Modellbahnmarken kämpfen ums Überleben Bank soll Fleischmann und Roco retten

Seit Jahren kämpfen Roco und Fleischmann ums Überleben. Nun rettet der Salzburger Raiffeisenverband die beiden traditionsreichen Modellbahnhersteller. Doch für die Firmen wird es schwer, den Kessel wieder anzuheizen.

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Die Modellbahnhersteller versuchen, den Nachwuchs mit Computern zu locken. Die meisten Kinder aber greifen lieber zu Lego oder Playmobil. Quelle: dpa

München Die meisten Modellbahnfreunde erinnern sich gerne an die unbeschwerten Tage der Jugend. Da gab es Märklin und LGB, Trix, Roco, Fleischmann und noch ein paar mehr. Jede Firma hatte ihre Fans, und die einzige Überraschung im Jahr war der Katalog mit den Neuheiten. Diese sorglosen Zeiten sind längst vorbei. In den vergangenen zwanzig Jahren mussten Hobbyeisenbahner stets zittern, ob es im Herbst überhaupt noch einen Katalog mit all den schönen Lokomotiven geben würde.

Kurz vor Beginn des wichtigen Weihnachtsgeschäfts können die Modellbahnfans zumindest etwas entspannen: Mit Roco und Fleischmann haben zwei der wichtigsten Marken einen neuen, finanzkräftigen Eigentümer bekommen. Der Raiffeisenverband Salzburg übernimmt die Modelleisenbahn Holding, die österreichische Muttergesellschaft der Firmen.

Bisher hielt der Unternehmensberater Roland Edenhofer 95 Prozent der Anteile. Diese gibt der Münchener nun an seine Hausbank ab. Gleichzeitig werde er sich aus der Geschäftsführung zurückziehen, teilte die Modelleisenbahn Holding zu Wochenbeginn mit. Der österreichische Modellbahnproduzent Roco gehörte bereits zwei Mal zu Raiffeisen.

Sowohl Roco als auch Fleischmann stecken seit langem in wirtschaftlichen Schwierigkeiten – so wie weite Teile der Modellbahnbranche. Der schwäbische Branchenführer Märklin war bereits 2009 pleite, die Wettbewerber LGB und Roco erwischte es schon ein paar Jahre davor. Fleischmann musste vor zwei Jahren Insolvenz anmelden.

Es hat seinen Grund, dass die Modellbahnmarken in den vergangenen Jahren in Schwierigkeiten geraten sind. Sie leben fast ausschließlich von älteren Männern, die seit Jahrzehnten ihr Erspartes in Halb-Null anlegen, jener Spurgröße, in der die Eisenbahnen dieser Welt auf Hobbykeller-Format geschrumpft werden. Ob Märklin oder Fleischmann, das ist für diese Leute eine Glaubensfrage und nicht bloß die Entscheidung zwischen Wechsel- und Gleichstrom.

Diese Klientel zahlt bis heute viel Geld für die detailgetreu nachgebildeten Lokomotiven. Doch die angestammte Kundschaft reicht für die Hersteller nicht mehr aus, um langfristig zu überleben. Kinder begeistern sich viel eher für Lego, Playmobil oder Carrera als für Schnellzüge und Güterwagen.

Märklin gehört inzwischen dem Spielwarenfabrikanten Michael Sieber. Der Eigentümer der Fürther Simba-Dickie-Gruppe verdient sein Geld mit Rutschautos, ferngesteuerten Fahrzeugen, Puppen und Brettspielen. Der Franke hat schon öfter bewiesen, dass er darbende Marken aufrichten kann. Außerdem hat er genügend Mittel, um Märklin langfristig wiederzubeleben.

Die Modelleisen Holding mit rund 750 Mitarbeitern hatte nach der Insolvenz von Fleischmann 2015 einen Neustart versucht. Um die Kosten zu drücken, lässt das Unternehmen inzwischen einfachere Bauteile in einem neuen Werk in Vietnam produzieren. Im Geschäftsjahr 2016 hatte die Salzburger Firma mit ihren beiden Marken den Umsatz um rund vier Prozent auf 49 Millionen Euro gesteigert, aber operativ weiter Verluste verbucht.

Nun liegt es an den Raiffeisen-Bankern, den Kessel wieder anzuheizen. Das dürfte nicht leicht werden. An diesem Dienstag hat die Nürnberger Spielwarenmesse die Branchentrends fürs kommende Jahr veröffentlicht. Von Modellbahnen ist dabei nicht die Rede.

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