Innovationen Warum Mittelständler immer seltener Neues wagen

Die Zahl innovativer mittelständischer Unternehmen ist in den vergangenen Jahren drastisch eingebrochen. Das zeigt eine Studie der KfW. Welche Branchen besonders innovationsscheu sind – und was die Gründe dafür sind.

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Keine Branche ist laut einer KfW-Studie so innovationsscheu wie das Baugewerbe. Quelle: Reuters

Frankfurt Die Eisdiele, die sich eine neue Geschmacksrichtung einfallen lässt; das Modellabel, das den Online-Shop überarbeitet; der Schraubenproduzent, der ein neues Lagerkonzept entwickelt: All diese Unternehmen gehören laut der Förderbank KfW in die Kategorie der innovativen Mittelständler. Doch solche Unternehmen gibt es immer weniger, wie aus dem Innovationsreport hervorgeht, den KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner am Dienstag vorstellte. Demnach ist die Zahl innovativer Unternehmen um 237.000 auf rund 800.000 im Jahr 2015gesunken – ein Rückgang von knapp 20 Prozent.

Lag der Anteil der Innovatoren an den rund 3,65 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland im Zeitraum von 2012 bis 2014 noch bei 29 Prozent, waren es im zwischen 2013 und 2015 nur noch 22 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Studie. „Der rückläufige Trend, der sich seit Mitte der 2000er Jahre abzeichnet, hat sich beschleunigt“, sagte Zeuner. „Das ist kein gutes Ergebnis“. Die Zahl der innovativen Unternehmen ermittelt die KfW in einer repräsentativen Umfrage von bis zu 5000 Firmen, die jedes Jahr an der Studie teilnehmen.

Vor allem kleinere Unternehmen mit weniger als fünf Mitarbeitern verzichten vermehrt darauf, neue Produkte oder Dienstleistungen anzubieten. Besonders drastisch bricht auch der Anteil innovativer Firmen in der Gruppe jener Unternehmen ein, die einen Teil ihrer Umsätze im Ausland erwirtschaften. Und auch aus der Gründerszene sind wenige Innovationen zu erwarten: Der Anteil der Gründer an der Zahl der 18 bis 65-Jährigen ist auf dem niedrigsten Stand seit über zehn Jahren.

Besonders innovationsscheu ist die Bau- und die Dienstleistungsbranche. Dort liegt der Anteil Unternehmen, die im Zeitraum von 2013 bis 2015 Neues gewagt haben, bei unter 25 Prozent. Doch selbst im forschungsintensiven, produzierendem Gewerbe sind weniger als die Hälfte der Unternehmen innovativ. Der Mittelstand läuft nach Ansicht von Chefvolkswirt Zeuner Gefahr, von den Großunternehmen abgehängt zu werden: Während die Dax-Konzerne im Durchschnitt pro Beschäftigten jedes mehr Umsatz machen, wächst die Produktivität im Mittelstand deutlich langsamer.

Trotz des Rückgangs innovativer Unternehmen lagen die Investitionen für neue Produkte und Dienstleistungen zwischen 2013 und 2015 weitgehend konstant bei rund 37 Milliarden Euro. Zeuner reicht das jedoch nicht: „Es sollten sich ehrgeizige Ziele gesetzt und sich nicht auf dem Erreichten ausgeruht werden“.

Als Hauptgrund für die sinkende Zahl innovativer Mittelständler nennt Zeuner Finanzierungsprobleme: Viele Unternehmen können Innovationen nicht mit dem eigenen Kapital stemmen, nehmen jedoch auch keine Kredite in Anspruch. Dabei sei die Versorgung mit Bankkrediten exzellent, so Zeuner. Ein Grund für die Zurückhaltung der Firmen könnten niedrige Absatzerwartungen sein, vermutet er.

Auch der Mangel an Fachkräften hemmt die Innovationsfreude des deutschen Mittelstands. Hinzu kommt der demografische Wandel: Die Belegschaft in vielen Unternehmen wird immer älter, damit sinkt laut der KfW-Studie auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Firmen neue Produkte oder Dienstleistungen anbieten.

Um den Abwärtstrend bei den Innovationen zu stoppen, seien mutige Gründer, starke Geldgeber und gut ausgebildete Fachkräfte gefordert, sagt Zeuner: „Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, das Innovation und Wandel begrüßt.“

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