüche der Kunden im digitalen Zeitalter einstellen, heißt es in der Studie von „TextilWirtschaft“. Auch Gerry Weber ist davon betroffen. Darüber hinaus leiden die Modekonzerne auch unter dem starken Dollar, der die Beschaffung verteuert. Esprit trifft es besonders hart. Bei keinem anderen Modekonzern in den Top-20 ist der Umsatz derart stark geschmolzen.Umsatz 2013: 2,35 Milliarden Euro *Umsatz 2014: 2,10 Milliarden Euro**Veränderung: - 10,7 Prozent*Geschäftsjahr 2013/14**Geschäftsjahr 2014/2015 Quelle: REUTERS
Platz 7: KeringDas französisch-italienische Modeunternehmen Kering dürften nur den Wenigsten bekannt sein. Doch mit Labels wie Puma oder Gucci erreicht der Konzern ansehnlich Umsätze. 2014 konnte Kering seinen Umsatz um knapp zwölf Prozent erhöhen.Umsatz 2013: 2,13 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,38 Milliarden EuroVeränderung: + 11,6 Prozent Quelle: REUTERS
Platz 6: Hugo BossDie Edelmarke Hugo Boss ist das zweitgrößte Modeunternehmen Deutschlands. Gegründet wurde es 1924 in Metzingen durch Hugo Ferdinand Boss. Ursprünglich stellte Hugo Boss Berufskleidung her. Unrühmlich ist die Vergangenheit des Konzerns. Im Zweiten Weltkrieg stellte der Konzern die Uniformen für SA, SS und die Wehrmacht her. Dafür wurden unter anderem Zwangsarbeiter aus West- und Osteuropa eingesetzt. Erst nach dem Krieg und dem Tod des Gründers 1948 wurde Hugo Boss zum Modekonzern. Unter der Leitung von Hugo Ferdinand Boss' Schwiegersohn Eugen Holy begann das Unternehmen damit, Herrenanzüge herzustellen.Umsatz 2013: 2,43 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,57 Milliarden EuroVeränderung: + 5,8 Prozent Quelle: dpa
Platz 5: Tommy HilfigerModedesigner Tommy Hilfiger rief 1984 in New York sein eigenes Modelabel ins Leben. Dass der Konzern im Ranking europäischer Modekonzerne gelistet ist, hat er seinem Firmensitz zu verdanken. Tommy Hilfiger sitzt seit 1997 in Amsterdam. 13 Jahre später wurde das Unternehmen durch den US-Konzern Phillips-Van Heusen übernommen.Umsatz 2013: 2,56 Milliarden Euro*Umsatz 2014: 2,70 Milliarden Euro*Veränderung: + 5,3 Prozent*Geschäftsjahr 2013/14**Geschäftsjahr 2014/15 Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 4: Christian DiorDirekt nach dem Krieg gegründet, trug Christian Dior maßgeblich dazu bei, dass sich Paris als Modehauptstadt der Welt etablieren konnte. Insgesamt beschäftigt das Unternehmenskonglomerat über 100.000 Mitarbeiter. Für die Modesparte von Dior arbeiten knapp 3600 Menschen.Umsatz 2013: 2,26 Milliarden EuroUmsatz 2014: 2,70 Milliarden EuroVeränderung: + 19,6 Prozent Quelle: dpa

Tatsächlich ist es nicht zuletzt seinem Wirken zuzuschreiben, dass der Unternehmenswert der Gruppe innerhalb seiner Amtszeit von drei auf 24 Milliarden Euro stieg, sicher eine stolze Bilanz.

Zwar bemängelten Aktionärsschützer dann noch die steigenden Beschaffungskosten und die engen Bande zum Fußballweltverband FIFA, sorgten sich über steigende Werbeausgaben in den USA und prangerten die im Vergleich zum Konkurrenten Nike schwächere operative Marge in Höhe von 6,5 Prozent an. Nike liegt hier bei 14 Prozent.

Doch nachdem sich Herbert Hainer persönlich von seinen vier Vorstandskollegen verabschiedet hatte - "Glenn, Robin, Roland und Eric - es war toll" - geschah, was es auf Hauptversammlungen doch eher selten zu besichtigen gibt: Die Aktionäre erhoben sich und es gab Standing Ovations für den am längsten amtierenden Vorstandschef im Dax. Im kommenden Jahr wird dann Kasper Rorsted den besonderen Charme der Fürther Stadthalle kennenlernen. Hainer, das dürfte klar sein, hinterlässt ihm ziemlich große Schuhe.

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