Saunabranche setzt auf Luxus Goldener Aufguss

Ob klein, groß, Fichte oder Edelholz – mit oder ohne Glasfront: Saunahersteller haben für ihre Kunden immer mehr Luxus im Angebot. Die Schwitzräume sind ein einträgliches Geschäft für Mittelständler.

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„Eine Sauna kauft man in der Regel nur einmal in seinem Leben – und nutzt sie zu Hause bis zum Auszug ins Altersheim“, sagt Firmenchef hat Stefan Schöllhammer. Quelle: dpa

Schwäbisch Hall Für einen Firmenchef hat Stefan Schöllhammer ein ungewöhnliches Verhältnis zu seiner Kundschaft. Die meisten Kunden kämen nur ein einziges Mal – „und dann nie wieder“, sagt er. An solch einer Kundenbeziehung gingen Unternehmen normalerweise pleite. Schöllhammer, Chef von Deutschlands größtem Saunabauer Klafs, freut sich hingegen über brummende Geschäfte. Der 59-Jährige steht im Showroom seiner Firma in Schwäbisch Hall und zeigt ein Dutzend Schwitzräume: klein, groß, in Fichte oder Edelholz, mit oder ohne Glasfront. „Eine Sauna kauft man in der Regel nur einmal in seinem Leben – und nutzt sie zu Hause bis zum Auszug ins Altersheim.“ Rein betriebswirtschaftlich habe die Branche dadurch natürliche Grenzen. „Bei Küchen oder Autos wollen die Menschen nach einem gewissen Zeitraum ein neues Produkt, um mit der Mode mitzugehen.“ Derlei Umsatzperspektiven habe seine Branche nicht.

Deutschland hat etwa ein Dutzend Saunabauer mit je über 20 Mitarbeitern, darunter Nordö und Jockers aus Rheinland-Pfalz. Hinzu kommen noch zahlreiche kleinere Betriebe – viele Tischlereien und Schreinerwerkstätten bieten im Nebengeschäft die Schwitzkästen an. Mit weitem Abstand der Branchenprimus ist Klafs. Mit ihren 750 Mitarbeitern kam die Firma 2016 nach eigenen Angaben auf etwa 104 Millionen Euro Umsatz, das war ein Plus von vier Prozent. Der Anteil der im Inland verkauften Schwitzräume lag bei etwa 40 Prozent.

Ein anderer Branchenexperte ist Hans-Jürgen Gensow, Sprecher vom Deutschen Sauna-Bund in Bielefeld – einer Interessengemeinschaft von Herstellern, Händlern und Endkunden-Anbietern, also Bädern. „Deutschland ist nicht nur Fußball-Weltmeister, wir sind auch Sauna-Weltmeister“, sagt der Verbandsvertreter. 31 Millionen Saunagänger soll es in Deutschland geben.

Wer nun denkt, Sauna sei gleich Sauna – eben ein Holzraum zum Schwitzen – , der erntet Kopfschütteln in der Branche. Diese Zeiten seien längst vorbei. „Früher gab es nur einen typischen Saunaraum, heute gibt es ganz viele verschiedene Varianten“, sagt Gensow.

Die Hersteller wollten einer veränderten Nachfrage begegnen. „Die Saunagäste sind anspruchsvoller geworden und wollen mehr geboten bekommen.“ In Wellness-Anlagen gibt es neben der klassischen Finnischen Sauna mit Fichtenholz längst auch Räume mit anderen Holzverkleidungen, mit großen Glasfronten oder Natursteinen.

Als neue Errungenschaft stellt Klafs eine Schrank-Sauna mit Ziehharmonika-Prinzip vor. Verschiedene Bauteile sind ineinander verschachtelt, auf Knopfdruck bewegen sich eine Außenwand und die Seiten, der Schrank wird zur normal nutzbaren Sauna. Damit reagiert Klafs auf ein Problem, das die ganze Branche betrifft: Platzmangel.

Mieten und Immobilienpreise in Ballungszentren seien in den vergangenen Jahrzehnten nun einmal rasant gestiegen, erklärt Schöllhammer. „Früher war ein Raum im Keller als Sauna-Ort fast schon selbstverständlich – selbst für junge Familien.“


Was Kunden für eine Sauna bezahlen

Das Einfamilienhaus – oder besser gesagt der Kellerraum – sei für Saunabauer die Basis für Geschäfte. Heute hätten aber weniger Menschen einen Keller – und wenn, dann bisweilen nicht groß genug für eine Sauna. „Unsere Basis ist kleiner geworden“, sagt der Klafs-Chef.

Dennoch trüben sich die Geschäftsaussichten nicht ein. Im Gegenteil: Trotz insgesamt sinkender Stückzahlen geht es aufwärts. Die Kunden seien bereit, deutlich tiefer in die Tasche zu greifen als früher. Laut einer Statistik mit Zahlen von den größeren deutschen Saunabauern – also den etwa einem Dutzend Firmen mit mehr als 20 Mitarbeitern – wurden die Schwitzräume zuletzt teurer. Waren es 2013 rund 5.800 Euro pro Sauna (inklusive Mehrwertsteuer), lag der Schnitt 2016 bei 6.500 Euro. Seit 2001 ging die Zahl verkaufter Saunas um etwa ein Viertel runter, von circa 20.000 auf 15.000 pro Jahr.

Während Privatkunden Saunas eben nicht mehr im Keller „verstecken“ wollten, verlangten sie inzwischen nach einem gut designten Wohnungsgegenstand mit Multifunktion, nutzbar als Sauna, Sanarium - einem Schwitzraum mit niedrigeren Temperaturen - und zur Behandlung mit Infrarotlicht. Öffentliche Badeanstalten und Wellness-Anlagen wollten auch keine Standardware, sondern ausgefallene Schwitzräume.

Den Trend zum anspruchsvolleren Designobjekt bestätigt auch Ulrich Müther, Chef des westfälischen Familienbetriebs Müther aus Haltern am See. „Die Produkt-Wertigkeit hat sich geändert – früher haben wir 200 Saunas pro Jahr für jeweils etwa 3.000 Euro verkauft, inzwischen sind es 200 für 8.000 bis 10.000 Euro.“

Die Bauten seien deutlich aufwendiger. „Früher waren es einfache „Kisten“, heute sind es individuelle Anfertigungen mit besonderen Einbauten.“ Leuchtelemente, Steinwände und sogar ein chinesisches Tempelbild habe er schon eingebaut.

Positiv ausgewirkt hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine steigende Nachfrage durch Hotels für neue Wellness-Bereiche und von Fitness-Studios. Indes hat das Wachstumspotenzial für die Hersteller aus Sicht von Sauna-Bund-Vertreter Gensow Grenzen: „Es ist eine gewisse Marktsättigung da.“ Das sei beim hohen Saunanutzer-Level fast zwangsläufig: 1,7 Millionen Saunas soll es in Deutschland geben.

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