Luxusgüter Schweizer Uhrenfirmen kämpfen sich aus dem Tief

Die Schweizer Uhrenfirmen erholen sich gerade von ihrer längsten Flaute seit Jahrzehnten. Doch Cartier, Vacheron Constantin und Co. bleiben vorsichtig. Statt Glanz herrscht in der Branche eine neue Bescheidenheit.

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Bei der Marke spiegelte sich in Genf die nüchternere Stimmung der Schweizer Uhrmacher wider. Quelle: AFP

Genf Der Stand von Cartier auf der Genfer Luxusuhrenmesse ist normalerweise voller juwelenbesetzter Zeitmesser. Kostenpunkt: 100.000 Dollar oder mehr. In diesem Jahr war alles anders: In den Vitrinen der Marke im Hauptsaal lagen vor allem Varianten eines einzigen Modells: der „Panthère“, die im Juni für bescheidene 4000 Dollar in die Läden kommt.

Damit spiegelt sich bei Cartier die nüchternere Stimmung der Schweizer Uhrmacher wider. Vacheron Constantin stellt Ladeneröffnungen zurück und streicht Stellen. Panerai verkleinert sein Vertriebsnetz um bis zu zehn Prozent. Investoren begrüßen die Maßnahmen – in der Hoffnung, dass das Schlimmste vorbei ist, haben sie Uhrenaktien dieses Jahr steigen lassen.

„Es ist alles noch sehr fragil", sagt Juan-Carlos Torres, Vorstandschef von Vacheron Constantin. „Wir sind optimistischer als letztes Jahr, aber nicht viel optimistischer.“

Die Schweizer Uhrenbranche erholt sich gerade von ihrer längsten Flaute seit den 80er-Jahren. Damals hatte die Konkurrenz durch billige Quarzuhren ihr beinahe den Garaus gemacht. In den ersten elf Monaten 2016 gingen die Schweizer Uhrenexporte um zehn Prozent zurück, die Zahlen für das gesamte Jahr werden in diese Woche erwartet.

Vor einem Jahr zitterte die Branche noch vor der Apple Watch und der Bedrohung durch Smartwatches insgesamt. Heute macht ihr Sorgen, dass die Kauflaune der Chinesen gedrückt ist, Touristen nach den Terroranschlägen einen Bogen um Frankreich machen und Unsicherheit über die Konjunktur in den USA besteht.

Parmigiani Fleurier, deren Uhren durchschnittlich etwa 30.000 Franken (umgerechnet 28.000 Euro) kosten, teilte mit, es sei zu riskant, die Jahresproduktion hochzufahren, Man wolle Stellenstreichungen vermeiden, sollte die Erholung verpuffen. Der Hersteller fertigt normalerweise höchstens 4000 Uhren pro Jahr.

„Es gibt gute Erholungsanzeichen, aber es wird nicht leicht“, sagt Flavien Gigandet, Mitglied der Geschäftsleitung von Parmigiani Fleurier. „Wir sind sehr vorsichtig mit der Anpassung der Produktion an die Nachfrage, um sicherzustellen, dass niemand das Unternehmen verlassen muss. Ich bin nicht übermäßig optimistisch.“


„Wir nähern uns einem neuen Gleichgewicht“

Die Flaute hat Richemont, Eigentümer der Marken Cartier und Vacheron Constantin, dazu veranlasst, mehr als 200 Millionen Euro auszugeben, um Ladenhüter von den Händlern zurückzukaufen. Der Schweizer Luxusgüterkonzern, der zwölf Uhrenmarken vertreibt, hatte in der Uhrenproduktion rund 200 Stellen gestrichen.

Richemont schrieb kürzlich, der Absatz von Uhren in eigenen Geschäften habe seinen Abwärtstrend beendet, nachdem eine vier Jahre währende Nachfrageflaute in China der Branche übel mitgespielt hatte. Nun wird spekuliert, dass sich der Markt erholen könnte, sobald die Verkäufe an externe Einzelhändler wieder steigen.

Mit Zurückhaltung bei der Produktion beginnen die Hersteller, sich an die niedrigere Nachfrage anzupassen, sagt Jean-Paul Jeckelmann, Investmentchef bei Banque Bonhote im schweizerischen Neuenburg. „Die Kapazitäten waren in den letzten Jahren aggressiv ausgebaut worden und müssen nun absorbiert werden“, erklärt er. „Wir nähern uns einem neuen Gleichgewicht.“

Manche Uhrenhersteller hoffen angesichts der schwachen Nachfrage in Hongkong auf die USA. Der neue US-Präsident Donald Trump könnte die Nachfrage ankurbeln, indem er die Steuern für reiche Amerikaner senkt, sagt Christophe Claret, Gründer der gleichnamigen Uhrenfirma, deren Produkte durchschnittlich 168.000 Franken kosten. Die Schweizer Uhrenexporte in die USA waren im November um elf Prozent gefallen. „In diesem Land leben die reichsten Menschen der Welt“, so Claret. „Wenn sie ihr Geld ausgeben können, dann werden sie mehr Uhren kaufen.“

Die Erholung hänge davon ab, ob es den größten Herstellern gelinge, das Überangebot an Luxusuhren einzudämmen, sagt Vanessa Monestel, Chefin von Laurent Ferrier, einer der jüngsten Marken der Branche. Seit dem Markteintritt 2010 hat der Hersteller weniger als 700 Uhren zu Preisen zwischen 50.000 Franken und 60.000 Franken verkauft. „Die große Wende sehe ich nicht, das wird dauern“, erklärt Monestel. „Aber wenn der Lagerabbau bei den größeren Marken richtig durchgeführt wurde, dann sehe ich etwas Wachstum für die Branche in diesem Jahr.“

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