Obstproduktion "Es ist Luxus, in Europa Bananen zu haben"

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"Die Ausbreitung des Pilzes muss verlangsamt werden"

Woran lässt sich das ablesen?
Safra ist wie gesagt eine Bank. Und die Familie Cutrale ist sehr erfolgreich im Geschäft mit Orangensaft. Sie ist einer der größten Saftproduzenten weltweit, besitzt Know-How im Anbau von Zitrusfrüchten. Ihre Philosophie ist ziemlich simpel: Sie wollen die besten Produkte in ihren jeweiligen Kategorien produzieren. Um der Beste im Geschäft mit Bananen zu sein, muss man einen etwas weiteren Blick auf die Welt werfen.

Warum?
Es gibt nicht viele Länder, in denen eine Frucht produziert wird, die genutzt wird, um große Teile der eigenen Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Die meisten Orangen werden zwar lokal konsumiert, aber der Saft wird weltweit exportiert. Bei Bananen ist das anders. Die Bananenindustrie ist gigantisch. Von Indonesien, China, Indien bis nach Brasilien. Diese Länder sind die größten Bananen-Produzenten. Aber sie exportieren sie nicht. Wenn wir in Europa oder Nordamerika über den Bananen-Markt sprechen, dann blicken wir darauf ein wenig wie eine dekadente Gesellschaft: Eine tropische Frucht, die dafür sehr weit gereist ist, in einem Land zu essen, das selber nicht tropisch ist: das ist fast Luxus. Es sind lediglich 15 Prozent aller Bananen, die von Unternehmen wie Chiquita oder Del Monte exportiert und weltweit gehandelt werden.

Was bedeutet das für Ihr Geschäft?
Der Pflanzenschutz beispielsweise, insbesondere gegen den Pilz TR4, der eine gesamte Industrie bedrohen könnte, ist eigentlich nicht wirklich ein Problem des Westens. Es wäre bedauerlich, wenn es in Deutschland keine Bananen mehr gäbe. Ja. Aber es wäre ein Katastrophe für Länder wie Indien, Indonesien und viele Nationen in Afrika. Dort ist das Produkt nötig, um die Bevölkerung zu ernähren. Deswegen ist unsere Philosophie, dass wir alles was wir tun, um die Produktion zu schützen, für alle Bananenproduzenten tun.

Was können Sie denn gegen den Erreger TR4 tun, der die Sorte Cavendish bedroht? Sie macht immerhin 95 Prozent der weltweit angebauten Bananen aus.
Drei Wege werden untersucht: Den Pilz zu bekämpfen, seine Ausbreitung zu verhindern oder eine andere Sorte zu züchten. Was auch immer wir dazu beitragen, wir teilen es mit Allen. Wir werden eine Lösung, falls wir sie selber finden, nicht exklusiv für unseren kommerziellen Gewinn nutzen, sondern helfen, dass weltweit die Zucht von Bananen nicht gefährdet wird. Was für die gesamte Industrie gut ist, ist gut für Chiquita. Andere Unternehmen haben da eine andere Position.

Was ist so schwierig daran, eine neue Bananen-Sorte zu züchten? Von Himbeeren beispielsweise sind heute, anders als vor 30 Jahren, Züchtungen am Markt, die es erlauben große, gleichmäßige, wohlschmeckende Früchte auch im Winter weltweit auszuliefern?
Die Himbeere ist ein schönes Beispiel. Dahinter steckt ein sehr gutes Unternehmen, das viel Zeit und Arbeit investiert hat, die Himbeere haltbarer und unempfindlicher zu machen für ihren Weg, etwa von Tunesien nach Deutschland. Das hat Jahre gedauert.

Die Bedrohung durch TR4 ist nur schon länger bekannt. Mindestens so lange, wie die Himbeere gebraucht hat, um Fernreisen zu überstehen.
Vergessen Sie nicht: die Banane ist kein Baum, sie ist botanisch ein Kraut aus der Klasse der Bedecktsamer. Es ist sehr schwierig, eine neue Sorte zu finden, die resistent ist und alle anderen Anforderungen an die Pflanze erfüllt. Viele versuchen es. Es gibt sehr viele Bananen-Sorten, aber das Besondere an der Cavendish ist, dass sie in den Tropen wächst, dann gekühlt über mehr oder minder jede Entfernung transportiert werden kann - und schließlich im Land der Bestimmung gereift werden kann.

Gentechnologie wäre eine Hilfe?
Ja, aber das lehnen wir als Chiquita ab. Der Kunde möchte keine gentechnisch veränderten Früchte.

Das klingt alles wenig optimistisch.
Wir sind umsichtig, aber nicht nervös. Und wenn Sie mich fragen, ob es in zehn Jahren noch Bananen gibt, sage ich eindeutig: Ja, es wird welche geben.

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