Twitter und Snap Die Rückkehr der Börsen-Kellerkinder

Twitter und Snap überraschen mit guten Zahlen. Ist das nun ein neues Lebenszeichen oder nur ein letztes Aufbäumen?

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Die Aktien des Kurznachrichtendienstes hatten am Donnerstag einen Höhenflug. Quelle: Reuters

San Francisco Es war die Woche der Kellerkinder an der Wall Street. Erst meldete am Dienstag der schon fast abgeschriebene Foto-App-Anbieter Snap weit besser als erwartete Zahlen, was den Kurs der Aktie nachbörslich um gut 50 Prozent nach oben katapultierte. Am Donnerstag zeigte dann auch Twitter erste Lebenszeichen nach endlosen Quartalen des Trübsals.

Der Umsatztrend des Kurznachrichtendienstes zeigte im Quartal wieder nach oben und lag mit 732 Millionen Dollar deutlich besser als Analysten erwartet hatten. Zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte gab es einen echten Quartalsgewinn, ohne die bei Start-ups aus Silicon Valley üblichen „Bereinigungen“, bei denen gerne wichtig Kostenblöcke ausgespart werden.

Diese „Non-GAAP“-Zahlen sehen optisch besser aus. Doch selbst nach diesen sehr harten Buchführungsrichtlinien, denen auch die Berichte an die Börsenaufsicht unterliegen, sah Twitter 91 Millionen Dollar Nettogewinn.

Die Zahlen quittierte die Börse mit einem Kursaufschlag von 25 Prozent im frühen Handel. Am Ende des verlustreichen Börsen-Donnerstags, bei dem der Dow-Jones 1000 Punkte verlor, blieben noch 12,5 Prozent Plus übrig.

Die Aktien von Twitter und Snap hatten nach ihren Börsengängen die Aktionäre zunächst schwer enttäuscht. Jetzt aber keimt Hoffnung auf. An der Börse liefern sich beide nun ein Kopf an Kopf-Rennen. Snaps Börsenbewertung lag am Donnerstag bei 23,3 Milliarden Dollar, Twitter robbte sich auf 22,4 Milliarden Dollar heran.

Fraglich ist, wer der bessere Anlagekandidat ist – sofern es diesen überhaupt gibt angesichts der derzeitigen Korrektur am Aktienmarkt. Während Twitter einen ersten Nettogewinn einfahren konnte, schrieb Snap mit 349 Millionen Dollar im abgelaufenen Quartal immer noch tiefrote Zahlen. Der Punkt geht an Twitter.

Im Vergleich zum Vorjahr steigerte Twitter die Anzahl der monatlich aktiven Nutzern um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr von 318 auf 330 Millionen, Analysten hatten mindestens 332 Millionen erhofft. Verglichen mit dem dritten Quartal gibt es sogar nur Stillstand.

Snap hatte nach vernichtenden Nutzerzahlen 2017 in einem Gewaltakt seine Smartphone-App Snapchat komplett runderneuert. Das Ergebnis war ein Zuwachs der täglich aktiven Nutzer von 18 Prozent im Jahresvergleich auf 187 Millionen. Hier punktet Snap.

Beim Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahresquartal zeigt sich Twitter wieder mit einem Plus von vier Prozent auf 732 Millionen Dollar verhalten. Snap weist ein Plus von 72 Prozent auf 285 Millionen Dollar auf. Wenn auch deutlich kleiner, zeigt Snap die höhere Dynamik.

Womit wird das Geld verdient? Twitter nahm im Quartal 644 Millionen Dollar aus Werbung ein, ein Miniplus von einem Prozent. Der Rest, Lizenzen und Ähnliches, wuchs um zehn Prozent auf 87 Millionen.

Snap generiert praktisch den gesamten Umsatz mit Werbung. Der Werbeverkauf wurde umgebaut –ein Auktionssystem wie bei Facebook und Google kümmert sich inzwischen darum, nicht mehr Mitarbeiter aus Fleisch und Blut. Geringere Preise wurden dabei durch mehr Kunden aufgefangen. Mit 72 Prozent Plus ist Snap wieder Dynamiksieger.

Fazit: Die beiden Underdogs der Social-Media-Szene sollten (noch) nicht abgeschrieben werden. Angesichts der starken Kursgewinne scheint es jedoch riskant, derzeit einzusteigen. Analysten haben im Schnitt eine „Halten“-Empfehlung für Twitter ausgeprochen. Pivotal Research rät indes zum Verkauf. Bei Snap ein ähnliches Bild: Die durchschnittliche Bewertung der Analysten auf der Finanzseite von Yahoo ist „Halten“.

Es bleibt also abzuwarten, ob die überraschenden Lebenszeichen aus dem Börsenkeller neuen Optimismus rechtfertigen oder doch nur ein Einzelfall waren. Die nächsten Quartale müssen es zeigen.

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