Digitale Bestellungen von Firmen Wenn Bosch und Coca-Cola online shoppen gehen

Getriebemotoren per Mausklick: Einkaufen im Netz ist nicht nur bei den Verbrauchern angekommen, sondern auch bei großen Unternehmen. Doch es geht nicht nur darum, den günstigsten Preis zu finden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Produkte online kaufen – das geht nicht nur privat, sondern auch im Firmenalltag. Ein Beispiel dafür ist das SAP-Netzwerk Ariba. Quelle: dpa

Karlsruhe/Walldorf Es klingt wie aus einem anderen Jahrhundert. „Früher wurde ein Fax oder eine E-Mail ins Büro geschickt“, erklärt Heiko Rumpl. „Der Artikel musste herausgesucht und manuell erfasst werden.“ Eine ziemliche Mühe bei etwa acht bis zehn Millionen Bestellpositionen im Jahr.

Rumpl ist Direktor für E-Business beim Karlsruher Unternehmen Brammer, das Wartungs- und Reparaturprodukte an die Industrie verkauft. Im Katalog stehen Dichtungen und Getriebemotoren, aber auch Industrieschläuche oder einfaches Schleifpapier. Zu den Kunden gehören Großkonzerne wie Bosch, Continental oder Coca-Cola.

Seit 2006 nutzt Brammer das Online-Netzwerk Ariba, das vor zwei Jahren vom Softwarekonzern SAP gekauft wurde. Auf der Plattform finden Firmen mit ihren Lieferanten und Zulieferern zueinander – wie Privatnutzer es von Online-Marktplätzen wie Amazon oder Ebay kennen.

Bislang seien es vor allem Großkunden, deren Bestellungen über das Netzwerk abgewickelt würden, sagt Rumpl. Im Moment seien es noch unter fünf Prozent der europaweit 100 000 Kunden. „Wir wollen irgendwann 20 Prozent unserer Kunden über ein Netzwerk bedienen und 80 Prozent aller Transaktionen dort abwickeln.“

Der Markt für solche Online-Plattformen für Firmen wächst rasant. Der Markforscher Forrester geht davon aus, dass das Geschäft zur digitalen Lieferabwicklung im nächsten Jahr um 20 Prozent zulegt. Im Gegensatz zu einfachen Online-Shops für Verbraucher geht es aber um mehr, als nur den günstigsten Preis für ein Produkt zu finden.

Kataloge könnten dynamisch angepasst und mit den jeweils für den Kunden vertragsspezifischen Konditionen ausgestattet werden, erklärt Rumpl. Die Daten werden direkt an die elektronischen Buchhaltungssysteme der Firmen übermittelt. „Wenn das nicht mehr händisch übernommen wird, spart das Zeit vor allem auf der Mitarbeiterseite.“ Fünf bis zehn Mitarbeiter, schätzt Rumpl, könnten so künftig für andere Tätigkeiten eingesetzt werden.

„Der Prozess wird komplett digitalisiert – vom Kundensystem bis hin zur Lieferung, ohne menschliche Interaktion“, erklärt Forrester-Analyst Duncan Jones die Idee solcher digitalen Lieferantennetzwerke. Bestätigungen werden beispielsweise automatisch versandt, das spart Zeit. „Sie wissen genau, dass Ihr Lieferant die Bestellung erhalten hat und darauf reagiert“, sagt Jessica Warren vom Netzwerk Hubwoo mit Sitz in Paris. Hubwoo wurde im Jahr 1999 zur Boom-Zeit des E-Commerce ins Leben gerufen – wie andere Plattformen.


Online-Shopping für die Bahnindustrie

So taten sich im Jahr 2000 namhafte Autozulieferer zusammen, um die Plattform Supply On zu gründen – vor allem, um der Einkaufsmacht der Autohersteller etwas entgegen zu setzen. „Damals waren die großen Hersteller dabei, eigene E-Commerce-Plattformen zu installieren“, erinnert sich John Sobeck, Leiter des Lieferanten-Managements bei ZF Friedrichshafen, eines der Gründungsmitglieder von Supply On.

Ursprünglich war die Plattform als übergreifender elektronischer Marktplatz für die Autozulieferer und ihre Lieferanten gedacht. 2009 kam die europäische Luft- und Raumfahrtindustrie hinzu. „Die nächste Industrie wird die europäische Bahnindustrie. Bombardier und Siemens testen bereits die Systeme“, berichtet Supply-On-Chef Markus Quicken.

Supply On ist mehr als eine Bestellplattform von Teilen für die Produktion. „Das geht von der Ausschreibung über Einkauf, über Dokumentenmanagement, Logistik, den Rechnungsprozess und das Qualitätsmanagement“, erklärt Quicken. ZF Friedrichshafen wickelt – ebenso wie andere Nutzer – über die Plattform auch ganz spezielle Entwicklungsdienstleistungen mit ihren Lieferanten ab. „Das geht vom Einzelprojekt bis hin zur Projektorganisation“, erklärt Sobeck.

Nach Einschätzung von Analysten des Marktforschers Gartner ist diese Form der Online-Zusammenarbeit noch lange nicht am Ende. Bislang seien es vor allem einzelne Arbeitsabläufe, die über die Plattformen abgewickelt würden, heißt es in der Gartner-Analyse – wie eben die Lieferantenpflege. Denkbar wären auch weitergehende Lösungen, die ganze Industrien vernetzen.

Bei Supply On geht man bereits einen Schritt weiter: Als neue Funktionalität komme gerade das Transportmanagement, „so dass wir uns auch für Spediteure öffnen“, sagt Quicken. Sie erhalten genaue Verpackungsdaten, bevor sie die Ware abholen – das spart wiederum Zeit und Missverständnisse.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%