Opel Ampera-e in Paris Den hättet ihr wohl gerne

Opel zeigt in Paris einen elektrischen Kleinwagen mit 500 Kilometern Reichweite. Der Ampera-e ist damit den Elektroautos der Konkurrenz voraus, trägt jedoch ein schweres Erbe mit sich herum.

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500 Kilometer soll der neue Ampera-e rein elektrisch zurücklegen. Ein neuer Bestwert für kleine Elektroautos. Quelle: obs

Paris Moderne Manager necken sich mittlerweile auch über Twitter. Die Paris Auto Show hatte gerade erst begonnen, da twitterte Daimler ein kurzes Video von Konzernchef Dieter Zetsche, das für die neue Elektromarke EQ der Schwaben werben sollte. Zetsche breitete darin die Arme aus, dazwischen blitzte es als stehe der Daimler-Chef unter Strom. Bei Opel fühlte man sich herausgefordert.

Immerhin ist das, was Daimler in Paris angekündigte, nur ein serienfernes Konzept, während Opel mit dem Ampera-e ein Elektroauto mitgebracht hat, das bereits Anfang 2017 in Serie gehen soll. Also nahmen die Rüsselsheimer eine Antwort an Zetsche auf. Hauptdarsteller: Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. Der ließ sich wie Zetsche in Szene setzen, breitete aber die Arme noch weiter aus. Die Botschaft: wir kommen weiter als ihr.

Denn der Ampera-e, den Opel in Paris erstmals öffentlich ausstellt, soll ganze 500 Kilometer rein elektrisch zurücklegen können – zumindest, wenn man den gängigen Prüfzyklus NEFZ zugrunde legt. Bei etwas realistischerem Fahrverhalten nach WLTP bleiben immer noch 380 Kilometer, sagt der Hersteller. Um das zu demonstrieren ist Ralf Hannappel, Leiter der europäischen Elektroautoentwicklung bei Opel, persönlich von London aus nach Paris gefahren – ohne einmal nachzuladen. „Wir glauben, dass die Elektromobilität mit diesem Auto den nächsten Schub bekommt“, sagt er. „Das Thema Reichweite haben wir damit gelöst.“

Im Rennen um das alltagstauglichste Elektroauto liegen die Rüsselsheimer mit dem Ampera-e tatsächlich vorne. Während Daimler mit EQ und VW mit ID vor allem Ideen präsentieren können, sind die Rüsselsheimer schon einen Schritt weiter. Selbst der Renault Zoe, der in Deutschland das meistverkaufte Elektroauto ist, kommt mit neuer Batterie nur 400 Kilometer weit.

Möglich wird der Opel-Vorsprung durch eine Batterie mit 60 Kilowattstunden, die im Boden des Ampera-e verbaut ist. Viele andere Hersteller verzichten bislang auf eine derart große Batterie, weil die Kosten für einen Kleinwagen zu groß sind. Opel hat nach eigenen Angaben beim Preis Fortschritte gemacht. „Es ist weniger als in der Vergangenheit“, sagt Pam Fletcher, die bei GM für die Entwicklung der Elektromodelle leitet. „Wir sind bei den Batteriekosten unter dem Schnitt der Industrie.” Dabei hilft auch eine Partnerschaft mit dem koreanischen Batteriehersteller LG Chem.

Über Konkurrent Tesla will Fletcher lieber nicht reden. „Wir fokussieren uns lieber auf die Produktion unseres Modells“, sagt sie. Denn obwohl Opel mit dem Bolt deutlich früher dran ist als die Kalifornier, dürfte die Zahl der Vorbestellungen deutlich niedriger ausfallen als beim Model 3 des Elektropioniers. Der hatte innerhalb weniger Wochen 400.000 Vorbestellungen für seinen Kompaktwagen eingesammelt. Für GM dürfte ein Zehntel davon schon als Erfolg gewertet werden.

Technisch ähnelt der Ampera-E seinem amerikanischen Schwestermodell Chevrolet Bolt. „Die Architektur ist gleich“, sagt GM-Entwicklerin Fletcher. „aber er unterscheidet sich in Details“. Die Fahrdynamik wurde auf europäische Ansprüche angepasst, an der Optik wurde gefeilt und auch bei den Assistenten ist der Ampera-e anders ausgestattet. Denn in den großen US-Parklücken braucht ein Kleinwagen wie der Ampera-e keinen automatischen Parkassistenten.


Geheimniskrämerei um den Preis

Über ein entscheidendes Detail des Ampera-e schweigt Opel noch. Der Preis dürfte darüber entscheiden, ob das Modell tatsächlich ein Erfolg werden kann. Vor wenigen Wochen wurde der Preis des Schwestermodell Chevrolet Bolt etwas höher angesetzt als erwartet. Das Versprechen, das Modell für unter 30.000 Dollar anzubieten, kann der Hersteller nur mit staatlicher Förderung halten. In den USA gibt es für jedes Elektroauto eine Prämie von 7500 Dollar. Der offizielle Preis für den Chevrolet Bolt liegt bei 37.495 Dollar.

Der Ampera-E dürfte in Europa etwas teurer werden. Zum einen, weil die Förderung in den meisten europäischen Ländern niedriger ausfällt. Zum anderen, weil das Modell aus den USA importiert werden muss - denn gebaut wird es im gleichen Werk wie der Bolt in Orion Township, Michigan.

Ohnehin ist der europäische Markt für Elektroautos immer noch schwierig - jedenfalls abseits von Norwegen und der Niederlande, wo mittlerweile genug Ladestationen verfügbar sind. In Deutschland reichen schon wenige tausend Exemplare, um bei der elektrischen Absatzstatistik ganz oben zu stehen. Der Marktanteil von Elektroautos liegt bei 0,2 Prozent.

Opel hofft, dass es nun auch im Heimatmarkt schneller voran geht. „Es gibt in Deutschland bereits beschlossene Initiativen der Bundesregierung, die quasi zeitgleich mit unserem Auto starten“, sagt Entwickler Hannapel. Und schließlich setzen fast alle Autobauer in den kommenden Jahren auf die Elektrifizierung ihrer Modellreihen.

Obwohl der Ampera-e im Frühjahr starten soll, halten sich die Verantwortlichen mit Details noch zurück. Welche Ausstattungslinien angeboten werden sollen, welche Verkaufszahlen angepeilt werden oder in welchen Ländern der Ampera-e verkauft werden soll, verrät Opel noch nicht. Selbst ein Blick unter die Motorhaube ist in Paris noch nicht erlaubt.

Offener ist Entwicklerin Pam Fletcher, wenn sie über die Einsatzmöglichkeiten für den Opel- Ampera-e spricht. Man habe bei der Entwicklung schon über den reinen Verkauf an Privatkunden hinaus gedacht, sagt sie. Auf der Rückbank im Ampera-e ist viel Platz für Mitfahrer. Damit sei das Modell ideal für Ridesharing-Angebote. Nächstes Jahr will GM mit dem Mobilitätsservice Maven auch nach Europa kommen. In den USA haben die Amerikaner auch in den Uber-Konkurrenten Lyft investiert. Das Elektroauto soll für diese Dienste eine zentrale Rolle spielen. „Der Ampera-e ist für uns nicht nur ein weiteres Auto, sondern eine Mobilitätslösung“, sagt Fletcher. Er soll auch das Fundament bei der Entwicklung für den ersten selbstfahrenden Opel sein.

Bei allem Optimismus ist allerdings auch Vorsicht angesagt. Das schwere Erbe des Ampera-e steckt schon im Namen. 2012 hatten die Rüsselsheimer mit dem Ampera ein Modell auf den Markt gebracht, das seiner Zeit voraus zu sein schien. Der Plug-in-Hybrid bekam mehrere Preise, wurde 2012 sogar als „Europas Auto des Jahres” ausgezeichnet. Doch das Modell floppte beim Kunden und wird heute – nur vier Jahre später – nicht einmal mehr gebaut. Doch Opel-Chef Neumann ist überzeugt, dass man diesmal die Zeichen der Zeit richtig gedeutet hat. „Unser Ampera-e ist kein Öko-Luxus, kein Spielzeug, kein reiner Zweitwagen“, sagt er.

Bei der Konkurrenz in Paris ist das Interesse am elektrischen Opel jedenfalls groß. Die BMW-Entwicklungsabteilung nahm den Ampera-e am Freitag selbst unter die Lupe. Und auch Daimler-Chef Zetsche schaute auf einen Besuch am Opel-Stand vorbei – und wurde dabei natürlich auch für den Twitter-Account von Opel abgelichtet.

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