Der Jurist Christopher Seagon soll als vorläufige Insolvenzverwalter bei der gestrauchelten Baumarktkette Praktiker retten was zu retten ist. Die Holdinggesellschaft der Baumarktkette und zahlreiche Tochergesellschaften haben beim Amtsgericht Hamburg Insolvenz angemeldet. Seagon gilt als einer der profiliertesten Insolvenzverwalter und Treuhänder in Deutschland. Er ist seit 1996 Partner bei der Kanzlei Wellensiek und regelmäßig mit Sanierungsfragen befasst. Seagon wurde bereits in zahlreichen prominenten Verfahren bestellt - etwa als Insolvenzverwalter des World Conference Center Bonn, des Autozulieferers Meteor und des Solarzulieferers SiC Processing.
Die beliebtesten Baumärkte
Experten sind sich weitgehend einig: In Deutschland gibt es schlichtweg zu viele Baumärkte. Unter diesen Bedingungen ist der Preiskampf hoch und die Margen gering. Es folgt eine Übersicht über die beliebtesten Baumärkte.
Auf Rang zehn liegt Marktkauf. 3,2 Prozent der befragten Deutschen gaben an, 2010 dort eingekauft zu haben. 32,7 Prozent der 23.000 Befragten gaben übrigens an, gar keinen Baumarkt besucht zu haben.
Auf Platz 9 landet Hellweg Baumarkt mit 3,7 Prozent.
Die Globus-Kette steht auf Rang acht: 4,6 Prozent der Befragten gaben an, hier eingekauft zu haben.
Max Bahr rangiert auf dem sechsten Platz mit einem Anteil von 5,5 Prozent.
Nicht unter den Top-Five steht Bauhaus, nämlich nur auf Rang sechs. Mit 9,3 Prozent liegt die Kette nur knapp hinter ...
... Hornbach. Die auch durch intensive TV-Werbung recht bekannte Kette kommt auf zehn Prozent.
Knapp davor rangiert mit 10,4 Prozent Hagebaumarkt.
Etwas überraschend liegen die Baumärkte von Toom vor der Konkurrenz von Hagebaumarkt und Hornbach. Allerdings nur knapp: 10,6 Prozent der Befragten gehen hier gern shoppen.
Mit deutlichem Abstand liegen die beiden Dickschiffe der Branche vorne. Die Silbermedaille geht an Praktiker. Die Kette befindet sich in einem umfangreichen Umbauprozess und musste dabei so manchen Rückschlag einstecken. 20,8 Prozent der Deutschen waren 2010 in einem der blau-gelben Märkte.
Branchenführer im Hinblick auf die Beliebtheit ist Obi. Der Wert liegt bei 26,3 Prozent.
Bei seiner Aufgabe kann sich Seagon auf erste Vorbereitungen von Helmut Balthasar, Partner der Kölner Insolvenzkanzlei Görg stützen. Balthasar hatte den Praktiker-Vorstand in den vergangenen Monaten insolvenzrechtlich beraten und dem Management auch die Grenze aufgezeigt, ab der ein Insolvenzantrag unausweichlich wurde. Als in den vergangenen Tagen eine neue Finanzsspritze für den seit Jahren angezählten Konzern scheiterte, war es soweit. Dem Vernehmen nach gab es zuvor allerdings erhelbliche Auseinandersetzungen zwischen Balthasar und dem Praktiker-Aufsichtsratschef Erhard Grossnigg. Kurz vor Antragstellung habe der Aufsichtsratschef den Berater wechseln wollen, heißt es in Verwalterkreisen.
Erwartet wird nun, dass sich Seagon einen ersten Überblick über die Situation verschafft und die Mitarbeiter über das weitere Vorgehen informiert. Anschließend dürften Verhandlungen über einen so genannten Massekredit anlaufen, um - wenn möglich - eine Beliefereung von Praktiker durch die Lieferanten zu gewährleisten. Zudem muss sich Seagon um die Vorfinanzierung des Insolvenzausfallgedldes kümmern. Parallel zu diesen eher technischen Abläufen muss Seagon die Möglichkeiten für eine Weiterführung der Kette ausloten und klären, ob Gläubiger oder Investoren bereit sind, Praktiker zu übernehmen. Parallel dürfte der Verkauf der ausländischen Tochtergesellschaften forciert werden. Dass Praktiker in seiner heutigen Form überlebt, gilt als äußerst unwahrscheinlich, zumal einzelne Gläubiger auf eine separtate Verwertung der Praktiker-Schwestermarke Max Bahr drängen dürften.
Die profitablen Bestandsmmärkte von Max Bahr dienen als Sicherheit für Kredite über 75 Millionen Euro, die von der österreichischen Raiffeisen International, der Commerzbank, der Royal Bank of Scotland und anderen Banken ausgereicht worden waren. Ob Seagon Möglichkeiten findet, die damals gewählte Konstruktion insolvenzrechtlich anzugreifen kann, dürfte zu einer der spannendsten Fragen des Verfahrens werden.
Gläubiger einer Praktiker-Anleihe über 250 Millionen Euro, die völlig leer auszugehen drohen, zielen bereits in diese Richtung. Max Bahr dürfe nicht an die Banken gehen, forderte deren Vertreter Ingo Scholz. Der Insolvenzverwalter müsse das prüfen. "Wir haben Zweifel, ob das Sanierungskonzept überhaupt tragfähig war."