Burmester-Anlagen 100.000-Euro-Luxus für die Ohren

Die deutsche High-End-Audiolegende Burmester klagt über die Ohrstöpselträger und freut sich über das bessere Gehör von Frauen. Ein Gespräch mit Dieter Burmester.

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Dieter Burmester Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Herr Burmester, wozu braucht der Mensch eine Audioanlage für 100 000 Euro?

Dieter Burmester: Ganz einfach: um sein kulturelles Bedürfnis nach unverfälschter Musikwiedergabe zu befriedigen. Es geht um Kunst für die Ohren – und das auf höchstem Niveau. Wir sehen uns als Bewahrer und als Mittler von Kunst und Kultur.

Aufnahmen von Elvis Presley, den Beatles oder Herbert von Karajan füllen das private Wohnzimmer mit dem Geist von Musik, die auf keiner Konzertbühne dieser Welt mehr erlebt werden kann. Wir haben im Übrigen auch Anlagen für 20 000 Euro.

Wem ist ein Superklang so viel Geld wert?

Es sind viele Menschen darunter, die hart arbeiten und viel verdienen. Sie wollen sich mit einer Spitzenanlage dafür belohnen, dass sie keine 40, sondern 80 Stunden die Woche arbeiten. Manche sparen aber auch lange, um sich ihren Traum vom unverzerrten Musikgenuss zu erfüllen.

Wenn der Zuhörer die Augen schließt, der Musik lauscht und ihn nichts stört, dann haben wir einen guten Job gemacht. Bei einer schlechten Anlage muss das Gehirn ständig korrigieren und kleine Übersteuerungen, Verfälschungen oder die fehlende Dynamik weg- oder hinzudenken. Die Emotionen, die durch die Musik geweckt werden, sind oberstes Gut und sollen ungehindert erreicht werden.

Ist vieles nicht reiner Kult?

Wir nennen das in der Branche Voodoo. Natürlich gibt es Anbieter, die den Leuten das Unmögliche versprechen. Aber die verschwinden nach kurzer Scheinblüte wieder. Unzählige Auszeichnungen aus der deutschen und der internationalen Fachpresse in den letzten 30 Jahren belegen, dass unser Ansatz nachvollziehbar ist und wir keinen Voodoo-Kult betreiben.

Ist das der Grund, warum Sie Röhrengeräte ablehnen?

Halt, als Musiker...

...Sie spielen E-Gitarre...

...schätze ich sogar den warmen Klang der Röhrentechnik bei den Verstärkern für meine Gitarren. Aber ich weiß, dass dieser runde Klang eine Verfälschung ist. Wer diesen Klang auch am heimischen Verstärker liebt, mag sich ein solches Röhrengerät kaufen.

Wir bieten Röhrentechnik nicht an. Wir stehen für den Klang, wie ihn die Konzertmeister, Musiker und Tontechniker sich vorgestellt haben. Röhren fügen dem aber eine individuelle Note hinzu.

Kann man das wirklich alles hören?

Ja. Sonst wären wir nicht mehr da. Wir sind ein kleines Unternehmen mit nur 30 Beschäftigten und können unsere Produkte nicht mit großen Werbekampagnen in den Markt drücken. Wir stehen weltweit auf weit mehr als 20 High-End-Messen jährlich oder bei den Händlern im direkten Vergleich zu anderen Anbietern. Die Unterschiede sind auch für ungeübte Ohren sofort nachvollziehbar.

Frauen hören besser

Elvis Presley Quelle: AP

Die meisten Ihrer Kunden sind männlich und oft über 40 Jahre alt. Gibt es in 20 Jahren noch eine High-End-Szene?

Sicher, denn es gibt auch viele jüngere High-End-Liebhaber. Und es gibt immer mehr Frauen unter unseren Nutzern. Die bringen frischen Wind in die Szene. Sie hören erwiesenermaßen besser, und sie gehen unvorbelastet mit der Technik um. Auf die Messen kommen auch immer mehr Paare – vor wenigen Jahren noch unvorstellbar.

Hat die nachwachsende Generation überhaupt noch einen Sinn für tollen Klang?

Ich sehe mit Sorge, wie die Kinder mit MP3-Spielern und Stöpsel in den Ohren aufwachsen. Und auf ihren MP3-Spielern haben sie dann lieber viele Stücke in geminderter Qualität gespeichert als wenige in hoher Auflösung. Aber es gibt auch einen Gegentrend. Endverbraucher entdecken den Hörgenuss wieder.

Weil sie inzwischen einen Laptop, Tablet-Rechner und ein Smartphone haben, wollen immer mehr ein gutes Gerät, das nicht schon wie viele der neuen Kommunikationsgeräte in zwei Jahren überholt und wertlos ist. Unsere Anlagen behalten ihren Wert auch nach 30 Jahren noch. Und manche steigern ihren Wert als Sammlerstück.

Bugatti Veyron Quelle: REUTERS

Alle renommierten Autohersteller verbessern die Audioanlagen in den Fahrzeugen. Wie wichtig ist das für Sie?

Sehr wichtig, und wir sind froh, daran maßgeblich beteiligt sein zu dürfen. Denn damit erleben die Kinder zum Beispiel eine Klangqualität, die sie über ihre Stöpsel in den Ohren nicht kennenlernen und oftmals auch nicht im familiären Wohnzimmer haben.

Wie wichtig ist das Autogeschäft für Sie?

Wir beschäftigen uns seit mehr als zehn Jahren mit dem Thema, denn zu der Zeit haben wir mit der Entwicklung des Soundsystems für den Bugatti Veyron angefangen. Jedes der 300 Exemplare dieses exklusiven Superautos ist mit einem Burmester-High-End-Sound-System ausgestattet. Bei Porsche, unserem zweiten Automobilpartner, sind wir mittlerweile in drei Modellen erhältlich, und es ist zu erwarten, dass wir uns in diesem Segment noch stärker positionieren werden.

Müssten Sie nicht stärker Techniken wie Musik von der Festplatte oder aus dem Internet integrieren?

Das tun wir. In den ersten Monaten des kommenden Jahres werden wir einen eigenen Server herausbringen, der Musik von der Festplatte liefert. Das wird den Markt bewegen, weil keiner unserer Wettbewerber ein Gerät mit einer vergleichbaren Funktionenvielfalt anbietet. Natürlich verarbeitet der Server auch Signale aus dem Netz oder vom Smartphone. Ohnehin können Sie fast alle unsere Geräte, die nach der Jahrtausendwende auf den Markt kamen, in zentral gesteuerte Home-Entertainment-Systeme integrieren.

Wie profitabel ist der Mittelständler Burmester?

10 bis 14 Prozent Umsatzrendite vor Steuern erzielen wir in den meisten Jahren. Dieses Ertragsniveau brauchen wir, um unsere Innovationen vorzufinanzieren. Die Entwicklung des neuen Servers dauerte zwei Jahre. Da sind wir mit einem siebenstelligen Betrag in Vorleistung getreten.

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