Anti-Spionage-Gesetz Polizei-Aktionen in China verunsichern ausländische Unternehmen

Taiwan, Taipei: Ein Mann geht am Foxconn-Logo während des Hon Hai Tech Day 2022 (HHTD 22) im Nangang Exhibition vorbei. Quelle: dpa

Ausländische Unternehmen sind in China zuletzt häufiger Ziel von Durchsuchungen und Verhaftungen geworden. Nicht in allen Fällen erschließen sich die Hintergründe. Die Nervosität wächst.

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Eine Meldung sorgte am Wochenende für Unruhe unter ausländischen Unternehmen in China. Wieder wurden Büros durchsucht, wieder gab es Festnahmen. Diesmal traf es GroupM, eine Tochter des britischen Werberiesen WPP. 

Die Polizei führte eine Razzia in den Büros des Unternehmens in Shanghai durch. Ein leitender Angestellter und zwei ehemalige Mitarbeiter wurden festgenommen. Die Behörden in Shanghai haben die Polizei-Aktion gegen GroupM nicht direkt bestätigt. In einer Mitteilung vom Samstag hieß es jedoch, drei Mitarbeiter einer nicht genannten Werbefirma seien wegen Bestechungsvorwürfen festgenommen worden. 

WPP teilte mit, man kooperiere bei den Ermittlungen mit den Behörden. Der festgenommene Manager sei entlassen worden. Laut Wall Street Journal soll es sich bei allen drei Betroffenen um chinesische Staatsbürger handeln.

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Der Fall wäre eigentlich nicht der Rede wert. Wirtschaftskriminalität gibt es überall. Auch in Frankfurt, London und New York gehen die Behörden gegen Unternehmen vor, die sich nicht an die Regeln halten und gegen Gesetze verstoßen. 

China: Anti-Spionage-Gesetz sorgt für Unruhe

Doch in China macht sich bei ausländischen Unternehmen seit Monaten Nervosität breit. Nicht wegen einer möglichen Korruptionsaffäre wie jetzt bei GroupM. Vor allem das überarbeitete Anti-Spionage-Gesetz, das in diesem Jahr in Kraft getreten ist, sorgt für Unruhe. Zudem gab es zuletzt eine ganze Reihe von Polizeieinsätzen, die mit dem Schutz der nationalen Sicherheit begründet wurden. 

Bereits im Mai berichteten chinesische Staatsmedien über eine koordinierte Aktion. Ermittler durchsuchten demnach Büros in Peking, Shanghai, Shenzhen, Suzhou und anderen Städten und verhörten Mitarbeiter. „Einige Beratungsfirmen verfolgen einseitig ein schnelles Geschäftswachstum, ignorieren aber mögliche Gefahren für die nationale Sicherheit“, hieß es in den Staatsmedien.  

Namentlich genannt wurde die weltweit tätige Firma Capvision mit Sitz in Shanghai und New York. Auch die Büros der US-Beratungsfirma Bain & Company und der New Yorker Mintz Group wurden durchsucht.

Das neue Anti-Spionage-Gesetz soll nicht mehr nur Staatsgeheimnisse schützen, sondern auch sehr vage definierte „nationale Interessen“. Der Schutz vor Spionage erstreckt sich demnach nun auch auf „alle Dokumente, Daten, Materialien und Gegenstände, die die nationale Sicherheit und die nationalen Interessen betreffen“. Deutsche und andere ausländische Unternehmen äußerten sich besorgt über die neue Rechtsunsicherheit und die vagen Formulierungen.

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Das Gesetz gibt dem Ministerium für Staatssicherheit beispiellose Durchsetzungsbefugnisse, um elektronische Geräte und Geschäftsräume zu durchsuchen. Einige Beobachter befürchten, dass unter dem Deckmantel der Spionageabwehr auch sensible Daten ausländischer Unternehmen gesammelt werden könnten. Zudem könnten Unternehmensvertreter während laufender Ermittlungen mit Ausreisesperren belegt werden.

Die Bedrohungslage scheint jedoch unterschiedlich zu sein. Zuletzt waren vor allem von Polizeiaktionen Unternehmen aus Staaten, deren Beziehungen zu China ohnehin angespannt sind, betroffen. Während Deutschland verschont blieb, waren US-Firmen mehrfach betroffen. Anfang Oktober meldete Japan, dass China einen seit März festgehaltenen Manager des japanischen Pharmaunternehmens Astellas Pharma offiziell verhaftet habe.

Auch der taiwanische Apple-Zulieferer Foxconn geriet am Wochenende ins Visier der chinesischen Behörden. Wie die chinesische Staatszeitung Global Times berichtete, wurden im Rahmen einer Steuerprüfung mehrere Büros des Elektronikriesen in den Provinzen Guangdong und Jiangsu durchsucht. 

Die Spannungen zwischen China und dem demokratisch regierten Taiwan haben in letzter Zeit zugenommen. Peking betrachtet die Insel als Teil seines Territoriums.

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Ausländische Unternehmen in China machen derzeit ohnehin schwierige Zeiten durch, wie jüngst auch die Ergebnisse einer Umfrage der EU-Handelskammer in Peking zeigten. Fast zwei Drittel der Unternehmen gaben an, dass es schwieriger geworden sei, in China Geschäfte zu machen. 60 Prozent erklärten, dass ihr Umfeld zunehmend politisiert sei. Die Verunsicherung durch das Anti-Spionage-Gesetz wird die Stimmung nicht verbessern. 

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