Schuhe, Bücher, ein neuer Fernseher - alles nur einen Klick entfernt. Die Deutschen kaufen immer häufiger online ein. Laut dem Center für Retail Research wuchs der Markt gegenüber dem Vorjahr um mehr als 20 Prozent. Experten gehen davon aus, dass das Wachstum anhalten wird, da Kunden immer mehr Wert auf Bequemlichkeit legen.
Am Wachstum teilzuhaben ist für Händler allerdings kein Selbstläufer: „Einzelhändler müssen sich darauf konzentrieren, das Serviceniveau für Online-Shopper zu steigern", sagt JDA-Retailexperte Dirk Homberg. "Verbraucher erwarten einen reibungslosen Bestellungsprozess inklusive unproblematischer Zustellung. Der Wettbewerb wird sich an diesem Punkt weiter verschärfen“, prognostiziert er. Wer all das nicht bietet, riskiert, Kunden zu verlieren.
Laut dem JDA Customer Pulse Report 2016, der der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt, hatte allein in den vergangenen zwölf Monaten jeder Zweite der mehr als 2000 Befragten Probleme mit einer Online-Bestellung.
Welche Probleme beim Online-Kauf auftreten
… beklagen, dass sie nie einen Artikel erhalten haben, obwohl der Händler sagt, die Ware wurde ausgeliefert. Auch die Zahl hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht geändert.
… haben den Artikel, den sie bestellt haben, nie erhalten. 2015 waren das noch 26 Prozent.
… wurde ein falscher Artikel zugeschickt. Keine Veränderung gegenüber 2015.
… haben einen beschädigten Artikel erhalten. Gegenüber 2015 ist das ein Zuwachs von zwei Prozentpunkten.
… beschweren sich darüber, dass sie eine Information über eine verpasste Lieferung erhalten haben, obwohl sie daheim waren. 2015 waren es noch 45 Prozent.
… monieren eine verspätete Lieferung – im Vorjahr waren es genau so viele.
Die Autoren führen das zum einem darauf zurück, dass die Zahl der Bestellungen gestiegen ist. Trotzdem ist der Anteil an unzufriedenen Kunden aus ihrer Sicht enttäuschend. Zumal einige der Probleme, die beim Kauf auftreten, ohne weiteres verhindert werden könnten. Etwa die Lieferung falscher Artikel. Solche Probleme monierte immerhin fast jeder fünfte Onlinekäufer.
Bei der Frage, wer verantwortlich für etwaige Lieferprobleme ist, sind sich die Befragten uneins: 50 Prozent sehen die Verantwortung beim Händler, 40 Prozent beim Lieferunternehmen.
Erfreulich für den Handel: 58 Prozent sind der Ansicht, Lieferprobleme wurden gut gelöst – allerdings sagt auch fast jeder Dritte, dass der Umgang mit dem Problem unangemessen und die Lösung unbefriedigend gewesen sei.
In Anbetracht der Tatsache, dass 60 Prozent der Befragten angaben, bei schlechten Erfahrungen den Anbieter zu wechseln, sollten sich Online-Händler darüber durchaus Gedanken machen.
Click & Collect wird immer beliebter
Einzelhändler, die erwägen, Gebühren für bestimmte Bestelloptionen einzuführen oder vorhandene Gebühren zu erhöhen, haben Grund zu Erleichterung: Nur 55 Prozent der deutschen Kunden sind der Meinung, dass Standardlieferungen kostenlos sein sollten.
40 Prozent sagten, sie seien bereit, bei einem Mindestbestellwert für eine kostenlose Lieferung mehr einzukaufen, um diesen Wert zu erreichen. Allerdings gaben auch 54 Prozent an, in diesem Fall einfach woanders einzukaufen.
„Den Mindestbestellwert anzuheben und Click & Collect-Gebühren zu verlangen, ist eine große Versuchung für Händler, wenn es darum geht, die eigene Profitabilität zu steigern“, sagt Homberg. „Im Auge behalten sollte man aber, dass verschiedene Kundengruppen auf solche Einschränkungen höchst unterschiedlich reagieren.“
Click & Collect wächst stetig
Click & Collect-Angebote erfreuen sich laut Befragung zunehmender Beliebtheit. Haben 2015 noch 23 Prozent online bestellt und die Ware im Geschäft abgeholt, waren es in diesem Jahr schon 33 Prozent. Je ein Drittel derer, die auf Click & Collect zurückgriffen, begründeten das damit, Kosten für eine Lieferung vermeiden zu wollen; genau so vielen war die größere Bequemlichkeit wichtig.
Probleme mit Click & Collect
… gaben an, der Artikel, den sie erhielten, war beschädigt.
… erhielten den falschen Artikel.
… hatten ein Problem damit, dass sie die Ware nicht in ihrer bevorzugten Filiale abholen konnten, sondern eine andere aufsuchen mussten.
… monierten, der Händler habe erst nach der Bestellung mitgeteilt, dass der Artikel nicht mehr erhältlich ist.
… gaben an, das Personal sei nicht in der Lage gewesen, die Bestellung zu finden.
… vermissten einen speziellen Bereich, in dem sie Click & Collect-Käufe abholen konnten.
… mussten lange Wartezeiten hinnehmen, da es im Geschäft am Personal mangelte.
Mit der steigenden Beliebtheit treten allerdings auch zusätzliche Probleme auf. So monierten zwei Drittel der Befragten Schwierigkeiten beim Service. 2015 war es noch die Hälfte. Gerade wegen der Zunahme von Problemen ist für Kunden eine unkomplizierte Rücknahme des Artikels durch den Händler ein entscheidendes Kriterium zur Wahl des Shops – das gaben 78 Prozent an. Nur 16 Prozent der Befragten war die Rücknahme egal.
Beruhigend für die Händler, deren Gewinne durch Retouren schrumpfen: Jeder vierte Kunde sendet keine Waren zurück, die er online gekauft hat, 33 Prozent schicken bis zu zwei Artikel zurück, 32 Prozent mehr als drei – davon wiederum nur vier Prozent mehr als zehn Artikel.
Warum Kunden Pakete zurücksenden
… kauften Artikel bei einer Werbeaktion, stellten dann aber fest, dass sie sie nicht brauchen.
… haben mehrere Alternativen bestellt, um die, die nicht gefallen zurückzuschicken.
… greifen auf Retouren zurück, weil die Artikel, die sie erhielten, defekt waren.
… schicken Artikel zurück an den Händler, weil sie nicht ihren Vorstellungen entsprechen.
Die Autoren regen deswegen an, diejenigen, die häufig Waren zurücksenden, zu identifizieren und ihnen die Retouren in Rechnung zu stellen oder eine Obergrenze für Rücksendungen einzuführen.
Die Händler selbst können zudem aktiv die Zahl der Retouren reduzieren: „Angesichts der ökonomischen Bedeutung ist es erstaunlich, dass viele Händler ihre Produkte online nicht umfassender und präziser beschreiben und aussagekräftigere Bilder verwenden“, sagt Homberg. Laut Umfrage senden nämlich 51 Prozent der Käufer Artikel zurück, weil sie nicht ihren Erwartungen entsprechen.