Hydrogen Council Der Traum vom Wasserstoff

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos kündigen 13 Weltkonzerne eine Allianz für den Wasserstoff an. Dabei geht es allerdings nicht nur um Umweltschutz, sondern vor allem um die Rettung des eigenen Geschäftsmodells.

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Auch Mercedes will mit dem GLC F-Cell ein eigenes Auto mit Brennstoffzelle auf den Markt bringen. Quelle: dpa

Düsseldorf/Davos Wasserstoff ist für die Industrie schon seit Jahren der Stoff, aus dem die Träume sind. Er gilt als multifunktionaler Energiespeicher, als eine saubere Alternative für eine Welt ohne Öl. Auch wenn die Pläne für eine Wasserstoff-Wirtschaft seit Jahren ausgearbeitet werden, geht der Wandel bislang nur langsam voran. Dreizehn Konzerne haben darum auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos angekündigt, das Hydrogen Council zu gründen. Zu der illustren Runde gehören auch die deutschen Autohersteller Daimler und BMW sowie der Gasehersteller Linde. Das erklärte Ziel: die globale Förderung der Wasserstoffwirtschaft.

Das Hydrogen Council soll dafür als globale Lobbyorganisation fungieren, klare Wünsche der Industrie für die Wasserstoffwirtschaft formulieren und nach eigenen Angaben „dabei helfen, die 2015 in Paris verabschiedeten Klimaziele zur Begrenzung der Erderwärmung zu erreichen“. Ganz selbstlos ist das nicht.

So unterschiedlich die beteiligten Unternehmen auf den ersten Blick sind, so ähnlich sind ihre Ziele. Denn mit dem Wandel zur Wasserstoffwirtschaft bleiben die Geschäftsmodelle der Rohstoffriesen, Gasehersteller und Autokonzerne weitgehend erhalten. Anders als die batteriebetriebene Elektromobilität lässt sich die Wasserstoffwirtschaft kaum dezentral organisieren. Die Tankstellen der Ölkonzerne und die Produktionsstätten der Gashersteller würden weiter gebraucht. Und auch die Autokonzerne wären in einer Welt mit Wasserstoffautos nicht so stark von den Batteriezellenproduzenten abhängig.

Geleitet wird das Hydrogen Council anfangs durch den japanischen Autobauer Toyota und den französischen Gasekonzern Air Liquide. Beide Unternehmen treiben den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur bereits seit Jahren voran. Aber auch der Ölkonzern Shell, der Rohstoffkonzern Anglo American sowie der Bahntechnik-Spezialist Alstom sind dem Bündnis beigetreten.

Insgesamt – so betonen die Konzerne – investiere man im Jahr 1,4 Milliarden Euro in die Forschung und Entwicklung der Wasserstofftechnologie. Damit ist allerdings nicht das Budget des Hydrogen Council gemeint, zu dessen Aufgaben nicht die gemeinsame Forschung gehört. Die findet an anderer Stelle statt. Neben bilateralen Kooperationen wie zwischen BMW und Toyota sind heute schon viele der beteiligten Konzerne in Initiativen verbunden. Forschung, Harmonisierung oder Betrieb von Wasserstofftankstellen werden in lokalen Koordinationsprojekten wie der „H2 Mobility" organisiert.


Ein „Kopf-an-Kopf-Rennen” der Technologien

An die Politik formulieren die beteiligten Firmen bereits konkrete Forderungen. „Ohne die Unterstützung von Regierungen ist dieses Projekt nicht möglich“, sagte Toyota-Verwaltungsratschef Takeshi Uchiyamada in Davos. Insgeheim erhofft man sich Steuererleichterungen, aber auch Unterstützung beim Aufbau einer Infrastruktur. Nicht umsonst verwies auch Air-Liquide-Chef Benoit Potier auf den Ausbau des Tankstellen-Netzes.

Zeit bleibt genug. Bis der Wasserstoff seinen Durchbruch feiert, dürften noch einige Jahre ins Land gehen. Erst Mitte der 2020er-Jahre sollen die ersten Autos mit Brennstoffzelle in eine nennenswerte Serienproduktion gehen. „Ein weltweites Angebot sehe ich jedoch auch nach 2025 noch nicht“, sagt BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich. Die Münchener planen ihr erstes Kleinserienmodell mit Brennstoffzelle für 2021. Autos mit Brennstoffzelle, batteriebetriebene Elektroautos und Hybride sollen nach den Vorstellungen der Münchener parallel entwickelt werden. Fröhlich spricht sogar von einem „Kopf-an-Kopf-Rennen“ der Technologien.

Doch während in den nächsten Jahren bereits preislich konkurrenzfähige Elektroautos mit neuen Batterien auf den Markt kommen sollen, dürfte der Durchbruch der Wasserstoff-Technologie noch auf sich warten lassen. Derzeit sind erst drei serienreife Modelle erhältlich – und alle kommen aus Asien. Das erste deutsche Modell mit Brennstoffzelle dürfte der Mercedes GLC F-Cell sein. Ein SUV, das für dieses Jahr angekündigt ist.

Dass die Hersteller sich Zeit lassen, hat seinen Grund. Serienreife Wasserstoff-Autos sind derzeit noch deutlich teurer als vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotor. Das liegt unter anderem am verbauten Platin, aber auch an der hohen Widerstandsfähigkeit der Tanks. Der Toyota Mirai beispielsweise wird hierzulande derzeit im Leasing für 1219 Euro pro Monat oder für einen Fixpreis von 78.600 Euro angeboten – und ist damit meilenweit von einem konkurrenzfähigen Preis entfernt. Zumal jede Tankfüllung durch die fixierten Wasserstoffpreise ähnlich teuer ist wie bei einem Diesel.

In Deutschland ist der Anteil der Wasserstofffahrzeuge darum noch marginal. Nur wenige Hundert sind derzeit zugelassen. Und selbst von denen gehören die meisten noch den Herstellern selbst. Linde betreibt in München beispielsweise mit 50 Hyundais das erste wasserstoffbasierte Carsharing Deutschlands namens „Bee Zero”.

Auch der Ausbau der Wasserstofftankstellen ist in Deutschland gerade erst angelaufen. Am Mittwoch ging in Kamen bei Dortmund eine neue Wasserstofftankstelle ans Netz. Es ist Nummer 26. Doch in diesem Jahr soll sich der Ausbau beschleunigen. Bis Ende 2018 sollen die Zahl der Wasserstofftankstellen in Deutschland auf 100 steigen.

Die Kooperationen der Konzerne, die den Ausbau des Wasserstoffs vorantreiben, werden auch geschlossen, um sich die Kosten zu teilen. Denn allein der Bau einer Wasserstofftankstelle kostet rund eine Million Euro– und wegen der geringen Verbreitung werden im täglichen Betrieb anfangs noch weitere Verluste produziert.


Wasserstoffproduktion muss sauberer werden

Dagegen soll in Asien der Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur schneller vorangehen. Insbesondere Japan baut das Netz der Wasserstofftankstellen im Vorfeld der Olympischen Spiele 2020 in Tokyo massiv aus. Bis 2030 soll der Anteil emissionsfreien Fahrzeuge sogar auf 50 bis 70 Prozent steigen. Gerade der japanische Marktführer Toyota setzt große Hoffnungen in die Technologie.

Aber auch in Korea findet die Wasserstoff-Technologie Anklang. Mit dem ix35 Fuel Cell war Hyundai der erste Hersteller mit einem serienreifen Brennstoffzellenfahrzeug. „Es hat große Fortschritte bei der Brennstoffzellen-Technologie gegeben“, erklärte Hyundai-Chef Chung Mong-koo. Er sei zuversichtlich, dass die Technik schon bald konkurrenzfähig zu Benzin- und Dieselantrieben werde.

Nahezu alle Hersteller setzen dabei auf Brennstoffzellen-Fahrzeuge, nicht mehr auf Wasserstoffverbrenner, von denen unter anderem BMW einst träumte. In einer Brennstoffzelle wird Wasserstoff in Strom umgewandelt. Das Auto fährt damit rein elektrisch – und gibt ausschließlich Wasserdampf ab. Die Brennstoffzellentechnologie fährt damit wie das Elektroauto lokal emissionsfrei und lässt sich in wenigen Minuten betanken.

Dabei ist Wasserstoff theoretisch unbegrenzt verfügbar: Es ist das chemische Element, das im Universum am häufigsten vorkommt. Der überwiegende Teil der Wasserstoff-Vorkommen auf der Erde ist allerdings gebunden. Der molekulare Wasserstoff H2, der sich auch vertanken lässt, muss darum hergestellt werden. Der größte Teil der Weltproduktion ist bislang so genannter „grauer Wasserstoff“ aus Erdgas, bei dessen Produktion CO2 anfällt. Damit das Wasserstoffauto wirklich sauber ist, muss darum auch die Wasserstoffproduktion sauber werden. Nur mit dem Ausbau des „grünen Wasserstoffs“ aus regenerativen Energien ist die Brennstoffzelle eine wirklich umweltfreundliche Alternative.

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