iPhone 7 Der Apple-Effekt

iPhone 7, iPhone 7 Plus und die Apple Watch Series 2: Apple stellt solide Weiterentwicklungen bestehender Geräte vor. Doch nichts davon wird die aktuellen Verluste des iPhones auffangen können.

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Guck mal, ohne Kabel: Apple-Chef Tim Cook stellt die neusten Produkte vor. Quelle: AFP

San Francisco Es ist eine Wirkung, wie sie nur Apple erzeugen kann. Erst sitzt der Zuschauer vor der dunklen Bühne im Bill Graham Civic Auditorium in San Francisco, zu der er mit hunderten anderen Teilnehmern gestürmt war. Er lauscht wohlwollend und zwangläufig angesteckt von der kribbeligen Aufregung den Rap-Beats, schaut sich poppige Videos über die neuen Produkte an, die Apple für ihn vorbereitet hat. Und dann, nach dem zweistündigen Geräte-Feuerwerk, steht der Zuschauer wieder draußen vor der Tür und fragt sich ernüchtert: War da was?

Klar, viele Informationen rund um iPhone 7, iPhone 7 Plus, die AirPods oder die neue Apple Watch waren bereits im Vorfeld durchs Netz gegeistert. Doch die neuen Features sind doch eher übersichtlich. Die bohrende Frage, wie Apple die schrumpfenden iPhone-Verkäufe kompensieren will, beantworten sie jedenfalls nicht.

iPhone 7, iPhone 7 Plus und die Apple Watch Series 2 kommen in neuen Farben und sind jetzt wasserfest, was besonders Sportler begeistern soll.

Bei den iPhones wurde die Kamera aufgerüstet. Der neue A10 Fusion Chip verarbeitet Bilder schneller und soll Akkulaufzeit sparen. Die 12-Megapixel-Kamera stabilisiert Aufnahmen und liefert künftig mehr Tiefenschärfe. Die neuen kabellosen AirPods ersetzen die derzeitigen Kopfhörer. Die neue Apple Watch sieht im Grunde aus wie ihr Vorgänger, hat aber nun GPS eingebaut.

All diese Funktionen sind nicht bahnbrechend, sondern logische Weiterentwicklungen bestehender Features. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Konzern die ganz großen Raketen für den zehnten Geburtstag des iPhones im kommenden Jahr aufspart. Und dennoch: Für Apple, das wie kein anderes Unternehmen dafür steht, sich mit neuen Geräten stets selbst zu kannibalisieren, waren die Produktvorstellungen am Mittwoch doch ein bisschen wenig.

Zumal dieser gut gelaunte Tim Cook da auf der Bühne massiv unter Druck steht. Sein Konzern ist abhängig vom iPhone, mit denen er nun fast zwei Drittel seiner Umsätze erwirtschaftet. Die Strategie hat die Firma in ungeahnte Höhen katapultiert. Der Konzern, wertvollstes Unternehmen der Welt, hat inzwischen eine Milliarde seiner Smartphones verkauft und Technologie-Geschichte geschrieben.


Die Wall Street interessiert sich nicht für Geschichte

Doch die Wall Street interessiert sich nicht für Geschichte, sie will Wachstum sehen. Und da läuft es derzeit einfach nicht gut für Apple. Die iPhone-Verkäufe schrumpfen und mit ihnen Apples Gewinne. Vergangenes Quartal fielen die Umsätze der iPhones um 23 Prozent, die Aktie verlor in den letzten zwölf Monaten 4,9 Prozent. Zwar stieg der Kurs nach der jüngsten Präsentation zeitweise um 0,5 Prozent. Doch klar ist: Der Markt in den USA und Europa ist gesättigt, Kunden warten länger, bis sie ein neues Smartphone kaufen.

Welch große Verwirrung darüber im erfolgsverwöhnten Cupertino herrscht, zeigt sich besonders deutlich, als Cook auf der Bühne den Retter von Bildung und Erziehung gibt. Man werde 50.000 Apple-Geräte an Schulen verschenken, die Digitalisierung solle schließlich auch dort ankommen, sagt er. Wie infam. Die Aggressivität, mit der sich der Konzern andererseits dagegen wehrt, Steuern zu zahlen, lässt an gesellschaftlicher Verantwortung eher zweifeln.

Die Apple Watch wird das iPhone erst einmal nicht ersetzen, egal wie viele Farben und Designs Apple aufruft. Dazu ist der Markt mit Wearables zu klein. Laut Analyse des Marktforschungsinstituts IDC schrumpften die Verkäufe sogar im Vergleich zum vergangenen Jahr um 32 Prozent. Apple ist in diesem Segment zwar nach wie vor Marktführer, musste aber laut IDC im Vergleich zu Konkurrenten wie Samsung, Lenovo oder LG mit 55 Prozent die höchsten Einbrüche einstecken.

Weil es mit der Hardware einfach nicht schnell genug vorangeht und es jedes Jahr unbedingt ein neues Gerät sein muss, baut Apple das wachsende Segment “Services” aus. Neue Funktionen der Anwendung HomeKit sollen das Zuhause noch besser vernetzen.

Der neue drahtlose AirPod ist nur vordergründig ein Versuch, neue Einkünfte aus Kopfhörern zu generieren. Vielmehr ist er eine weitere Plattform für Siri. Die AirPods sind Apples Versuch, die auf künstlicher Intelligenz basierende Sprachassistentin noch besser mit dem Nutzer zu verschweißen. Siri direkt in unserem Ohr. Das hört sich ziemlich aussichtsreich an – solange das Ding dem Träger nicht aus dem Ohr fällt.

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