Arndt Geiwitz „Meine Arbeit bei Schlecker wird schwieriger“

Die Lage bei Schlecker ist ernst. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz zu der unterschätzten Flut an Kündigungsschutzklagen, dem Kampf um die Investorensuche, und warum die öffentliche Debatte die Lage verkennt.

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Arndt Geiwitz, der Insolvenzverwalter der Drogeriekette Schlecker. Quelle: dpa

Herr Geiwitz, wie geht es Ihnen?
So weit gut, aber ich muss gerade schon ein bisschen kämpfen. Meine Arbeit bei Schlecker wird leider eher schwieriger als leichter.

Warum?

Bis jetzt sind 3850 Kündigungsschutzklagen von entlassenen Mitarbeitern eingegangen. Das ist mehr, als ich erwartet habe, und es macht mir große Sorgen. Bei der Hälfte hätten wir schon irgendwie eine Lösung gefunden, aber so ist das Risiko für Investoren exorbitant hoch.

Wie hoch?

Es geht um Personalkosten von rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Ich möchte die Investorensuche keinesfalls tot reden. Wir diskutieren gerade, wie wir mit dem Risiko umgehen, und wir kämpfen weiter. Aber es gibt nichts zu beschönigen, die Lage ist ernst.

Was gibt es für Möglichkeiten?

Wir könnten die ersten 100 Prozesse abwarten. Wenn wir in einem Großteil der Fälle gewinnen, würde das die Situation entschärfen. Aber die Prozesse werden sich bis in den Sommer ziehen. Wir werden den Zeitplan, rund um Pfingsten einen Investor zu nennen, sicher nicht halten können.

Wie viele Investoren sind noch im Rennen?

Ich führe mit drei Interessenten intensive Gespräche.

Droht die Zerschlagung?

Ziel ist schon der Verkauf als Gesamtpaket. Tschechien haben wir immer gesondert betrachtet, so wie Frankreich auch. Das sind Landesgesellschaften, die keiner der drei genannten Interessenten in die Paketlösung einschließt. Bei Spanien und Österreich etwa ist das anders.

„Die Zugeständnisse sind zumutbar“

Wo liegt bei Schlecker Deutschland noch der Wert? Die Marke ist beschädigt, die Filialen sind angemietet. Die Ware kann es nicht sein ...

Es ist richtig, dass wir einen Investor brauchen, der vor allem an das Geschäftsmodell und das Unternehmen - nicht so, wie es war, sondern wie es nach der Sanierung aufgestellt ist - glaubt.

Und wie läuft die Sanierung?

Bei Industrie und Vermietern gut, weniger gut beim Sanierungstarifvertrag. Wir benötigen hier Einsparungen von 15 Prozent: 7,5 Prozent über Urlaubs- und Weihnachtsgeld, den Rest über weitere Komponenten wie zweieinhalb unentgeltliche Arbeitsstunden in der Woche mehr. Aber die Gewerkschaft lehnt das ab.

Verdi sagt, Ihre Forderungen seien nicht akzeptabel.

Die Debatte hat in der Öffentlichkeit momentan einen vollkommen falschen Fokus und verkennt die Lage. Aus meiner Sicht sind die Zugeständnisse zumutbar, weil sie auf zwei Jahre begrenzt sind und danach wieder aufgeholt werden. Es geht nur um ein Drittel dessen, was wir einsparen müssen - und ich wüsste nicht, wo das Geld sonst herkommen sollte. In allen anderen Bereichen sind wir am Limit.

Welche Rolle spielt die Familie Schlecker eigentlich noch?

Anton Schlecker und seine Frau kommen noch täglich in ihre Büros. Aber keiner aus der Familie, auch nicht die Kinder, trifft mehr operative Entscheidungen.

Ich lade sie ein, sich über den aktuellen Stand der Investorensuche und der Sanierung zu informieren. Das gebietet der Anstand.

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