Für David Plouffe gibt es alle Hände voll zu tun: Als Wahlkampfmitarbeiter von US-Präsident Barak Obama hatte er einen direkten Draht ins Weiße Haus, nun steht er seit wenigen Tagen im Dienste des Taxidienstes Uber. Und schon gibt es viele Wogen zu glätten. Mit Aktivitäten in über 170 Städten weltweit ist Uber an allen Fronten in Diskussionen mit Behörden, Verbänden und Politikern verwickelt. Jetzt wird das Unternehmen zum Paradebeispiel für Rambo-Methoden in einem unfairen Kampf gegen Konkurrenten abgestempelt.
Das passt nicht zum Selbstbild eines Start-Ups, das das Beste für Kunden und Fahrer wolle - und es erschwert die Expansion. Auch in Deutschland, wo der freundliche Chauffeurdienst von Nebenan bis Jahresende sein Geschäft verdoppeln will und nicht nur viele Kunden braucht, sondern auch Fahrer.
Die Schlammschlacht in der Chauffeurindustrie geht mit unverminderter Härte weiter. Das Tech-Magazin „The Verge“ hat nach eigenen Aussagen E-Mails und Marketingmaterial von Uber in Händen, die belegen sollen, wie das Start-Up aus San Francisco mit dem Geld seiner Investoren, insgesamt 1,5 Milliarden Dollar, die Konkurrenz vernichten will, darunter das ebenfalls aus San Francisco stammende Lyft.
Uber soll Fahrer bei Lyft abwerben
Bereits in den Vorwochen war es zu heftigen gegenseitigen Anschuldigungen gekommen, einander mit üblen Methoden jeweils Fahrer abspenstig zu machen. So hieß es etwa, Uber-Mitarbeiter seien für tausende „Fake“-Bestellungen verantwortlich gewesen, um Lyft-Fahrern zu schaden oder sie abzuwerben. Ein Fahrer bekommt dann zwar eine geringe Pauschalgebühr, aber die deckt bestenfalls die Kosten.
Diese Beschuldigungen hatte Uber als „völlig haltlos“ zurückgewiesen. Im Gegenzug wurde Lyft beschuldigt, seinerseits Uber zu sabotieren. Andere Vorkommnisse gegenüber einem lokalen Wettbewerber aus New York waren zuvor als „Ausrutscher“ abgetan worden.
Warum Uber so umstritten ist
Uber startete vor rund vier Jahren in San Francisco als Alternative zu Taxis, die in der kalifornischen Metropole notorisch schwer zu kriegen sind. Anfangs ging es nur darum, für etwas mehr Geld einen Chauffeur-Service mit Oberklasse-Wagen anzubieten. Inzwischen nutzt Uber seine Vermittlungsplattform auch für Dienste, bei denen Privatleute Fahrgäste mit ihren eigenen Autos mitnehmen können. Vor allem um solche Angebote entzünden sich die Streitigkeiten mit Taxi-Gewerbe und Behörden in verschiedenen Ländern.
Es ist eine Smartphone-App, wie man sie auch von den Taxi-Anwendungen kennt. Der Abholort wird automatisch ermittelt, der Kunde sieht die Uber-Fahzeuge in der Nähe. Der Fahrweg wird mit Hilfe von GPS berechnet, die Wagen kommen daher ohne Taxameter aus. Der Bezahlvorgang entfällt: Es wird einfach die bei Uber hinterlegte Kreditkarte belastet.
Das Taxi-Geschäft überall ist vielen Regeln unterworfen. Es gibt Vorschriften für die technische Kontrolle der Fahrzeuge, die Überprüfung des Gesundheitszustands der Fahrer, spezielle Versicherungen und die Beförderungspflicht. Außerdem wird die Größe des Marktes über die Vergabe von Konzessionen eingeschränkt. So kann eine Taxi-Lizenz in New York mehr als eine Million Dollar kosten. Uber platzt mit seinen Dienstes in dieses über Jahrzehnte gewachsene Geflecht von Regeln und wirtschaftlichen Interessen.
Beim ursprünglichen Chaufferdienst UberBLACK waren die Argumente vor allem der Komfort einer Smartphone-App, ein schickes Auto und die automatische Abrechnung. Bei den Mitfahrdiensten in Privatautos ist Uber aber auch günstiger als herkömmliche Taxis. So kostet der Service UberPOP in Hamburg einen Euro pro Kilometer bzw. 25 Cent pro Minute. Laut Hamburger Taxentarif zahlt man dagegen jeweils 2,20 Euro für die ersten vier Kilometer, je 1,90 für die nächsten fünf Kilometer und 1,40 ab dem 10. Kilometer.
Behörden und auch Landesregierungen sehen den Dienst skeptisch. In Berlin und Hamburg erließen die Behörden Unterlassungsverfügung gegen Uber. Gerichte erlaubtem dem Fahrdienst aber vorläufig die Weiterfahrt. In NRW erklärte ein Sprecher des Verkehrsministeriums zu Uber: "Nach den vorliegenden Informationen handelt es sich bei den Fahrten um genehmigungspflichtige Personenbeförderungen." Über eine solche Genehmigung verfügen die Uber-Fahrer aber offenbar nicht. Das Verkehrsministerium warnt deshalb vor hohen Bußgeldern.
Die Unterlagen die nun The Verge vorliegen, sprechen eine andere Sprache. Uber, dessen CEO Travis Kalanick die Konkurrenz der Taxiindustrie bereits provokant als „Arschlöcher“ bezeichnete, geht demnach nicht nur bei der Wortwahl unter die Gürtellinie. Ausgangspunkt sind die „Markenbotschafter“ der Firma. Diese Mitarbeiter wirbt Uber über eine Personalvermittlung in Kalifornien an und lässt sie in Städten und Hochschulen Kunden anwerben. Mit dem Start von Lyft in New York hat Uber allerdings einen Teil seiner Fußtruppen mit einer Sonderaufgabe betraut, geht aus den E-Mails hervor.
Statt Studenten und Hausfrauen als Kunden zu werben, buchten sie Lyft-Fahrten, um dabei die Fahrer abzuwerben. Dabei winken den E-Mails aus der Uber-Zentrale zufolge „riesige Provisionschancen“ für die Freiwilligen. Die Rede ist laut Verge von bis zu 700 Dollar pro angeworbenem Fahrer. Das Spezialteam habe iPhones und eine Reihe gültiger Kreditkartennummern bekommen, um Fake-Konten bei Lyft zu eröffnen.