Übernahme-Poker im Gasemarkt Air Liquide ist in Lauerstellung

Der Weltmarktführer bei Industriegasen interessiert sich nun für Unternehmensteile der Fusionspartner Linde und Praxair.

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Der Weltmarktführer will sich nicht geschlagen geben. Quelle: Reuters

München Allzulange wird sich Benoît Potier nicht im Glanz der Weltmarktführung sonnen können. Durch die Übernahme des US-Konkurrenten Airgas war sein französischer Air-Liquide-Konzern zum weltgrößten Anbieter von Industriegasen aufgestiegen.

Doch Linde und Praxair bereiten gerade ihre 60-Milliarden-Fusion vor, um die Franzosen wieder vom Thron zu stoßen. Auch wenn in Brüssel strenge Kartellauflagen drohen, könnte dies noch in diesem Jahr gelingen. Doch Air Liquide stellt sich in guter Verfassung dem neuen Wettbewerb – und hat ein Auge auf Unternehmensteile von Linde und Praxair geworfen.

Wenn in München bei Linde manch einer gehofft hatte, dass Air Liquide nach der kostspieligen Airgas-Übernahme erst einmal lange mit sich selbst beschäftigt sein würde, so sieht er sich nun möglicherweise getäuscht. Im vergangenen Jahr konnten die Franzosen den Umsatz vor allem dank der Übernahme um 12,2 Prozent auf 20,3 Milliarden Euro steigern. Das organische Wachstum in der Gase- und Servicesparte, die entscheidende Kennziffer, betrug 3,5 Prozent. Der Nettogewinn stieg um 19 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro.

Linde und Praxair kommen gemeinsam auf einen Pro-Forma-Umsatz von etwa 27 Milliarden Euro. Allerdings werden sie sich aus kartellrechtlichen Gründen zum Beispiel in den USA und Deutschland von Teilen des Geschäfts trennen müssen.

Nach Informationen des Handelsblatts aus Verhandlungskreisen drängt die EU-Kommission darauf, dass die Aktivitäten an starke Konkurrenten verkauft werden – und nicht an viele kleine, lokale Anbieter. „Hierdurch soll auch verhindert werden, dass der Abstand zwischen Linde/Praxair und den weiteren Wettbewerbern zu groß wird“, sagte Kartellrechtler Martin Gramsch von Simmons&Simmons dem Handelsblatt.

Damit kommen also die großen Konkurrenten wie Air Liquide und die amerikanische Air Products ins Spiel. Nach Handelsblatt-Informationen aus Unternehmenskreisen sind die Franzosen vor allem an Assets von Linde und Praxair außerhalb Europas interessiert. Potier bestätigte am Donnerstag zumindest grundsätzliches Interesse. Als mögliche Ziele nannte er Lateinamerika und Asien. „Wir sind aber mehr in einem Wartemodus.“

Bei der Integration von Airgas sind die Franzosen schon einen Schritt weiter. Das amerikanische Unternehmen sei inzwischen komplett integriert, sagte Potier. Bei den Synergien komme man schneller voran als geplant. Seit der Akquisition seien Synergien von 215 Millionen Dollar erzielt worden – 40 Millionen Dollar mehr als 2016 angekündigt. Bis 2019 will Air Liquide mehr als 300 Millionen Dollar Synergien erzielen.

Im oligopolistischen Markt für Industriegase ist Größe ein wichtiger Faktor. Linde und Praxair haben jährliche Synergien von 1,1 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Sollten die neun wichtigen Kartellbehörden weltweit am Ende grünes Licht geben, wollen Linde und Praxair ihren Zusammenschluss in der zweiten Jahreshälfte vollziehen.

Praxair hatte den Umsatz im vergangenen Jahr um neun Prozent auf 11,4 Milliarden Dollar gesteigert. Der Nettogewinn ging unter anderem wegen der Kosten im Zuge der Fusion von 1,5 auf 1,25 Milliarden Dollar zurück. Linde legt die Zahlen erst Anfang März vor.

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