Interview mit Jürgen von Wendorff „Die Branche muss sich fragen, was der Mittelstand will“

Der Vorstand des Beteiligungskapitalgebers Hannover Finanz über zaghafte Annäherungsversuche zwischen Mittelstand und Investoren, Family Offices und Unternehmer, die mit Anfang 60 nicht mehr digitalisieren wollen.

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Der Vorstand der Hannover Finanz Gruppe sieht Family Offices nicht als Konkurrenz zu den Beteiligungsgesellschaften. Quelle: imago stock&people

Düsseldorf Eigentlich hat Jürgen von Wendorff keine Zeit, aber das Thema Mittelstand und Beteiligungskapital ist ihm wichtig.  Hannover Finanz hat gerade die Rekordsumme von 117 Millionen Euro Veräußerungsgewinnen gemeldet und schüttet 97 Millionen an die Investoren  - vor allem Versicherungen und Pensionsfonds – aus. Zwischen zwei Terminen nimmt er sich etwas Zeit, um zu erklären, wo es zwischen Mittelstand und Investoren noch hakt. Er gehört seit zwei Jahren dem Vorstand des Bundesverbands deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften an und ist dort für den Mittelstand zuständig.

Bitte sagen Sie in zwei Sätzen, was Hannover Finanz von anderen Kapitalbeteiligungsgesellschaften unterscheidet?
Wir können längere Laufzeiten, Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen anbieten und sind deshalb ein bevorzugter Partner für Familienunternehmen.

Es scheint, dass sich immer mehr kleine Private Equity-Häuser auf den deutschen Mittelstand fokussieren, haben Sie das auch beobachtet?
Das sehe ich auch so, der deutsche Mittelstand bietet ein enormes Potenzial. Aber: Nicht der deutsche Mittelstand muss sich an die Beteiligungsbranche anpassen, sondern die Beteiligungsbranche muss sich fragen, was der deutsche Mittelstand will: Und der will längere Laufzeiten und die Bereitschaft der Investoren, auch  Minderheitsbeteiligungen einzugehen.

Und warum passen sich die Finanzinvestoren nicht an?
Weil die Laufzeit ihrer Fonds begrenzt ist. Wir sehen aber, dass der Trend zu längeren Laufzeiten da ist, die Finanz-Investoren sprechen auch zunehmend mit ihren Geldgebern darüber. Aber bislang sind nur sehr wenige dazu bereit, auch Minderheitsbeteiligungen einzugehen - wenn auch mit steigender Tendenz.

Sind die Family Offices eine große Konkurrenz für Ihre Branche?
Ich fasse sie nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung auf. Sie bringen das nötige Verständnis, den unternehmerischen Ansatz  und die längerfristigen Engagements mit und manchmal geben sie sich auch mit Minderheitsbeteiligungen zufrieden. Das hilft der ganzen Branche, Beteiligungskapital als echten Mehrwert zu begreifen.  

Glauben Sie, dass Familienunternehmer irgendwann anders denken über Beteiligungskapital?
Es sind nur kleine Schritte, die Mittelstand und Investoren auf einander zugehen, aber einen anderen Weg gibt es nicht. Wir Kapitalgeber müssen einfach gute Arbeit machen und darüber sprechen, dass wir volkswirtschaftlich einen positiven Beitrag leisten, dann findet das jeder positiv.

Am Dienstag hat sich ein Verein gegründet, „Unternehmer finanzieren Unternehmen“. Der Verein will Unternehmern, die den Kontakt zu Private Equity scheuen, neue Möglichkeiten eröffnen. Was machen die PE-Häuser falsch?
Sie sollten nicht auf Mehrheitsbeteiligungen und kurze Laufzeiten pochen und ein partnerschaftlicheres Modell mit den Unternehmen pflegen.

Welche Trends beobachten Sie zurzeit in Ihrer Branche?
Familienunternehmen öffnen sich zunehmend für Beteiligungskapital. Die Digitalisierung fordert neue Leute und neue Strukturen, auch deshalb leiten viele Unternehmer den Nachfolgeprozess früher ein. Mancher will sich der Digitalisierung mit Anfang 60 nicht mehr stellen. Es tut dem Mittelstand gut, sich zu öffnen.

Sind Sie als Hannover Finanz ein Außenseiter im BVK, weil sie Minderheitsbeteiligungen eingehen?  
Als Gründungsmitglied des BVK sind wir sicher kein Außenseiter, wir haben aber vielleicht durch unsere Minderheitsbeteiligungen eine Sonderstellung.

Venture Capital wächst laut BVK-Statistik, Mittelstandsfinanzierung eher weniger, wie geht es weiter?
Im vergangenen Jahr gab es auch bei den Mittelstandsfinanzierungen einen Aufwärtstrend, in diesem Jahr sehen wir es noch nicht.

Herr von Wendorff, vielen Dank für das Interview.

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