Kaiser’s Tengelmann Kaiser's ist bis zu 21 Prozent teurer als die Konkurrenz

Die Preise von Kaiser's Tengelmann sind nicht konkurrenzfähig. Identische Produkte gibt es bei Aldi, Lidl und dm im Schnitt 18 bis 21 Prozent günstiger. Um 14 Uhr soll es ein weiteres Spitzentreffen in Frankfurt geben.

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Quelle: dpa

Die Dose Markenkatzenfutter kostet 67 Prozent mehr als bei Wettbewerbern. Das Gläschen Babybrei übertrifft die Konkurrenzpreise schon mal um mehr als 50 Prozent. Wer sich derzeit durch eine Berliner Kaiser’s-Filiale shoppt, wähnt sich eher in einer Apotheke denn im Supermarkt. Das Unternehmen hat zahlreiche Kunden mit hohen Preisen vergrault.

Die Hängepartie bei Kaiser's Tengelmann

Dabei geht es nicht nur um ein paar versprengte Artikel in den Regalen. Vielmehr sind weite Teile des Gesamtsortiments des kriselnden Händlers, über dessen Zukunft am Freitag entschieden werden soll, schlicht zu teuer, zeigt eine exklusive Untersuchung des Berliner Preisspezialisten GKL Marketing-Marktforschung für die WirtschaftsWoche. „Die Preise von Kaiser’s Tengelmann haben sich vom Wettbewerb abgekoppelt“, konstatiert GKL-Chef Ulrich Gallinat. „Das erinnert fast schon an Schlecker.“

Laut GKL-Analyse kosten Markenartikel in Kaiser’s-Läden derzeit rund fünf Prozent mehr als bei Edeka und rund 4,6 Prozent mehr als bei Rewe. Verglichen mit den Discountern Aldi und Lidl, verkauft Kaiser’s Tengelmann identische Produkte demnach sogar 18 bis 21 Prozent teurer – im Durchschnitt.

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Für die Untersuchung haben die GKL-Experten die Preise all jener Markenartikel verglichen, die sowohl Kaiser’s als auch der jeweilige Konkurrent verkauft. Aktionsangebote und Eigenmarken blieben außen vor. Die Schnittmenge: rund 5900 Produkte bei Edeka beziehungsweise knapp 4700 bei Rewe. Bei den Discountern, die weniger Marken führen, lag die Zahl identischer Artikel bei 88 (Aldi) und 528 (Lidl).

Neben den Lebensmittelhändlern konkurriert Kaiser’s Tengelmann mit Drogerieketten wie dm. 1200 gleiche Produkte von der Dr.-Best-Zahnbürste bis zum Dove-Shampoo bieten beide Händler an, dm ist im Schnitt allerdings 19,5 Prozent billiger. Gerade im Drogeriebereich sei der Preisabstand „besonders auffällig“, sagt Gallinat. Hochpreisiges findet sich indes nicht nur in den Regalen der Berliner Läden. „In den anderen Regionen, in denen Kaiser’s Tengelmann präsent ist, sehen wir ähnliche Unterschiede“, sagt Gallinat.

Eine Unternehmenssprecherin wollte die Ergebnisse des Preisvergleichs nicht kommentieren. Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub sind die Preisprobleme seines Unternehmens aber offenkundig bewusst. „Kaiser’s Tengelmann war immer teurer als die anderen, sowohl in der Verbraucherwahrnehmung als auch in Wirklichkeit“, schrieb er im Antrag auf eine Ministererlaubnis Ende April 2015. „Aus der Sicht der Verbraucher war Kaiser’s Tengelmann faktisch eine ‚Apotheke‘, die man trotzdem ‚um die Ecke‘ aufsuchte, um kleine Einkäufe zu erledigen“, formulierte Haub darin.

Bei welchen Produkten Kaiser's Tengelmann am günstigsten ist

Seither ist der Preisabstand offenbar nochmals deutlich gestiegen. So finden sich in dem Antrag Warenkorb-Preisvergleiche zwischen Kaiser’s Tengelmann und Edeka, die ebenfalls auf GKL-Daten basieren – allerdings nur für 248 Artikel. „Dabei wurde festgestellt, dass Kaiser’s Tengelmann zwischen 2,8 Prozent und 3,7 Prozent teurer ist als Edeka“, geht aus dem Antrag auf Ministererlaubnis hervor. „Dieses höhere Preisniveau von Kaiser’s Tengelmann wird von den Kunden auch wahrgenommen und äußert sich in der entsprechenden Kundenzufriedenheit“, schrieb Haub.

Inzwischen werden weitere Folgen der verfehlten Preispolitik deutlich: „Kundenzahlen und Umsätze sinken, und das Geschäft bricht zunehmend weg“, teilte das Unternehmen jüngst mit. Haub drängt daher auf eine rasche Lösung.

Schließlich will er bereits seit zwei Jahren die Supermärkte an Branchenprimus Edeka verkaufen, weshalb er auch die Ministererlaubnis bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel beantragt hatte. Nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf die Sondergenehmigung gekippt hatte, drohten jedoch langwierige juristische Auseinandersetzungen mit den Wettbewerbern Rewe, Norma und Markant. Bis der Fall final entschieden ist, könnten Jahre vergehen. Zeit, die Kaiser’s Tengelmann nicht hat.

Bis zum kommenden Freitag wollen die beteiligten Unternehmen zusammen mit der Gewerkschaft Verdi einen letzten Versuch unternehmen, doch noch eine einvernehmliche Lösung zu finden. Scheitern die Verhandlungen, will Haub mit dem Einzelverkauf der Filialen beginnen. Dies könnte das Aus für Tausende Arbeitsplätze bedeuten.

Kurz vor dem Ende der Frist trafen sich die Beschäftigten des von der Zerschlagung bedrohten Bezirks Nordrhein gestern in Viersen zu einer Betriebsversammlung. Die 5300 Mitarbeiter der Berliner Filialen wollen sich heute treffen. Zudem gibt es Bemühungen für ein weiteres Spitzentreffen zwischen Haub, Edeka-Chef Markus Mosa, Rewe-Boss Alain Caparros sowie Markant- und Norma-Vertretern. Mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen sagten laut der Nachrichtenagentur Reuters, dass sie gegen 14 Uhr in Frankfurt Gespräche aufnehmen würden. Ob dabei eine Lösung erzielt werden kann, ist allerdings offen.

Egal, ob Edeka am Ende doch noch den Zuschlag erhält, oder die Filialen aufgeteilt werden – jeder künftige Betreiber von Standorten der Supermarktkette wird die Preise senken müssen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Für die Stammkunden von Kaiser’s Tengelmann könnte der Großeinkauf so künftig preiswerter werden.

Allenfalls für Fans mediterraner Sauerkonserven brechen harte Zeiten an: Keiner der großen Händler bietet Kapernäpfel, eingelegte Oliven im Glas und Paprika Ajvar derzeit billiger an als Kaiser’s.

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