Cannabis online Rezept auch ohne Arztbesuch

Can Ansay will die Menschen in Deutschland übers Internet mit Cannabis versorgen. Quelle: Privat

Der Mann, der Deutschland die kostenlosen Online-Coronatest-Zertifikate bescherte, meldet sich mit einer neuen Digitalidee zurück: Diesmal verkauft Can Ansay Cannabis-Rezepte online – und liefert die Blüten gleich mit.

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Der Beachclub Yaam am Spree-Ufer in Berlin Friedrichshain erwacht am Nachmittag langsam zum Leben. Mehr als hundert Leute kommen um 16 Uhr zum ersten „Cannabis Social Club“. Später, als Can Ansay auf der Bühne seine Rede hält zur Eröffnung des ersten „legalen Cannabis Social Club“, hören immerhin noch gut 30 Menschen zu: „Die neue Regierung hatte die volle Legalisierung von Cannabis versprochen“, ruft Ansay ins Mikrofon, „aber in einem Jahr ist nichts passiert – und wir wollen nicht zehn Jahre darauf warten.“

Hier und in anderen Clubs in Deutschland sollen sich chronisch kranke Cannabis-Patienten einmal die Woche treffen. Draußen dürfen sie gemeinsam rauchen, drinnen auch Lebensmittel mit Cannabis verzehren und verdampftes Dope konsumieren. Doch der Social Club ist für Ansay nur ein Nebenschauplatz: Ansay will die Menschen übers Internet mit Cannabis versorgen. Auf DrAnsay.com können chronisch Kranke online Hanfblüten bestellen – und das Rezept dazu gleich bequem von zu Hause aus mit. Und natürlich plant er die Skalierung, sobald Cannabis für jedermann legal wird.

Can Ansay – wem dieser Name irgendwie bekannt vorkommt, der täuscht sich nicht. Zuletzt hatte der promovierte Hamburger Rechtsanwalt mit seinem kostenlosen, virtuellen Corona-Testangebot für Diskussionen gesorgt. Zu leicht ließen sich alte negative Tests oder die Ergebnisse anderer missbrauchen, lautete der Vorwurf. Schließlich schloss die Bundesregierung per Gesetz das Schlupfloch, das er ausnutzte: Ein nicht überwachter Test zu Hause sollte nicht zu einem legitimen Coronatest-Zertifikat führen. Dennoch stellte Ansay nach eigenen Angaben täglich 50.000 Zertifikate aus.

Als ihm ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro drohte, fand er einen Umweg: Er reichte sein Geschäftsmodell an einen Betreiber in Pakistan weiter – dort konnten die deutschen Behörden nicht durchgreifen. Zumindest nicht, ehe Coronatest-Zertifikate irrelevant wurden. 

Schon 2020 hatte Ansay mit virtuellen Krankschreibungen aus dem Internet Furore gemacht – AU-Schein.de hieß seine Seite. Auch hier war das Missbrauchspotential groß. Ein Internet-Fragebogen reichte aus – wegen einer Magen-Darm-Verstimmung oder einer Erkältung musste niemand mehr persönlich zum Arzt,  um einen Krankenschein zu erhalten.

Ohne Arztbesuch zum Cannabis-Rezept

Die beiden unbürokratischen Digital-Dienstleistungen von Dr. Ansay trafen sehr wohl auch bei manchem Menschen einen Nerv, der keine betrügerische Absicht hegte, aber bequeme, unbürokratische Lösungen suchte. Der Stempel des Zwielichtigen haftet dennoch an Can Ansay – und könnte auch sein Cannabis-Projekt gefährden. Er beteuert, diesmal  dem Missbrauch strenge Riegel vorgeschoben zu haben: „Hier geht es um ein Arzneimittel“ sagt Ansay. „Das ist etwas anderes als eine Erkältung. Bei meinen anderen beiden Angeboten war ich bewusst nicht streng, hier aber schon.“

Seit 2019 bieten Konkurrenten von Ansay bereits Online-Rezepte für Cannabis. Doch für die ist ein persönlicher Arztbesuch noch immer unumgänglich, 120 Euro werden fällig. Ansay dagegen bietet seit acht Monaten die Option, nach dem Ausfüllen eines Fragebogens eine Online-Konsultation mit einem Arzt zu durchlaufen – Beweise, dass konventionelle Schmerztherapien nicht geholfen haben, kann der Patient zusätzlich hochladen. 59 Euro kostet das Rezept, das dann physisch ausgedruckt und an die DrAnsay-Apotheke weitergereicht wird, um es dort einzulösen.

„Ein Algorithmus“ würde den „smarten Fragebogen“ screenen und für Suchtprävention sorgen, so Ansay. Gibt ein Patient beispielsweise an, dass er „oft einen schnellen Kick sucht“ , erhielte der Arzt für das Videogespräch entsprechend warnende Hinweise und würde sich gegebenenfalls gegen ein Rezept entscheiden. Auch die ausgegebene Menge pro Monat wird laut Ansay „mit der Software überwacht, so dass Missbrauch unmöglich ist“.

Bislang hält sich das Volumen laut Ansay noch in Grenzen: 40 Rezepte werden pro Tag virtuell ausgestellt, sieben Bezahlungen im Shop für Cannabis-Blüten getätigt. Gemessen an dem Stab von 20 Mitarbeitern, den Ansay für sein neues Projekt aufgebaut hat, ist das noch ein verschwindend geringer Umsatz. Doch er wittert ein großes Geschäft: „Wenn die Legalisierung von Cannabis verabschiedet ist, ist unsere Apotheke der beste Weg, die Menschen mit Cannabis zu versorgen“, hofft er. „Wir können dann in fünf Minuten alle Schalter umlegen.“

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Ansay hat auf alle Fälle schon einmal vorgesorgt, falls es in Deutschland behördlichen Widerstand gibt: Diesmal ist sein Unternehmen gar nicht erst hierzulande ansässig. Auf Malta firmiert die Dr. Ansay Ltd.. Dort wurde schon im vergangenen Jahr Cannabis legalisiert – und Ansay will seine Plattform dort auch einführen: „Die Chefin der Behörde dort ist ganz begeistert über unsere Software.“

Lesen Sie auch, wie Can Ansay mit einem Petitionsschreiben versucht hat, die deutschen Amtsstuben lahmzulegen.

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