Und auch in New York beginnt in diesen Tagen ein wegweisender Prozess zur Handelbarkeit digitaler Medien. Vor Gericht steht ReDigi, der erste Internet-Flohmarkt für Musikdateien. ReDigi ist eine von mehreren Firmen, die inzwischen den Austausch digitaler Güter ermöglichen. Auch das Münchner Startup Skoobe etwa bietet E-Books für 9,99 Euro monatlich zum Ausleihen an. Fast 10 000 Titel hat das Gemeinschaftsunternehmen der Verlage Bertelsmann und Georg von Holtzbrinck aktuell im Angebot.
Noch drei Mal größer ist das Angebot des IT-Hauses Divibib aus Wiesbaden. Es hat für die deutschen Bibliotheken den Dienst Onleihe entwickelt, der rege genutzt wird. "Im Gesamtjahr 2012 werden es vier Millionen Ausleihen", sagt Geschäftsführer Jörg Meyer. Eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr und immerhin annähernd so viel, wie deutsche Leseratten im ersten Halbjahr 2012 insgesamt an digitalen Büchern gekauft haben: 4,6 Millionen E-Books. Das allerdings sind erst zwei Prozent aller verkauften Bücher in Deutschland.
Erklärungen überzeugen nicht
Flohmärkte für gebrauchte Dateien
Dieser Internet-Dienst fungiert als Handelsplattform für gebrauchte Musik. Songs kosten 0,69 oder 0,79 Cent. Verkaufen können Musikfreunde dort derzeit nur Titel, die sie bei Apples iTunes erworben haben. Wer Lieder anbietet, erhält 20 Cent. Nach dem Verkauf gibt es noch einmal 12 Cent – allerdings in Form von Gutschriften, die sich bei ReDigi und iTunes einlösen lassen. Auch der Handel mit E-Books soll demnächst möglich sein.
Noch ist der Dienst nur in den USA verfügbar. Doch im kommenden Jahr soll er auch in Deutschland starten.
Über die App des Münchner Anbieters können iPhone- und iPad-Nutzer E-Books ausleihen. Maximal fünf aus bald 10.000 Titeln von 70 Verlagen können Skoobe-Kunden gleichzeitig lesen. Bis zu drei Geräte kann der Nutzer mit seinem Konto verbinden. Dabei lässt sich ein Buch immer nur auf einem Gerät gleichzeitig lesen. Der Dienst kostet monatlich 9,99 Euro. Bis zum 1. März 2013 können Bücherfreunde beliebig viele Titel pro Monat ausleihen. Danach gibt’s für den Preis monatlich zwei Schmöker.
Über Onleihe können die neun Millionen Kunden öffentlicher Bibliotheken in Deutschland auch elektronische Medien ausleihen. Außer den üblichen Bibliotheksgebühren fallen keine weiteren Kosten an. Bis Jahresende sollen 600 Büchereien an den Dienst angeschlossen sein. 30.000 Titel stehen bereits zur Verfügung – E-Books, E-Paper, Hörbücher, Musik und Filme. 9000 sind allein 2012 dazugekommen.
Ein entscheidender Grund für die Kaufzurückhaltung – speziell im Vergleich zum Verleihboom in den Bibliotheken – ist nach Ansicht vieler Beobachter die fehlende Weitergabemöglichkeit der Titel. "Ich würde mehr E-Books kaufen, wenn ich sie später wieder loswerden könnte", sagt jedenfalls Krieger, und zahlreichen anderen Buchfans geht es genauso. "Warum also darf ich das nicht?", fragte der Hamburger den Kundendienst von Amazon. Mit gebrauchten Büchern auf Papier treibe der Internet-Riese schließlich auch einen schwunghaften Handel? Digitale Inhalte seien immer mit einem Kindle-Kundenkonto verknüpft, antwortete der US-Buchriese. Daher könnten Bücher nicht auf andere Personen übertragen werden. Krieger, der als Produktentwickler selbst an digitalen Projekten arbeitet, überzeugt die Erklärung nicht: "Technisch kann das eigentlich kein Problem sein."
So drängt sich der Verdacht auf, dass bei Amazon & Co. weniger technische Hürden dahinterstecken als vielmehr der Versuch, einen Zweitmarkt zu verhindern. Denn während benutzte CDs meist Kratzer haben und Bücher mit der Zeit regelrecht zerlesen werden, nutzen sich digitale Güter nicht ab. Eine Zweitverwertungsmöglichkeit von Produkten in identischer Qualität würde deren Preise deutlich drücken.
Gebrauchte Lieder statt Neukauf
Genau diesen Gebrauchtmarkt bietet nun ReDigi an, zuerst für Musik und bald auch für Bücher. Das Grundprinzip von ReDigi ist simpel: Wer beispielsweise Lady Gagas ersten Hit "Poker Face" nicht mehr hören kann, hat die Möglichkeit die MP3-Datei bei ReDigi zu verhökern. Dort kostet das Lied dann 0,79 Cent, während es beim Neukauf aus Apples iTunes-Musikladen noch mit 1,29 Dollar zu Buche schlägt.
Hinter dem Internet-Flohmarkt für gebrauchte Dateien steckt John Ossenmacher. Optisch könnte der 42-Jährige als früh ergrauter Rockmusiker durchgehen, zumindest aber als Manager einer Plattenfirma: die Ärmel bis über die Ellenbogen gekrempelt, das jeansblaue Hemd halb aufgeknöpft, damit seine silberne Kette zur Geltung kommt.