Microsoft, Deutsche Telekom Große Wolken in Berlin

Die Chefs von Microsoft und Deutscher Telekom luden zu einem gemeinsamen Termin in Berlin ein, um über das Thema Cloud zu sprechen. Dabei wollen die Amerikaner von der Vertrauenswürdigkeit der Deutschen profitieren.

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Der Microsoft-Chef warb für die gemeinsamen Cloud-Dienste seines Unternehmens mit der Deutschen Telekom. Quelle: Reuters

Berlin Immer mehr Besucher drängen sich durch die Tür in das kleine Auditorium, bis es rund 400 sind und sie nahezu jede Ecke im Raum ausfüllen. Sind sind gekommen, um zwei wirtschaftliche Schwergewichte gemeinsam zu sehen: Microsoft-CEO Satya Nadella und den Chef der Deutschen Telekom Timotheus Höttges. Sie hatten nach Berlin, ins Hauptstadtbüro des US-Konzerns geladen. Sie wollen darüber sprechen, wie Clouds den digitalen Wohlstand unterstützen – aber vor allem ist es ein PR-Termin.

Clouds, das sind keineswegs ungreifbare Luftgebilde, sondern harte, absolut fassbare Server, auf denen massenhaft Daten gespeichert werden können. Damit müssen die Informationen nicht mehr auf dem Computer, dem Smartphone oder einem sonstigen Gerät gespeichert werden. Programme kommen dann aus eben jenen Clouds, die entweder zentral irgendwo im Unternehmen – oder bei einem Dienstleister gespeichert werden.

Und dort kommen Microsoft und die Deutsche Telekom ins Spiel. Ersterer bietet seine Software, wie etwa die bekannten Office-Programme wie Word oder Excel, nun auch aus der Cloud an. Die Telekom bietet über ihre Tochter T-Systems Cloudservices an und hat in Biere in Sachsen-Anhalt ein großes Rechenzentrum gebaut. Vergangenes Jahr haben die beiden Konzerne eine Kooperation verkündet. Die Amerikaner bieten ihren Kunden nun an, ihre Daten bei den Deutschen zu speichern.

Bei der Kooperation geht es aber nicht nur um die reine Dienstleistung der Datenspeicherung. Microsoft will vom Ruf der Telekom als vertrauenswürdiger Konzern und den deutschen Datenschutzvorgaben profitieren. Sie haben ein spezielles Treuhänder-Modell vereinbart. Microsoft hat keinerlei Zugriff auf die Server, auf denen die Daten gespeichert sind. Falls doch mal ein Mitarbeiter daran muss, werden sie von speziell geschulten Technikern der Telekom begleitet. Seit Anfang September dieses Jahres ist das Angebot verfügbar.

Das soll Vertrauen schaffen – einer der wesentlichen Punkte für den Erfolg der Cloud, wie Nadella in Berlin erklärt. Andere sind die Skalierbarkeit von Angeboten und Intelligenz. Microsoft will sein Cloud-Produkt Azure zum „weltweit ersten Supercomputer“ für künstliche Intelligenz machen. Alle Kunden sollen diese Intelligenz in ihre Programme einbauen können.

Die Cloud gilt allenthalben als Geschäftsmodell der Zukunft. Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass sich die dezentrale Speicherung der Daten im Jahr 2020 durchgesetzt habe und Unternehmen statt einer defensiven Haltung gegenüber der Technologie positiv gestimmt sein werden. 2019 sollen mehr als 30 Prozent der hundert größten Software-Anbieter nur noch in neue Cloud-Produkte investieren. Den Marktforschern von IDC zufolge werden im Jahr 2019 Unternehmen weltweit 141 Milliarden Dollar für Cloud-Services ausgeben. 2015 waren es halb so viel.  Noch nutzten allerdings laut einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom von Mitte dieses Jahres erst 16 Prozent der Internetnutzer in den vergangenen zwölf Monaten Bürosoftware aus der Cloud für private Zwecke.


Erst 15 Prozent der Unternehmen nutzen die Cloud

Wie Telekom-Chef Höttges dem Publikum in Berlin später erklärt, sind sogar die Zahlen der Cloud-Nutzer in Deutschland unter Vorbehalt zu sehen. Wenn Unternehmen Cloud-Angebote nutzen, dann meist nur für Email-Dienste oder für Pilotprojekte, erklärt er. Nur 15 Prozent würden tatsächlich die Möglichkeiten von Clouds nutzen. Die restlichen 85 Prozent bergen ein enormes Wachstumspotenzial für die Telekom und Microsoft. Die Bonner haben den Anspruch, im Cloud-Geschäft um 20 Prozent pro Jahr zu wachsen. In den ersten sechs Monaten stieg der Umsatz in diesem Bereich um 22 Prozent auf rund 700 Millionen Euro.

Für Satya Nadella ist der Auftritt in Berlin Teil seiner Cloud-Werbetour durch Europa, die am Montag in Irland begonnen hat. Danach ging es nach Paris, am Donnerstag wird er in London sein. Drei Milliarden Dollar hat der Konzern bereits in Europa investiert. Innerhalb eines Jahres wurde die Kapazität verdoppelt. Er hat Rechenzentren unter anderem in Irland, Frankreich und Großbritannien aufgebaut.

Doch reines Werben für die eigenen Produkte reicht in diesen Tagen längst nicht mehr aus. Nach dem Vorbild der Konzerne und Start-ups aus dem Silicon Valley muss hinter nahezu jedem neuen Produkt immer ein größeres Ganzes stehen: Weltfrieden, Wissen, Wohlstand für alle. Mit diesen schwer-diskutierbaren guten Vorsätzen wird die Verbreitung von neuen Technologien argumentiert.

Auch Microsoft folgt einem solchen Vorsatz: „Es unsere Mission, jeder Person und jedem Unternehmen in der Welt die Möglichkeit zu geben, mehr zu erreichen“, hatte Nedalla bereits am Montag erklärt. Und so trägt auch das Buch, das er gemeinsam mit seinem Chefjuristen Brian Smith vorstellt, einen gewichtigen Namen: „ A Cloud for Global Good“ – „Eine Cloud für den weltweiten Wohlstand”. Es beinhaltet laut Nadella Ideen für eine breite Diskussion darüber, wie Clouds disruptiven Technologien helfen können, Vertrauen zu fördern und nachhaltiger zu sein. Einer der 78 Vorschläge in dem Buch sieht vor, flexible Rahmenbedingungen für die Nutzung von sensible Daten mit hochentwickelte Analyseverfahren zu gestalten.

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