Merz-Gruppe Alzheimer-Delle kostet Arbeitsplätze

Das Frankfurter Pharmaunternehmen Merz zieht sich aus dem Alzheimer-Geschäft zurück. Nach einem kräftigen Ergebnisrückgang strafft das Familienunternehmen nun die Organisation und baut Arbeitsplätze ab.

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Das Frankfurter Unternehmens richtet sich auf die Bereiche Ästhetik und Neurotoxine aus. Quelle: dpa

Frankfurt Der Patentablauf beim bisherigen Hauptprodukt, dem Alzheimer-Medikament Memantine, hat der Frankfurter Merz-Gruppe den ersten Umsatzrückgang seit vielen Jahren sowie einen kräftigen Gewinnrückgang beschert. Darauf reagiert das Pharma- und Ästhetik-Unternehmen mit dem Abbau von 250 bis 300 der weltweit 3005 Stellen. Davon seien weniger als 100 Stellen in der Frankfurter Firmenzentrale betroffen, teilte das Unternehmen am Freitag mit.

Merz will nun vor allem Forschungs- und Verwaltungsabteilungen reorganisieren. Ziel sei es, „noch schlagkräftiger, agiler und effizienter zu werden“, erklärte Firmenchef Philip Burchard. Ein Großteil des Stellenabbaus erfolgte danach bereits in Nordamerika.

Die Neuausrichtung des Frankfurter Unternehmens auf die Bereiche Ästhetik und Neurotoxine macht aus Sicht des Firmenchefs unterdessen weiter Fortschritte. Der Umsatz im Kerngeschäft legte im Ende Juni abgeschlossenen Geschäftsjahr um knapp neun Prozent auf 882 Millionen Euro zu, während der Gesamtumsatz um mehr als fünf Prozent auf 1,09 Milliarden Euro schrumpfte.

Verantwortlich für die Diskrepanz ist das Alzheimermedikament Memantine (Axura), mit dem Merz vor einigen Jahren noch mehr als die Hälfte des Gruppenumsatzes erwirtschaftete. Bereits seit 2013 schrumpfen die Erlöse aber stetig. Nachdem 2015 auch das US-Patent auf diesen Wirkstoff ausgelaufen ist, verbuchte Merz nun einen deutlichen Rückgang der Lizenzerträge vom amerikanischen Vertriebspartner Forest Laboratories, der inzwischen zu Allergan gehört. Da diese Lizenzeinnahmen bisher eins-zu-eins in die Gewinnrechnung flossen, schlug sich die Entwicklung in einem relativ heftigen Ertragsrückgang für Merz nieder. Der Betriebsgewinn (Ebit) sank nach Angaben des Unternehmens um 48 Prozent auf 132 Millionen Euro. Der Umsatz mit Memantine (einschließlich Lizenzeinnahmen) dürfte um etwa 40 Prozent auf 211 Millionen Euro zurückgegangen sein.

Mit Blick auf diesen absehbaren Einbruch bei dem bisherigen Umsatzträger forciert Merz schon seit einigen Jahren den globalen Ausbau des Geschäfts im Bereich Ästhetik und Neurotoxine. Zu den Hauptprodukten gehört hier ein Botulinumtoxin, das zum einen unter dem Namen Xeomin als Medikament gegen Muskelverkrampfungen vertrieben wird, zum anderen als Konkurrenzprodukt zu Botox als Faltenglätter zum Einsatz kommt. Deutlich gestärkt hat Merz die Sparte vor zwei Jahren zudem durch die 364 Millionen Euro teure Übernahme der US-Firma Ulthera, die Ultraschall-Systeme für kosmetische Anwendungen produziert. Deren Medizingerät Ultherapy sei mittlerweile das umsatzstärkste Produkt im Ästhetikportfolio, so Burchard.

Merz werde sich auch weiter auf diese Segmente fokussieren und den Wachstumskurs dort fortsetzen. Zuletzt erwarb Merz in dem Bereich die US-Firma On Light Systems, die ein spezielles Pflaster zur leichteren Entfernung von Tätowierungen herstellt. Seine Forschungsausgaben hat Merz trotz Umsatzrückgang um acht Prozent auf 160 Millionen erhöht.

Auch die kleine Sparte Consumer Care, die das Geschäft mit frei verkäuflichen Pflege- und Gesundheitsprodukten umfasst (Tetesept, Merz Spezial), entwickelte sich positiv und steigerte den Umsatz um gut sechs Prozent auf 74 Millionen Euro. Von der bislang ebenfalls noch zur Firmengruppe gehörenden Tochtergesellschaft Senator, die Kugelschreiber und Werbeartikel produziert, hat sich Merz dagegen Anfang Juli getrennt. Das Unternehmen mit zuletzt knapp 50 Millionen Euro Umsatz wurde vom Finanzinvestor Perusa Partners übernommen.

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