„Die Tchibo-Story“ Multimillionär, der in der Hafenkneipe Skat spielt

Erst eröffnete er einen Kiosk, dann versuchte er sich an einem Kaffeeversand: Max Herz ist der Gründer von Tchibo. Das ZDF widmet sich „Deutschlands großem Clan“, der hinter dem Hamburger Handelskonzern steckt.

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Im Wirtschaftswunder steigt der Kaffeekonsum: Mit einem Grund für den Aufstieg von Tchibo. Quelle: dpa

Hamburg Es war der Gold-Mocca, der Max Herz zum Multimillionär gemacht hat. 1949 gründete der Hamburger Sohn eines Kaffeeimporteurs mit einem Partner den Kaffee-Versender Tchibo – und legte auf diese Weise den Grundstein für ein Handelsunternehmen mit derzeit 3,4 Milliarden Euro Umsatz.

Das ZDF zeichnet diese Unternehmensgeschichte im letzten Teil einer kleinen Serie über „Deutschlands große Clans“ am heutigen Dienstagabend nach. Zu sehen sind zahlreiche historische Aufnahmen aus der Hamburger Speicherstadt, aber wenige aus den heutigen Tchibo-Büros in der City Nord.

Die Autoren Christian Bock und Volker Wild zeichnen vor allem die Gründung von Tchibo nach. In Spielszenen ist Max Herz zu beobachten, wie er ab 1946 als Kriegsrückkehrer als Unternehmer tätig ist: zunächst mit einem Kiosk, später als Gründer eines Kaffeeversands dank der Vorkriegs-Importlizenz seines Vaters.

Herz wird dabei als bescheidener Selfmade-Unternehmer dargestellt, der etwa in einer Hafenkneipe mit Arbeitern um Pfennigstücke Skat spielt. Dazu kommt ein kleiner Film-Schnipsel aus dem Archiv der Familie: erstmals eine – verwaschene – Filmaufnahme des Gründers im Fernsehen.

Seinen Kaffeeversand startet Herz mit gesammelten Adressen. „Damals war das noch nicht so mit dem Datenschutz“, erinnert sich ein Zeitzeuge. Im Wirtschaftswunder steigt der Kaffeekonsum, ein Werbe-Zeichentrickfilm mit dem „Kaffeemännchen Tchibo“ erläutert den Deutschen in kindgerechter Sprache das Prinzip des Versandhandels: „Fehlt guter Kaffee Dir im Haus, dann schreibe schnell die Karte aus.“ Als Dreingabe gibt es ein Geschirrhandtuch. So wird Tchibo zum Marktführer vor Jacobs.

Später geht Herz mit seiner Frau Ingeburg im Auto auf Deutschland-Tour, um Filialgeschäfte zusammenzukaufen. Da hat sich sein Gründungspartner Carl Tchilling bereits mit 225.000 Mark auszahlen lassen. Der Markenname Tchibo – zusammengesetzt aus Tchilling und Bohne – bleibt jedoch. Die Filialen sind Grundlage für die Idee, die Tchibo zum Allzweckhändler macht: Jede Woche kommt eine neue Produktwelt. Kaffee macht nicht einmal mehr die Hälfte des Umsatzes aus.´

Das erlebt Max Herz allerdings nicht mehr: Der Unternehmer stirbt im Mai 1965 nach einem Theaterbesuch an Herzversagen. Bis dahin hat er eine starke Marke geschaffen: Ein Schauspieler verkörpert in zahlreichen Spots den „Tchibo-Kaffeeexperten“, in den 77 Filialen, die in nur drei Jahren entstehen, locken junge Verkäuferinnen mit Blumen und Produktproben die Kunden.

Herz genießt in den letzten Jahren vor seinem Tod den wirtschaftlichen Erfolg: Zu einer Villa im zeitgenössischen Stil an der Außenalster kommen ein Ferienhaus an der Ostsee und ein eigenes Gestüt, mit dem Herz gegen die Konkurrenten Jacobs und Darboven antritt.


Was den Bruch herbeiführt, bleibt unklar

Nach dem Tod stellt das unklare Testament die Erben vor eine Herausforderung: „Zwei meiner fähigsten Jungs“ sollten die Führung übernehmen, bestimmt der Gründer – Vater von vier Jungen und zwei Mädchen. Der älteste, Günter, übernimmt die Leitung, begleitet vom drittältesten, Michael.

Günter Herz baut das Geschäft mit Nicht-Lebensmitteln aus und kauft 1997 Eduscho. Tchibos Marktanteil bei Kaffee steigt in Deutschland daraufhin auf fast ein Drittel – wiederum vor Jacobs. Ex-Tchibo-Manager Hasso Kaempfe beschreibt Günter als „nicht sonderlich diplomatisch“: „Was ich gelernt habe bei Günter: Das Nicht-Ja, wenn Du nicht ja meinst“, erinnert er sich in der ZDF-Dokumentation.

Es kommt zum Konflikt: Michael Herz wird neuer Chef, sein älterer Bruder Günter lässt sich auszahlen. Diesen spannenden Teil der Firmengeschichte handelt der Film jedoch innerhalb von zwei Minuten ab. Was den Bruch herbeiführt, bleibt unklar.

Auch die aktuellen Herausforderungen nennt die Produktion von Eco Media nicht: Tchibo ist mitten im Umbauprozess. Das Internet beeinträchtigt das Erfolgskonzept, die Kunden mit immer neuen Impuls-Waren zu überraschen. Schließlich sind solche Angebote nunmehr ständig verfügbar.

Michael Herz, nebenbei Mehrheitsaktionär beim Dax-Konzern Beiersdorf (Nivea), ist derzeit mit dem Umbau von Tchibo beschäftigt – doch dazu hat der Film nichts beizutragen. So bleibt er ein netter Abriss der Gründungsgeschichte – mit wenig aktuellem Bezug.

Sendetermin: Dienstag, 4. Oktober 2016, 20.15 Uhr

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