Es war ein guter Deal für beide Seiten. Seit 2012 produziert das Label manomama Pfandtaschen aus Baumwolle für dm. Die Drogeriemarktkette bot die Taschen für zwei Euro an. Ging ein Beutel kaputt, oder brauchte ein Kunde ihn nicht mehr, gab es das Geld zurück.
Das Modeunternehmen aus Augsburg wirbt damit, dass die Taschen zu hundert Prozent aus ökologischen Materialien hergestellt werden. Zudem beschäftigt die Firma nach eigenen Angaben vor allem Angestellte, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Chancen hätten. Und zahlt immerhin zehn Euro die Stunde.
Dm-Taschen aus Indien
Für manomama war es der große Durchbruch. Seitdem ist die kleine Näherei zum Modehersteller mit mehr als 100 Mitarbeitern aufgestiegen. Die Drogeriemarktkette dm konnte sich als fortschrittlich und nachhaltigkeitsbewusst präsentieren und die Etiketten am Baumwollbeutel mit den Worten „Sozial, 100 % bio und aus der Region“ schmücken.
Und auch bei den Kunden selbst kam die Tasche gut an. Sie sei „sehr geschätzt“ heißt es von dm. Doch jetzt fühlen sich manche Kunden verraten: Eine Bloggerin machte öffentlich, dass die dm-Taschen nicht mehr nur von manomama in Augsburg hergestellt werden. Sondern offenbar auch von einem Hersteller aus Indien. In den sozialen Netzwerken sorgt der Fall für Aufregung. Auf Twitter ist aus der Empörung Einzelner bereits das Hashtag #taschengate geboren.
Was Kunden an dm schätzen
Neben dem Sortiment und der Warenpräsentation schätzen Kunden an dm die freundliche Einkaufsatmosphäre.
Positiv wahrgenommen wird aber auch das mitarbeiterfreundliche Credo.
Das Bekenntnis zur gesamtgesellschaftlichen Verantwortung (und sichtbare Beweise dafür) werden ebenso geschätzt, ...
...wie die Stimmigkeit von "innen" und "außen".
Eine große Rolle spielt außerdem die Identifikationsmöglichkeit durch einen charismatischen Unternehmenslenker.
Genauso schätzen die Kunden die eindeutige Abgrenzung von Wettbewerbern mit einer Kultur nüchterner Kostenoptimierung.
(Quelle: Hermann H. Wala, Meine Marke - Was Unternehmen authentisch, unverwechselbar und langfristig erfolgreich macht)
Was die Kunden am meisten ärgert: Die Tasche aus Indien sind von den Produkten aus Augsburg auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden. Das Design der Taschen ist bis auf einen kleinen Größenunterschied und einige Details identisch. Nur ein anderes Etikett weist aus, dass der Beutel nicht mehr „regional“ sondern „Made in India“ ist.
Die Kunden befürchten, dass die hohen Standards und Qualitätsansprüche, die sich manomama auferlegt hat, durch indische Billigprodukte ersetzt werden. Im Gegensatz zu den Augsburger Taschen ist es bei denen aus Indien zudem nicht mehr möglich, das Pfand zurückzubekommen. Es gibt bei Rückgabe bestenfalls eine neue Tasche.
Nicht mehr "regional" sondern "Made in India"
Auf Nachfrage von WirtschaftsWoche Online zu den Gründen für die Wahl des Herstellers und den Produktionsbedingungen reagierte das Unternehmen mit einer Standardantwort. Man beziehe die dm-Taschen weiterhin auch bei manomama, heißt es darin. „Denn wir legen Wert darauf, dass die Produktion bei manomama fortgeführt werden kann, weil Produktionsbedingungen und Qualität unseren Anforderungen entsprechen.“
Trotzdem aber seien – neben der Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland – weitere Aspekte zu berücksichtigen. Dm will auch den Standort Indien stärken und bei der Entwicklung helfen. „Es ist uns ein Anliegen, den Menschen in Indien nicht nur den Auftrag zu geben, Baumwolle zu pflücken, sondern auch in Eigenregie die Fertigung der Waren durchzuführen, die hier in Europa benötigt werden“, heißt es im Statement.
Die Sorge, dass die in der "T-Shirt-City" genannten und von Menschrechtsorganisationen immer wieder kritisierten Stadt Tirrpur produzierten Waren den Standard der manomama-Taschen nicht erfüllen könnten, teilt dm offenbar nicht.
Die in Indien produzierten Taschen trügen schließlich das GOTS-Siegel, das nur an Produkte vergeben wird, deren Produktion "höchsten ökologischen und sozialen Kriterien“ gerecht werde. „Das erscheint uns im Zuge einer globalen Arbeitsteilung zukunftsfähig und richtig“, so das Statement. Dass sich die beiden Taschen so ähnelten, habe einen einfachen Grund: Das aktuelle Design sei bei den Kunden einfach „am beliebtesten“.
Dass diese Antwort die erregten Kundengemüter beruhigen wird, ist unwahrscheinlich. Und ohnehin scheint es bei Kommunikation rund um das Produkt erhebliche Probleme gegeben zu haben. Denn auch die Chefin von manomama, Sina Trinkwalder, war offenbar nicht darüber informiert, dass dm einen zusätzlichen Hersteller mit ins Boot geholt hat.
Trinkwalder schreibt auf der Facebook-Seite des Modelabeles: „Fakt ist, dass ich gestern zum ersten Mal die rote Tasche bei Mamamiez auf einem Instagram-Foto gesehen habe. Erst beim zweiten Blick sah ich, dass diese nicht von uns ist, weil die Riegel anders sind.“ Mehr will die Unternehmensgründerin erst nach Gesprächen mit dm sagen.