Handelskonzern Geheimplan soll Metro die Wende bringen

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Sparten-Spitznahme: Crash & Carry

metroreich

Das vergangene Jahr mag er gerettet haben. Dass ihm dies auch 2009 gelingt, bezweifeln Insider und spötteln über den neuen Spitznamen der Sparte: Crash&Carry. Tatsächlich werden die kommenden Monate hart. Die Konjunktur lahmt, und die Sparmaßnahmen sind ausgereizt. „Wir arbeiten am Limit“, sagen Mitarbeiter. Mitunter würden sich sogar Lücken im Sortiment auftun. Nicht, weil sich die Ware so gut verkauft, sondern weil „die Leute schon im normalen Geschäft mit dem Ausräumen und Auffüllen der Regale kaum nachkommen“, erzählt ein Angestellter.

Auch der Führungsspitze dürften die Probleme vertraut sein. Nicht ohne Grund fordert Fraszczak in seinem Strategiepapier die „Verbesserung von Effizienz und Kundenorientierung in den Märkten (zum Beispiel Warenverfügbarkeit)“. Ob daraus etwas wird, ist allerdings fraglich. Im Oktober erhielten die deutschen C&C-Mitarbeiter einen Brief, in dem ihr Arbeitgeber „noch härtere Einschnitte“ ankündigte. „Mehrere Hundert“ Arbeitsplätze würden wegfallen, hieß es. Tatsächlich kappt das Unternehmen rund 1100 Vollzeitstellen. Keiner der großen Märkte bleibt verschont. Spätestens bis zum Sommer soll der Personalabbau durch sein, heißt es intern. Dann, so prophezeit ein Betriebsrat, „herrscht hier richtig Chaos“.

Am Düsseldorfer Rheinufer, in der Meerbar, wo Metro-Mann Schimanski gerade Doraden, Thunfisch und Champagner angeliefert hat, macht sich Küchenchef Stefan Honnen bereit für den Mittagsansturm. Jede Woche ordert er Ware für rund 5000 Euro, und insgesamt sei er zufrieden mit dem Zustellservice, sagt Honnen während er einen St. Pierre – einen Petersfisch – zerteilt. „Die Metro musste das machen“, sagt Honnen. „Ich hätte jetzt nicht die Zeit, zum Markt zu fahren, durch die Gänge zu schlendern, an der Kasse zu warten und die Ware dann ins Restaurant zu schleppen.“ Wie Honnen geht es den meisten Köchen, Hotelmanagern, Caterern und vielen Kioskbetreibern.

Lieferservice bei Metro startet erst jetzt flächendeckend

Umso erstaunlicher ist es, dass der Konzern den Lieferservice erst jetzt flächendeckend startet. Seit Jahren fahren Lkws des Kölner C&C-Konkurrenten Rewe zu den Großkunden. „Wir rollen Ihnen den Einkaufswagen bis vor die Tür“, wirbt der Hamburger Lebensmittelriese Edeka für seinen Zustellservice. Der Markt ist verteilt – auch dank freundlicher Unterstützung aus Düsseldorf. 1997 reichte der damalige Konzernchef Wolfgang Urban die Metro-Tochter BLV-Großverbraucher Service an Rewe weiter. Zwölf Jahre danach beginnt Metro von vorn, in einem Geschäft, in dem sich neben den großen Playern auch etliche Spezialanbieter tummeln wie Deutsche See oder das zum Oetker-Konzern gehörende Frischeparadies. Die Belieferung von Kiosken und Tankstellen ist in der Hand des Dienstleisters Lekkerland aus Frechen.

Und auch „in der Hotellerie hat niemand auf Metro gewartet“, sagt Thomas Schlieper vom Münchner Beratungsunternehmen Treugast. Hinzu kommt: „Die traditionellen deutschen Restaurants gibt es kaum noch“, sagt der Bonner Wirtschaftsprofessor und Handelsexperte Thomas Roeb. Viel wichtiger seien inzwischen türkische oder chinesische Anbieter. „Aber diese Gruppen haben ihre eigenen ethnischen Großhändler“ sagt Roeb, „dagegen konnte sich Metro nicht durchsetzen.“

Ausgerechnet bei den früheren Kernkunden hat Metro inzwischen einen schweren Stand. Das mag auch daran liegen, dass ihnen das vermeintliche Schnäppchenparadies zu teuer ist. Zwar hat das Unternehmen seit Oktober die Preise für viele Produkte schon aggressiv gesenkt. Doch vor allem im Vergleich zu Kaufland sei der Abstand immer noch erheblich, sagen Experten. So kostet eine 200-Gramm-Dose Ültje Erdnüsse bei Metro 1,37 Euro. Bei Kaufland gibt es das gleiche Produkt schon ab 1,21 Euro. Ähnlich ist der Abstand zu Kaufland bei Milky-Way-Riegeln oder Nivea Körperlotion. Ohnehin macht der zur Schwarz-Gruppe (Lidl) gehörende Großdiscounter der C&C-Branche zu schaffen, hat der Berliner Preisexperte Ulrich Gallinat beobachtet. Bei den meisten Markenartikeln, so Gallinat, „ist Kaufland inzwischen die Messlatte für sämtliche Großmarktbetreiber.“ Immerhin: Beim Harry-Buttertoast und den Brandt Zwieback Minis dürfte Metro vorn liegen.

Preis ist das entscheidende Kaufkriterium

So banal der Kampf um den günstigsten Zwieback auch klingt: Für das Gros der Kunden ist der Preis das entscheidende Kaufkriterium. Senkt Aldi die Butterpreise, oder reduziert Media Markt die Playstation, setzt das auch die Großkrämer unter Druck – allen voran den Marktführer Metro, der mit dem Slogan wirbt: „Das kann nur die Nr. 1 – Die besten Preise“.

Um bei aller Preisdrückerei die Marge zu retten, sieht Fraszczak offenbar zwei Optionen. Zum einen will er den Umsatzanteil von Metro-Eigenmarken wie Aro, H-Line oder Metro Quality ausbauen und mit Real gleichziehen. Denn ausgerechnet das Schwesterunternehmen, das sich die Eigenmarkenarchitektur einst bei Metro C&C abgeschaut hat, macht derzeit vor, wie sich mit den billigen No-Names Geld verdienen lässt. Zum anderen will Fraszczak „Ein-sparungen auf das gesamte Einkaufsvolumen“ durchsetzen, heißt es in seinem Strategiepapier. Bei den Herstellern dürfte er damit allerdings auf wenig Gegenliebe stoßen. Pläne von Konzernchef Eckhard Cordes könnten die Verhandlungen zusätzlich erschweren.

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