Eigentlich hatte Rheinmetall-Chef Armin Papperger für heute wahrscheinlich nur einen Punkt auf der Tagesordnung: feiern. Denn der für seine Panzer sowie Autoteile bekannte Konzern begeht heute seinen 125. Geburtstag und erwartet zum Festakt in der Düsseldorfer Messe Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und jede Menge andere Ehrengäste.
Die Landeschefin ist nicht die einzige, die sich dieser Tage für Papperger und den Panzerbau interessiert. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, so melden am Freitag "Handelsblatt" und "Frankfurter Allgemeine Zeitung", wolle nun, dass die Fusion der Münchner Waffenschmiede Krauss-Maffei Wegmann (KMW) mit dem staatlichen französischen Konkurrenten Nexter doch nicht mehr zustande kommt. Stattdessen bevorzugt er nun offenbar einen rein deutschen Panzerriesen KMW-Rheinmetall.
Und das ist laut den Berichten erst der Anfang zum Umbau von Rheinmetall. Papperger will angeblich nicht nur KMW, sondern mit dem Marine-Geschäft von ThyssenKrupp und Teilen von Airbus gleich einen Großteil der restlichen deutschen Rüstungswirtschaft schlucken. Am Ende stünde ein Rüstungsriese, der beim Umsatz von Platz 30 in der Weltrangliste unter die ersten 15 aufsteigen könnte und in Europa gar einer der fünf größten würde. Die beteiligten Unternehmen wollen sich zu den Plänen nicht äußern.
Riskanter Plan
Kein Wunder. Denn das Umdenken der Herren ist überraschend. „Die erste Hälfte von Pappergers angeblichem Plan macht für Rheinmetall strategisch wenig Sinn und die andere hat zwar Substanz, ist aber hochriskant“, so ein Insider.
Die Schwierigkeiten beginnen in der Politik. Die Fusion KMW-Nexter ist ein Lieblingskind der französischen Regierung. Denn die Verbindung könnte mit der Kombination aus deutscher Technik und weniger strengen französischen Exportrichtlinien am Weltmarkt deutlich besser reüssieren, als beide Partner allein. Das würde jenseits des Rheins ein paar Tausend gefährdete Arbeitsplätze sichern.
Sollte Gabriel das nun verhindern, steht ein weiterer deutsch-französischer Krach ins Haus. Bereits die bisherigen Einmischungen Gabriels in den Rüstungssektor über strengere Exportrichtlinien gelten französischen Medien als "Verrat am Geist der deutsch-französischen Kooperation".
Die Fusion Rheinmetall-KMW bringt wenig Mehrwert
Darüber hinaus ist die Idee einer Fusion von Rheinmetall und KMW nicht neu. Die Umsetzung scheitert seit fast 20 Jahren immer wieder. Zuerst wollte Rheinmetall, kam aber nicht weiter. Denn die beiden Unternehmen waren sich bis in die Führungsspitzen nicht grün. „Zwischen dem Topmanagement herrschte stellenweise lange so etwas wie offener Hass“, beschreibt ein Insider die Lage. „Beide Seiten beanspruchten im Falle einer Fusion die Führung und hielten sich für die besseren Leute - mit der einzig richtigen Strategie.“ Die Bundesregierung als wichtigster Kunde hätte hier zwar Druck machen können. Sie fand es aber auch ganz gut, die beiden bei Ausschreibungen ein wenig gegeneinander ausspielen zu können.
Dann wollte Rheinmetall irgendwann nicht mehr. Als das Ende des Kalten Krieges Kampfpanzer zur aussterbenden Art machte, ergänzten die Düsseldorfer den Bau von Leopard und Co durch neue Geschäftsfelder. Sie produzierten intelligente Munition, Elektronik, intelligente Schutzsysteme für Feldlager und kooperierten mit dem israelischen Drohnenhersteller IAI beim Bau des unbemannten Flugkörpers Heron für die Bundeswehr. Zusätzlich expandiert der Konzern als Autozulieferer.
Da brächte eine Fusion Rheinmetall-KMW den Düsseldorfern wenig Mehrwert. „Der hätte in dem Verbund zwar mehr Umsatz, aber noch keine Perspektive. Ganz anders der Verbund mit Nexter. Als Teil des französischen Staatskonzerns könnte KMW auf mehr Aufträge für sein schweres Gerät – und damit auf eine Zukunft – hoffen.
Finanzierungs-Fragen
Ähnlich viele Fragen drängen sich beim zweiten Teil von Pappergers angeblichen Umbauplänen auf. Dabei macht die Idee, den militärischen Schiffbau von ThyssenKrupp zu übernehmen, strategisch Sinn. Zwar hat Rheinmetall bislang wenig Erfahrung auf dem Meer. Doch die Zukunft des Schiffbaus bestimmen weniger die Fähigkeiten zum Bau der Schiffe, sondern zu ihrer Ausrüstung. Und hier hat Rheinmetall die nötige Erfahrung mit Schutzsystemen, intelligenter Munition und nicht zuletzt der internationalen Vermarktung im Vergleich zu Panzern eher unkritischer Schiffe.
Zum Problem könnte jedoch die Finanzierung werden. Aus dem Stand könnte sich Rheinmetall den Kauf nicht leisten. Das würde der anvisierte Verkauf des Autogeschäfts ändern. Doch ob Thyssen den KSPG genannten Autoteil von Rheinmetall angesichts seiner Probleme im eigenen Autogeschäft wirklich will, ist offen.
Dazu müsste Papperger die Frage beantworten, warum ein rein auf Rüstung orientierter Rheinmetall-Konzern wirtschaftlich stabiler ist, als die heutige Balance mit dem Auto-Geschäft. Denn die Aussichten des weltweiten Waffengeschäfts sind unsicher.
Eine Menge Arbeit für den Manager, wenn er nach dem Feierwochenende wieder an den Schreibtisch in Düsseldorfs Rheinmetallallee zurückkehrt.