Verfassungsbeschwerde Verlegerverband verwundert über NDR-Entscheidung

Verlage und Rundfunkanstalten streiten seit langem über die Frage, was die Sender im Internet dürfen. Der NDR will das in Karlsruhe klären lassen - die Zeitungsverleger hinterfragen die Entscheidung.

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Die Anwendung des NDR beschäftigt deutsche Gerichte seit mehreren Jahren. Quelle: dpa

Berlin Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hat wenig Verständnis für die Verfassungsbeschwerde des Norddeutschen Rundfunks (NDR) gegen das Urteil zur „Tagesschau“-App. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe in seiner Entscheidung hierzu bereits die Grundrechte der Rundfunk- und der Pressefreiheit sorgsam abgewogen, teilte der Verband am Dienstag mit. „Mit dem Ergebnis, dass das Verbot presseähnlicher Telemedienangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Schutz der Presse verfassungsrechtlich geboten ist.“

Der NDR hatte am Montagabend mitgeteilt, er habe im Rechtsstreit um die „Tagesschau“-App am 22. Januar gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Köln (OLG) „fristwahrend Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht“. NDR-Justiziar Michael Kühn erklärte zur Begründung, der Sender habe entschieden, Karlsruhe anzurufen, um das Verbot einer gesamten Ausgabe der „Tagesschau“-App vom 15. Juni 2011 überprüfen zu lassen und um alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.

Über das Thema Presseähnlichkeit streiten Verlage und öffentlich-rechtliche Sender bereits seit langem, auch vor Gericht. Im Kern geht es darum, wie umfangreich der Textanteil in den Apps und Online-Auftritten der Sender sein darf. Das OLG Köln hatte die besagte Ausgabe der „Tagesschau“-App als „in unzulässiger Weise presseähnlich“ bewertet. Zuvor hatten mehrere Zeitungen gegen die App geklagt - mit den Argument, sie habe ein zu umfangreiches Textangebot und verzerre den Markt, weil sie über den Rundfunkbeitrag finanziert werde.

Der Verband sei verwundert über die Entscheidung des NDR, so BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff. Denn der BGH habe in seinem Urteil vom 30. April 2015 rechtskräftig entschieden, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk das im Rundfunkstaatsvertrag verankerte Verbot nicht-sendungsbezogener presseähnlicher Telemedienangebote beachten müsse. Diese dürften nicht textdominiert sein, sondern müssten ihren Schwerpunkt in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung haben.

„Wir brauchen eine neue politische und verfassungsrechtliche Debatte darüber, welche Aufgaben der öffentlich-rechtliche Rundfunk im digitalen Zeitalter in Zukunft hat und wo er mit seinen Angeboten eine Gefahr für die Pressevielfalt darstellt“, so Wolff in der Mitteilung des BDZV.

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