Googles Boston Dynamics Toyotas Vorstoß in die Robo-Welt

Das Unternehmen Boston Dynamics gehörte einst zu den Prestigeprojekten von Google. Doch nun will der Internetgigant den Roboterbauer womöglich an Toyota verkaufen. Welche Pläne der japanische Autohersteller hat.

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Ein Roboter der Firma Boston Dynamics. Google will die Firma an Toyota verkaufen. Quelle: dpa

Es war das Vorzeigeprojekt von Google-Mitgründer Sergey Brin. 2013 fügte er das Roboter-Unternehmen Boston Dynamics dem Portfolio hinzu, mit dem Google sich vom Internet-Unternehmen zum digitalen Zukunftskonzern weiterentwickeln will. Es gibt Medizin- und DNA-Forschung, selbstfahrende Autos, Hausautomatisierungen oder Ballons, die Internet in die entferntesten Winkel der Welt bringen sollen. Nur die Liebe zur Robotik scheint von kurzer Dauer.

Wie Techinsider unter Berufung auf mit der Sache vertrauten Personen am Wochenende berichtete, sei „die Tinte unter dem Vertrag“ mit Toyota „praktisch schon trocken“. Ein Kaufpreis wird nicht genannt. Keines der betroffenen Unternehmen war für eine aktuelle Stellungnahme erreichbar.

Im März gab es erste Gerüchte über Spannungen zwischen der Mutter Google und Boston Dynamics. Nach dem Weggang von Andy Rubin, der frühere Gründer des Smartphone-Betriebssystems Android und zuletzt Robotic-Chef bei Google, war es einem Bericht von Bloomberg zufolge nicht gelungen, die verschiedenen Robot-Aktivitäten zu koordinieren und zu konsolidieren. Nach E-Mails, die der Nachrichtenagentur zugespielt worden sein sollen, gab es eine „Mauer“ rund um Boston Dynamics, die eine Zusammenarbeit unmöglich gemacht hat.

Roboter parken Autos am Düsseldorfer Flughafen
Er sieht aus wie ein plattgedrückter Gabelstapler ohne Fahrerkabine. Kaum hat der Autofahrer seinen Wagen am Düsseldorfer Flughafen in einer Übergabestation abgestellt, surrt Roboter „Ray“ heran. Zuerst vermisst und fotografiert er das Auto, damit hinterher keiner behaupten kann, irgendein Kratzer wäre von ihm. Dann fährt er vorsichtig seine Gabeln aus, lupft das Auto an den Reifen an und verschwindet mit dem Wagen. Seit Montag hat die technische Weltneuheit das Parken für einen Teil der Stellplätze am Airport übernommen. Quelle: AP
Für 29 Euro Parkgebühr pro Tag erspart „Ray“ das Gekurbel und Gekurve in engen Betongeschossen und die Suche auf scheinbar endlosen Parkdecks nach einer freien Lücke: Das Premiumparken am Airport sei mit „Ray“ nicht teurer geworden, nur bequemer, versichern die Parkhausbetreiber. Die Zielgruppe sind Geschäftsleute. Die Investitionskosten von 1,5 bis 2 Millionen Euro für drei Roboter vom Typ „Ray“ und sechs Übergabestationen wollen sie durch die zusätzlichen Stellplätze einspielen: Weil „Ray“ keinen Kurvenradius hat und deswegen nur drei statt sechs Meter breite Wege braucht, können auf gleicher Fläche erheblich mehr Wagen untergebracht werden. Außerdem muss kein Abstand zum Öffnen der Türen und zum Rangieren eingehalten werden. Die Autos stehen dicht an dicht mit wenigen Zentimetern Abstand. Quelle: AP
Im Gegensatz zu automatisierten Parkhäusern, die etwa in New York und München wie ein Hochregallager mit verschiebbarem Aufzug konstruiert sind, können auch herkömmliche Parkhäuser mit „Ray“ nachgerüstet werden. „Wir haben Anfragen aus aller Welt, vor allem aus asiatischen Städten“, verrät „Ray“-Entwickler Rupert Koch (34). Im April hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Prototypen auf der Hannover Messe besichtigt. Doch das Blitzlichtgewitter der Fotografen habe die Präsentation verpatzt. „Ray“ mag keine Blitze und wenn sich Menschen nähern, stoppt er seine Fahrt - aus Sicherheitsgründen. Diverse Kinderkrankheiten habe man dem System in den vergangenen Testmonaten austreiben können, versichert Koch. Quelle: dpa
Entwickelt wurde „Ray“ binnen dreieinhalb Jahren vom kleinen bayerischen Unternehmen Serva Transport Systems in Grabenstätt mit 15 Mitarbeitern. Die haben sich viel von den fleißigen Industrierobotern abgeguckt, die fahrerlos durch moderne Autofabriken kurven und dort weitgehend die Logistik übernommen haben. Für den Flughafen haben die Ingenieure „Ray“ mit der Flugdatenbank verbunden. Sobald der Flieger des Autobesitzers gelandet ist, erfährt „Ray“ dies automatisch und kann den Wagen schon mal aus dem hintersten Winkel herbeischaffen und bereitstellen. Der Wagenbesitzer wird schon beim Abstellen des Wagens gefragt, ob er Gepäck aufgeben wird - entsprechend mehr Zeit kann sich „Ray“ lassen. Quelle: dpa
Das System weiß auch, ob ein Geschäftsmann direkt am Terminal aussteigt und in wenigen Minuten da ist, oder der Wagenbesitzer im Ferienflieger mit Bustransfer landet. Das ist wichtig, damit die Autos in der richtigen Reihenfolge parat stehen, wenn die Besitzer zurückkehren. Wenn er nicht gerade seinen Akku aufladen muss, arbeitet „Ray“ auch nachts. Dann optimiert er den „Lagerbestand“ an Autos und sortiert die Ausgabe der Wagen vor. Quelle: dpa
Mit Personalabbau gehe das neue System nicht einher, versichern die Parkhausbetreiber. Aufpasser würden rund um die Uhr vor Ort sein und könnten zur Not einen der Roboter beiseiteschieben, wenn der mal ausfalle. So bleibe das System flexibel. Quelle: dpa

Im Dezember folgte dann die offizielle Mitteilung, dass Googles sonstige Robot-Sparte, „Replicant“ genannt, mit dem Zukunftslabor Google X verschmolzen wurde. Die Zukunft des außen vor gebliebenen Boston Dynamics war ungewiss. Das Unternehmen veröffentlichte im Februar ein Video über einen humanoiden Roboter, der alleine Türen öffnen, durch einen Wald laufen, Waren aufheben oder in Regale stellen, hinfallen und wieder aufstehen konnte.

Zu dieser Zeit erreichte gerade die Diskussion um Roboter, die im großem Stil Menschen aus ihren Jobs drängen könnten, einen Höhepunkt. Zuvor hatte der Chef des Taxidienstes Uber, an dem Google beteiligt ist, davon gesprochen, dass das „eigentlich teure“ an einer Taxifahrt nur der Fahrer sei. Google selbst forscht an selbstfahrenden Autos, die Taxi- oder Lieferfahrer überflüssig machen könnten.

Toyota wiederum hat Ende 2015 ein eigenes Forschungslabor für künstliche Intelligenz und Robotik in den USA für 2016 angekündigt. Das Hauptquartier dafür ist im kalifornischen Palo Alto angesiedelt. Alleine die Anlaufinvestitionen werden laut Toyota eine Milliarde Dollar in den kommenden fünf Jahren betragen.

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