Alu-Konzern Hydro Das ewige Leben der Dosen

Die Dose lebt trotz Pfand: Der Alu-Konzern Hydro hat in Neuss am Rheineine der modernsten Aluminium-Recyclinganlagen weltweit in Betrieb. Sie liefert den heiß begehrten Grundstoff für neue Getränkedosen.

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Der Recyclinganteil liegt in Europa bei über 70 Prozent. Quelle: Hydro

Neuss Totgesagte haben manchmal ein erstaunlich langes Leben: Noch vor 13 Jahren schien die Getränkedose am Ende zu sein – zumindest in Deutschland. Der damalige Umweltminister Jürgen Trittin hatte gegen den erbitterten Widerstand der Wirtschaft das Dosenpfand und eine Rücknahmepflicht eingeführt. Der Handel reagierte umgehend und verbannte die bunten und so praktischen Behälter aus seinen Regalen. Von über sieben Milliarden Dosen im Jahr 2002 sackte der Verkauf auf nur noch 100 Millionen drei Jahre später. Doch seitdem steigt der Absatz kontinuierlich an und lag zuletzt bei rund zwei Milliarden Stück.

Die gesellschaftliche Akzeptanz der ehedem als „Ex-und-hopp“- Lösung verpönten Dose hat sich durch die stetig wachsende Recyclingquote erhöht. Die Deutschen geben inzwischen immerhin gut 98 Prozent der Dosen wieder zurück. Für die Aluminiumkonzerne ist dieser Aluschrott eine immer wichtiger werdende – auch weil günstige – Rohstoffquelle.

So hat der norwegische Konzern Norsk Hydro am Donnerstag in Neuss bei Düsseldorf eine der modernsten Recyclinganlagen für Aluminiumdosen in Betrieb genommen. Rund 50.000 Tonnen der aus ganz Europa kommenden und in bis zu 250 Kilogramm schwere Ballen gepressten Dosen werden hier pro Jahr in mehreren Schritten bis auf Chipgröße zerkleinert, auf laufenden Bändern blitzschnell geröntgt, auf ihre Dichte vermessen und von anderen Metallen erleichtert.

Hunderte Düsen sortieren anschließend per Druckluft und in rasender Geschwindigkeit das gute Aluminium von den schlechten Resten, hauptsächlich Kunststoffe. „Die Ausbeute liegt bei fast 100 Prozent“, sagt der Werksleiter des Hydro-Werks in Neuss, Jan Peterlic. Bevor es in die Schmelzöfen geht, werden die Aluschnitzel noch von den Farbresten befreit, so dass das Rohmaterial für neue Dosen frei von Verunreinigungen ist.

Rund 45 Millionen Euro hat der norwegische Mutterkonzern in diese Anlage investiert, Das Geld soll sich – so die Erwartungen der Konzernmanager – schnell rentieren. Denn die Dose erfreut sich, angetrieben durch ihren Einsatz bei Energy Drinks und Bier, wachsender Beliebtheit. Ein Viertel der weltweiten Aluproduktion findet sich in der runden Form wieder.


Ökonomisch und ökologisch sinnvoll

Dabei werden die Behälter immer leichter, das gewalzte Aluminium immer dünner: Das Gewicht hat sich binnen dreier Jahrzehnte im ein Drittel verringert. Gestiegen ist dagegen der Recyclinganteil in Europa. Der liegt immerhin schon bei gut 70 Prozent, vor 20 Jahren lag er mit unter 20 Prozent weit darunter. Genug Stoff also für Nachschub.

Dabei ist Dosenschrott ist nicht gleich Dosenschrott. Es gibt gute und schlechte Qualitäten, und die bemisst sich an der Sortenreinheit des Mülls. Entsprechend variiert der Preis, den die Aluproduzenten den Abfallfirmen für die gepressten Dosen zahlen. Geringer als die Kosten für Primäraluminium ist er allemal. Ein gutes Geschäft, weil Hydro dank der neuen Anlage in der Lage ist, auch aus mit Müll verunreinigten Chargen das Metall herauszufiltern und reines Basismaterial für neue Dosen zu machen. „Die Anlage kann Aluminiummengen mit bis zu 20 Prozent Verunreinigungen verarbeiten“, sagte Hydro-Recycling-Chef Hermann Hanny.

220.000 Tonnen produziert Hydro nur für die Herstellung von Dosen, das ist rund ein Viertel der Gesamtkapazität des größten europäischen Alukonzerns. Gegossen, gewalzt und auf Bänder gerollt – sogenannte Coils – wird das silbrig-glänzende Metall im Nachbarwerk Alunorf, dem weltgrößten Warmwalzwerk mit einem Produktionsvolumen von fast zwei Millionen Tonnen.

Mit der neuen Anlage ist Hydro in der Lage, rund 90 Prozent seines Aluminiums für neue Dosen aus Alu-Schrott herzustellen. „Das ist ökonomisch sinnvoll, aber auch ökologisch“, sagt Hans-Jürgen Schmidt, bei Hydro für die Ökologie bei der Produkterstellung verantwortlich. So muss für das Einschmelzen alter Dosen nur fünf Prozent der Energie eingesetzt werden, die bei der Herstellung von Primäraluminium aus Bauxit gebraucht wird. „Das Recycling gebrauchter Getränkedosen spart damit rund 350.000 Tonnen CO2-Emissionen“, sagte Schmidt.

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