Kaiser's Tengelmann Die Friedensmission des Gerhard Schröder

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Aufbruch ins Neuland

Vor allem der Vorstoß von Amazon schreckt die Zunft. Der Internetgigant schickt sich an, mit seinem Lieferdienst Amazon Fresh den deutschen Lebensmittelmarkt zu entern. Fieberhaft rüsteten neben Rewe Branchengrößen wie Kaufland, Metro und dm jüngst ihr Digitalgeschäft auf.

Auch Edeka-Chef Mosa ist alarmiert. „Wenn Amazon einsteigt, müssen wir reagieren“, sagte er schon im Frühjahr. Doch anders als die Konkurrenz hat Edeka bis heute keinen Onlineshop für Lebensmittel gestartet. Das Problem: Das Unternehmen mit 48,4 Milliarden Euro Umsatz ist in sieben Regionalgesellschaften aufgeteilt, in denen rund 4000 selbstständige Kaufleute das Sagen haben. Eine einheitliche Lieferstruktur fehlt. Das macht den Aufbau eines zentralen Onlineshops zum Geduldsspiel. Eigentlich sollte die Tengelmann-Übernahme Abhilfe schaffen. Zum Gesamtpaket gehörte auch der Lebensmittel-Lieferdienst Bringmeister, den Edeka als Plattform nutzen wollte. Nun muss neu verhandelt werden. Das Bringmeister-Geschäft leidet bereits, entnervt haben Mitarbeiter den Dienst quittiert. Hält die Entwicklung an, kann Mosa nur noch einen Sanierungsfall kaufen.

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Doch nicht nur die digitalen Defizite muss der Edeka-Anführer beheben. Scheitert die Schlichtung und kommt es zur Zerschlagung von Kaiser’s Tengelmann kann sein Konzern zwar darauf bauen, mehr als 100 Märkte von Haubs Resterampe zu übernehmen. Schließlich hat der Tengelmann-Patron bereits angekündigt, Edeka bei kartellrechtlich unproblematischen Standorten zu bevorzugen. Doch ursprünglich war der Kauf von 451 Filialen geplant – und selbst die Komplettübernahme hätte das Kerndilemma nicht wirklich gelöst. Edeka nähert sich der Wachstumsgrenze. Zusammen mit dem konzerneigenen Billigheimer Netto Markendiscount kontrolliert die blau-gelbe Truppe ein Netz von rund 11 400 Märkten in Deutschland. Zusätzliche Läden lassen sich kaum mehr eröffnen, ohne bestehenden Filialen Kunden abzujagen.

Starke Kaufleute, schwaches Management

Jenseits der deutschen Grenzen tritt Edeka, anders als Rewe, Aldi und Lidl gar nicht an. Will Mosa weiter wachsen, muss er über kurz oder lang den Sprung ins Ausland wagen. Doch die Expedition ins stationäre Neuland ist teuer und womöglich eine Nummer zu groß.

Zumindest Caparros schürt Zweifel an der Führungscrew: Edeka sei zwar ein „super Unternehmen“, lobt er. Allerdings beruhe die Stärke „auf den Kaufleuten und nicht auf dem Management“. Das klingt nicht unbedingt nach den versöhnlichsten Tönen für eine Kompromisslösung.

Das OLG Düsseldorf hat die Ministererlaubnis für die Übernahme der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann durch Edeka gestoppt. Die Begründung ist eine Ohrfeige für Sigmar Gabriel. Der wehrt sich jetzt.
von Stephan Happel, Nora Jakob, Katja Joho
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