Leichter und stabiler Autobauer planen das Karbon-Zeitalter

Die deutschen Autokonzerne machen Tempo bei der Neuerfindung des Automobils. Hierfür knüpfen die Premiumhersteller Allianzen für Karosserien aus neuen Materialen. Nach BMW hat nun auch Konkurrent Daimler einen Partner für den Verbau von Kohlefaser in ihren Fahrzeugen gefunden.

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Quelle: handelsblatt.com

FRANKFURT/MÜNCHEN. Am Mittwoch erklärte der Autokonzern Daimler, künftig gemeinsam mit dem japanischen Chemieunternehmen Toray Industries Leichtbauteile aus Karbonfasern für Autos zu entwickeln. Erste Teile sollten bereits in zwei bis drei Jahren in Serienfahrzeuge von Mercedes-Benz eingebaut werden, sagte eine Sprecherin. Zuvor hatte bereits BMW eine umfangreiche Partnerschaft mit SGL Carbon geschlossen.

Als erstes Mercedes-Serienfahrzeug wird wohl nach Einschätzung von Branchenkennern die nächste Generation des Oberklasse-Sportwagens SL mit den besonders leichten Karbonteilen ausgerüstet. Experten sehen nun den Druck auf Volkswagen mit seiner Nobeltochter Audi wachsen, sich ebenfalls rasch einen Partner für diese Technik zu suchen.

Die deutschen Premiumhersteller richten damit ihre Fertigung im Vorzeichen des Umbruchs zur Elektromobilität und der Klimadebatte neu aus. BMW hatte bereits Anfang April verkündet, mit dem Wiesbadener Karbonfaserspezialisten SGL in den USA eine gemeinsame Fabrik zu bauen. Die Bayern wollen ab 2013 Elektroautos in Großserie produzieren.

Karbon besteht aus dünnen Fasern reinen Kohlenstoffs, die verwoben und eingebettet in Harz die Härte von Stahl besitzen, aber bis zu 50 Prozent weniger wiegen. Um die künftig strengeren Abgasnormen für den CO2-Ausstoß zu erfüllen, kann den Herstellern eine Gewichtsreduktion sehr helfen.

Toray ist mit einem Marktanteil von 34 Prozent der weltweit größte Hersteller von Kohlefaserstoffen. Die Japaner schlossen mit Daimler zunächst nur eine Entwicklungsvereinbarung. Die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zu einem späteren Zeitpunkt sei aber nicht ausgeschlossen, sagte die Sprecherin. Über die Produktion sei noch nicht entschieden. Es ist das erste Mal, dass Toray Autoteile aus Karbon entwickelt.

Daimlers Forschungsvorstand Thomas Weber sprach von einem wichtigen Schritt, da diese Werkstoffe in Zukunft wesentlich an Bedeutung gewännen. Ziel sei, bei jeder Baureihe das Rohbaugewicht bis zu zehn Prozent im Vergleich zum Vorgänger zu senken.

Während BMW die Fertigung von kompletten Kohlefaserkarosserien für sein geplantes Elektroauto anstrebt, will Daimler vorerst nur Bauteile aus Karbon herstellen. Diese sollen bald in mehreren Baureihen Verwendung finden. "Die Herstellungskosten sind extrem hoch, die Verarbeitung der Fasern ist sehr aufwendig", warnte Autoexperte Christoph Stürmer vom Brancheninstitut IHS Global Insight. So hat Boeing enorme Produktionsprobleme beim Kohlefaser-Rumpf seines Flugzeugs Dreamliner.

Bislang hat die Autoindustrie einen großen Bogen um Kohlefaser in der Serienproduktion gemacht. Vor allem der deutlich höhere Preis im Vergleich zu Aluminium und Stahl schreckte ab. Für Toray ist die Allianz eine Chance, das Karbongeschäft, das 2009 einen deutlichen Einbruch erlebt hat, wieder zu stabilisieren.

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