Grüne Mode Ökostrumpfhosen aus Fischernetzen

Jahrelang haftete grüner Mode ein glanzloses Image an. Damit ist nun Schluss. Sexappeal trifft auf Nachhaltigkeit: Immer mehr Labels präsentieren Mode aus Recycling-Material, Hanf, Bio-Baumwolle oder Seide.

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Immer mehr Modefirmen arbeiten mit recycelter Kleidung, die sonst als Müll verbrannt wird oder mit Plastikmüll, der die Meere belastet. Quelle: dpa

Berlin Grüne Mode hat oft noch das Image von selbstgestrickten Textilien für etwas weltfremde Gutmenschen. Bei der Salonshow im Energieforum in Berlin ist davon nichts zu sehen. Perfekt gestylte Models laufen in eleganten, einfarbigen Wintermänteln und dazu passenden Strumpfhosen über den Laufsteg.

Das es sich um grüne Mode handelt, ist nicht zu erkennen. „Sexappeal trifft auf Nachhaltigkeit“, beschreibt es Justina Rokita, Geschäftsführerin des bayerischen Strumpfherstellers Kunert. Denn das traditionsreiche Unternehmen verwendet für seine neue Strumpfhosen ein Garn, das aus alten Fischernetzen aus dem Meer hergestellt wird. Eine ist sinniger Weise eine Netzstrumpfhose mit Naht.

Mit der neuen sogenannten Kunert Blue will sich das alte bayerische Unternehmen Kunert nach seiner Sanierung modern und nachhaltig profilieren. Es hofft auf einen Trend, auf den immer mehr Unternehmen setzen. Nachdem es Biobaumwolle von der Luxus- bis in die Discount-Textilbranche geschafft hat, arbeiten nun immer mehr Modefirmen mit recycelter Kleidung, die sonst als Müll verbrannt wird oder mit Plastikmüll, der die Meere belastet.

Kunert verwendet das Garn Econyl. Das italienische Unternehmen Aquafil stellt es aus alten Fischernetzen her, die die Meere verunreinigen, und alten Teppichen. Der Gründer und CEO Giulio Bonazzi von Aquafil hat es sich zur Aufgabe gemacht, sein Kunstgarn nachhaltiger zu produzieren. „Wir produzieren heute schon 30 Prozent unserer synthetischen Garne aus Abfallstoffen“, sagte er dem Handelsblatt in Berlin.

„In zehn Jahren wollen wir nur noch recycelte Garne verwenden“, gibt er das Ziel für Aquafil vor, das im vergangenen Jahr einen Umsatz von 500 Millionen Euro erreichte. Bonazzi beliefert bereits 90 Kunden aus der Textilbranche weltweit. Dazu gehören Firmen wie die Bademodemarke Arena von Adidas. Aber auch die Luxusmarke Gucci hat angekündigt, das grüne Garn künftig zu verwenden.   

Theoretisch gibt es weltweit genügend Abfall, der für das Garn geeinigt ist. Es muss aber das spezielle Nylon-6 sein. Das ist aber oft zusammen mit anderen Materialien verarbeitet. Bonazzi arbeitet an neuen Technologien, um Nylon-6 von anderen Beimischungen zu trennen. Außerdem gibt es bürokratische Hürden in der EU, um zum Beispiel alte Fischernetze aus Asien und anderen Teilen der Welt nach Europa zu importieren.

Das Öko-Garn ist etwas teurer als das sonst übliche in der Textilbranche. Dennoch bietet Kunert seine neue blaue Linie zum Normalpreis von 18 Euro an. „Wir wollen dem normalen Verbraucher die Chance bieten, etwas Nachhaltiges zu kaufen“, sagte Kunert-Chefin Rokita.

Die neue Linie ist gemessen am Gesamtumsatz von 40 Millionen Euro noch recht klein. „Aber wir erreichen mit ihr zum Start schon einen siebenstelligen Umsatz“, verrät die Geschäftsführerin. Sie will denn auch den grünen Bereich weiter ausbauen. So plant sie eine Herrenlinie mit Socken aus recyceltem Material.


Passende Mäntel zur Ökostrumpfhose

Auch Unternehmen, die vor allem Wert auf Bio-Produkte legen, interessieren sich inzwischen für den neuen Trend, wie Lanius. Beim Kölner Unternehmen liegen die Wurzeln zwar bei Materialien wie Hanf, Bio-Baumwolle und Seide. „Doch wir setzen auch künstliche Fasern ein wie recyceltes Polyester und nutzen dieses vornehmlich für sportliche, funktionale Kleidung“, sagt die Designerin Claudia Lanius, die zu den Öko-Strumpfhosen die passenden Mäntel liefert.

Ganz auf das Thema Recycling hat sich Bert van Son eingestellt. Der Niederländer lässt in Tunesien alte Jeans zerlegen. Daraus entsteht ein Garn, das er mit neuem mischt. Daraus entstehen dann Jeans der Amsterdamer Marke „Mud“.

„Wir wollen vermeiden, dass weiterhin Millionen Tonnen an Jeans jedes Jahr verbrannt werden“, nennt der alte Modeexperte eine Motivation für seine vor vier Jahren gegründete Firma. Nach schwierigen Anfangsjahren will er dieses Jahr „einen siebenstelligen Umsatz“ erreichen. Er verkauft die Recycle-Jeans nach eigenen Angaben im Onlineshop und in mehr als 100 Läden in 21 Ländern.

Wer will kann aus der Kollektion auch Jeans per Leasing kaufen: für eine Rate von 7,50 Euro im Monat. Nach zwölf Monaten hat er Kunde den Normalpreis von 98 Euro gezahlt. Dann können sie sich eine neue Jeans aussuchen. Van Son beobachtet, dass sich immer mehr junge Leute für das Leasing interessieren.

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