Hund, Katze, König Wer an der Haustier-Liebe der Deutschen verdient

Seite 3/3

Frisöre und Bestatter - wer noch an den Tieren verdient

Tatsächlich hört der Kult ums Tier und das Geschäft damit längst nicht mehr bei Futter, Spielzeug und Gesundheitsvorsorge auf. In anderen Bereichen fängt es erst richtig an. Zu den Gewinnern der Tier-Vernarrtheit zählen für Wirtschaftswissenschaftlerin Ohr derzeit die Dienstleister. Auf rund 700 Millionen Euro beziffert sie den Markt für Dienstleistungen für Heimtiere. Tendenz stark steigend.

Die zehn größten Tier-Mythen
Zebras haben Streifen zur TarnungWarum das Zebra Streifen hat, beschäftigt die Wissenschaft seit nahezu 150 Jahren. Dienen sie zur Tarnung vor hungrigen Löwen, die sie in der flimmernden Luft der Steppe schlechter sehen können? Verschaffen sie dem Tier Kühlung? Oder sind sie gar sexy und machen das gut gestreifte Zebra zum attraktiven Paarungspartner? Alles Quatsch, haben Forscher nun herausgefunden. Wie in der Zeitschrift "Science " berichtet wird, verschafft das Streifenmuster den Tieren einen Vorteil gegenüber anderen Pferdeartigen: Es hilft ihnen bei der Abwehr der stechwütigen Tsetse-Fliege. Die kann die tödliche Schlafkrankheit übertragen und ist dafür bekannt, es besonders auf Pferdeartige abgesehen zu haben. Laborexperimente haben gezeigt, dass die Tsetse-Fliegen gestreifte Muster meiden und bevorzugt auf einfarbigen Oberflächen landen. Ein klassischer Selektionsvorteil für das Zebra: Wer nicht gestochen wird, der bleibt gesund und kann Nachkommen mit den eigenen vorteilhaften Genen in die Welt setzen. Die nun veröffentlichte Untersuchung fand eine eindeutige geografische Überlappung der Verbreitungsgebiete der drei am intensivsten gestreiften Zebra-Arten mit den Lebensräumen der aggressiven Blutsauger. Zudem fanden die Forscher bei der Untersuchung von Tsetse-Fliegen verhältnismäßig wenig Zebra-Blut in ihnen. Die Wahrscheinlichkeit für andere Pferdeartige, gestochen zu werden, ist dort also wesentlich höher. Für alle anderen Theorien fanden die Wissenschaftler hingegen keine signifikanten Hinweise. Quelle: REUTERS
Junge Vögel darf man nicht anfassen, sonst wirft die Vogelmutter sie aus dem NestDas ist Unsinn. Begeistert sieht der Baby-Pinguin auf dem Bild sicher nicht aus - aber der Mythos, dass Jungvögel bei Fremdgeruch nach Menschen aus dem Nest gestoßen werden, ist nicht wahr. Wie der BUND aufklärt, haben die meisten Vogelarten nämlich nur einen sehr schlechten Geruchssinn. Anders sieht das bei Säugetieren aus. Trotzdem bitten Naturschützer darum, scheinbar verlassene Jungvögel am Boden nicht aufzunehmen. Denn auch wenn das Tier noch relativ schlecht befiedert aussieht und klagende Laute von sich gibt: Viele Jungvögel verlassen ihr Nest bereits, bevor ihr Gefieder vollständig ausgebildet ist. Bei dem Gepiepe handele es sich meist um Bettelrufe nach den Eltern, die sich auch wieder um ihre Jungen kümmern, sobald der Mensch sich nur weit genug entfernt. Quelle: AP
Hummeln stechen nichtEntgegen dem landläufigen Glauben haben Hummeln sehr wohl einen Stachel, mit dem sie auch zustechen, wenn sie sich bedroht fühlen, erklärt die "Aktion Hummelschutz". Allerdings haben die männlichen Exemplare keinen Stachel. Hummeln sind zudem deutlich entspannter als Wespe und Co. und stechen daher seltener. Man muss sie schon stark reizen, damit sie sich mit einem Stich zur Wehr setzen. Und bevor sie es tun, geben sie deutliche Warnzeichen: bei moderater Bedrohung hebt die Hummel das mittlere Bein hoch und streckt es dem Angreifer entgegen. Bei starker Bedrohung beginnen die Insekten sehr laut zu brummen, drehen sich auf den Rücken und strecken dem Feind ihr stachelbewehrtes Hinterteil entgegen. Das Gift der Hummel ist wie bei Biene und Co. für Allergiker problematisch, es besteht die Gefahr eines anaphylaktischen Schocks. Quelle: dpa
Elefanten haben Angst vor MäusenKommt ein Elefant in einen Computershop: "Ich hätte gerne einen PC mit viel Speicherplatz. Aber ohne Maus!" Die Legende von der Mäusephobie der Dickhäuter ist einfach nicht tot zu kriegen - dadurch ist sie aber nicht weniger falsch. Schon der berühmte Zoologe und Verhaltensforscher Bernhard Grzimek beschäftigte sich 1942 mit dem Mythos in einem Experiment. Er testete, wie Elefanten auf Mäuse reagieren, und die Dickhäuter blieben völlig entspannt, beschnüffelten sie, berührten sie mit dem Rüssel - und zerstampften sie leider auch. Von einer Mäusephobie kann also keine Rede sein. Doch so ganz unerschrocken sind Elefanten nicht. Denn Grzimek testete auch mit anderen Tieren weiter und stellte fest, dass Elefanten bei Kaninchen, Dackeln und Schweinen tatsächlich die Fassung verloren und sich trompetend in die nächste Ecke flüchteten. Warum das so ist - darauf fand der Forscher leider keine Antwort. Quelle: Fotolia
Piranhas sind blutdurstige Killerfische und fressen Menschen blitzschnell aufIm James-Bond-Thriller "Man lebt nur zweimal" wirft der Bösewicht seinen Widersacher lebendig in ein Piranha-Becken, worauf es im Wasser zu brodeln beginnt, die Bestien fallen über den Mann her. Doch die Realität sieht anders aus. Bis heute ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein lebendiger Mensch von Piranhas verspeist wurde. Menschen, die angeknabbert wurden, waren entweder vorher bereits tot, oder sie hatten Wunden - und auch hier wurden sie nicht von einer rasenden Meute bis auf die Knochen abgenagt, sondern trugen kleine Bisswunden davon. Piranhas sind in Wahrheit scheue Fische mit einem ausgeprägten Schwarmverhalten, die schnell die Flucht ergreifen. Die Fische mit dem scharfen Gebiss erfüllen aber einen guten Zweck im Amazonas: sie reinigen die Gewässer von Tierkadavern, die im Wasser treiben. So verhindern sie, dass sich gefährliche Epidemien verbreiten.Quellen: SWR, PM-Magazin Quelle: dpa
Lemminge begehen kollektiven SelbstmordEine weitere hartnäckige Legende ist, dass Lemminge sich massenweise von Klippen stürzen, wenn die Population zu groß wird. Dieser Mythos ist eine Ausgeburt eines Disney-Films: Die Dokumentation "Weiße Wildnis" aus dem Jahr 1958 beschreibt das Leben der Lemminge in der Arktis und stellt auch einen angeblichen Massenselbstmord der Nagetierchen dar. Blöd nur: 15 Jahre später enthüllte der Journalist Brian Vallee, dass die Filmemacher da ein wenig nachgeholfen hatten: Sie hatten die Lemminge gekauft, schubsten und warfen sie in den Abgrund und ließen sie im Wasser sterben - alles für Hollywood. Ein winziges Stückchen Wahrheit liegt aber in dem Mythos: Wird die Population zu groß, wandern die Tiere in Gruppen ab und suchen sich einen neuen Lebensraum - dabei gibt es naturgemäß auch Tote. Von bewusst gewähltem Selbstmord kann aber keine Rede sein. Quelle: Fotolia
Strauße stecken bei Gefahr ihren Kopf in den SandDer Verband Deutscher Zoodirektoren (VDZ) erklärt den Ursprung des Mythos: Strauße legen sich bei drohender Gefahr oder beim Schlafen ganz flach hin, so dass der Kopf aus der Entfernung nicht zu sehen ist. Auch der Tierforscher Bernhard Grzimek bringt hier mal wieder Licht ins Dunkel. In seinem Buch "Grzimeks Tierleben" beschreibt er die Angewohnheit des Laufvogels, sich "mit lang ausgestrecktem Hals flach auf der Erde" zu sitzen. Daher stamme wohl das Märchen von dem Strauß, der den Kopf in den Sand steckt und glaubt, so nicht gesehen zu werden. Kommt man ihnen zu nahe, können sie aber blitzartig aufspringen und mit ihren muskulösen Beinen mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 70 Stundenkilometern davonrasen. Quelle: AP

Etwa 80 Euro kostet allein der Tagesaufenthalt im Münchner Fünf-Sterne-Hotel Canis Ressort. Buchen Herrchen oder Frauchen noch die Trainings- und Pflege-Angebote hinzu, wird es schnell doppelt so teuer. Und auch ohne Tagesaufenthalt kostet ein Besuch beim Hundefrisör inklusive Krallenschneiden schnell 70 Euro und mehr.

Hunde als Prestigeobjekt

Wer sein Tier föhnt und zum Urlaub ins Wellness-Hotel schickt, verhätschelt und verweichlicht es schnell und kann ihm sogar schaden, warnen Tierschützer und Psychologen unisono. "Menschliche Bedürfnisse sind artspezifisch, und stehen daher mitunter sogar konträr zu dem, was gut für die Tiere ist", sagt Wechsung.

Die Psychologin sorgt sich nicht nur um die Nichtwisser, die ihre eigenen Bedürfnisse unreflektiert auf das Tier übertragen, ohne es böse zu meinen. Sondern vor allem um die, die ihr asymmetrisches Machtverhältnis zum Tier ausnutzen. "Es gibt Menschen, die egoistisch mit ihren Tieren umgehen", sagt Wechsung. Dann werde aus dem Hund schnell ein bloßes Prestigeobjekt, ein Statussymbol, mit dem man sich schmückt.

Die Rechte der Haustierhalter

Ist Bello das Strass-Halsband vermutlich noch egal, schränken Kleider und Kostümchen die Bewegungsfreiheit der Tiere ein. Parfüm und Hygiene-Artikel können dem Tier sogar gefährlich werden. Auch wenn Renate Ohr den Trend zu Premiummarken und Luxus für Haustiere bestätigen kann, die ganz bizarren Ausprägungen der Schmuck- und Luxus-Hundehalter hält die Ökonomin für eine kaufkräftige, aber kleine Gruppe.

Immer größer wird hingegen die Gruppe der Halter, die ihren Tiere auch noch nach dem Tod menschlich behandelt. Hund und Katze werden längst nicht mehr immer im eigenen Garten vergraben oder dem Tierarzt überlassen. Zu den schon etablierten Tierfriedhöfen ist ein neues Geschäftsfeld hinzugekommen. Die Zahl der offiziellen Tierbestattungen hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdreifacht. Und auch die Anzahl der Tier-Krematorien wächst rasant.

Eine einfache Internetsuche zeigt Dutzende Anbieter. Das Neusser Tierkrematorium "Im Rosengarten" zum Beispiel. Etwa 90 Euro kostet die Einzelkremierung für ein Kleintier bis zu einem Kilogramm. Für größere Hunde ab 22 Kilogramm werden 270 Euro fällig. Zusätzliche Dienstleistungen wie Abholung, Schmuckzertifikat oder die "Ascherückführung per DPD oder DHL" kosten extra.

Nach Schätzungen von Renate Ohr setzten Tierbestatter und -krematorien zuletzt 40 Millionen Euro um. Die Liebe zum Tier geht über den Tod hinaus. Das Geschäft mit ihm auch.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%