Versicherungen Warum Versicherer mit einigen Maklern nicht zusammenarbeiten wollen

Versicherungsmakler sind unabhängige Vermittler und nicht an eine Gesellschaft gebunden. Doch immer wieder versuchen Versicherer die Makler unter Druck zu setzen. Getreu dem Motto: Mehr Abschlüsse, sonst kommt die Kündigung.

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Büro einer Allianz-Vertretung Quelle: dpa

So sucht sich die Allianz offenbar ganz gezielt die Vermittler heraus, die ihr auch viele neue Verträge bringen. „Etwa 50 000 Euro Prämienvolumen im Jahr brauchen Makler, damit die Allianz mit ihnen zusammenarbeitet“, sagt der Hamburger Versicherungsrechtler Stephan Michaelis. Diese Zahl will die Allianz nicht bestätigen. Gewisse Neugeschäftserwartungen habe der Versicherer aber an die Makler, wenn auch die Höhe kein Grund sei, eine Courtagezusage zu widerrufen, sagt ein Sprecher der Allianz.

Die Courtagezusage ist in diesem Geschäft nichts anderes als die Eintrittskarte in den Markt. Schließt ein Maklerkunde eine Allianz-Lebensversicherung ab, bekommt der Makler nur dann dafür eine Vergütung - die Courtage - , wenn er vom Versicherer die entsprechende Zusage hat.

Bei Versicherungsmakler Marcus Leichter* hat die Allianz die Zusammenarbeit allerdings wegen der Zahl seiner Abschlüsse beendet. Leichter hat sich auf eine sehr spezielle Nische konzentriert: Er sucht für die Flugzeuge, Hubschrauber und Ballone seiner Kunden die passende Police. Neue Verträge darf Leichter der Allianz nicht mehr vermitteln. Die von der Gesellschaft erstellten Angebote und die Zahl der tatsächlich abgeschlossenen Verträge stünden in einem „krassen Missverhältnis“, schrieb ihm die Gesellschaft in einem Brief, welcher der WirtschaftsWoche vorliegt.

Leichters Anfragen sind der Allianz schlicht zu teuer. „Die Versicherer suchen gezielt, mit wem sie zusammenarbeiten und erpressen so die Makler. Mehr Verträge oder Kündigung“, sagt Leichter. Immerhin: Seine bestehenden Kunden darf er weiter betreuen und erhält dafür auch die Vergütung vom Versicherer.

Versicherer wirbt Kunden sogar ab

Vor vier Jahren brachte ihm der Postbote auch vom Versicherer Gerling das Kündigungsschreiben ins Haus. Zwölf Verträge hatten seine Kunden bei der Gesellschaft, die 2005 aufgekauft wurde und heute als Marke HDI-Gerling Sach zum Hannoveraner Talanx-Konzern gehört. Gerling wollte keinen davon weiterführen.

Leichters Kunden hätten sehr teure Schäden gehabt und er selbst bringe dem Versicherer nur wenig neue Kunden, schrieb ihm Gerling in dem Brief, der der WirtschaftsWoche vorliegt. „Da wir keine Hoffnung haben, dass sich in absehbarer Zeit eine Besserung einstellen könnte, beenden wir hiermit die Zusammenarbeit mit Ihrem Hause“, heißt es darin. Leichter konnte sich dagegen nicht wehren, er musste die Flugzeuge seiner Kunden bei anderen Versicherern unterbringen. „Die wollten mich einfach loswerden“, ist er überzeugt.

Denn so ganz stimmen die Argumente des Versicherers wohl nicht: Nach der Kündigung habe Gerling – trotz der angeblich hohen Schäden – sogar mehrfach seine Kunden direkt angeschrieben und zwei von ihnen abgeworben, sagt Leichter.

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*Name von der Redaktion geändert

Vor wenigen Monaten hat es Leichter noch einmal bei dem Versicherer versucht. Ein neuer Kunde, der seine Police bei der HDI-Gerling hat, wollte nun von ihm beraten werden. Der Makler schrieb dem Versicherer. Die Antwort kam prompt. Zusammenarbeiten will HDI-Gerling mit ihm immer noch nicht. Leichter muss die Flugzeuge woanders versichern, wenn er den Kunden nicht verlieren will.

Laut der HDI-Gerling Sach entscheiden nicht Größe und Umsatz darüber, ob der Versicherer mit einem Makler zusammenarbeitet. Der Makler müsse die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, zusätzlich wolle sich HDI-Gerling davon überzeugen, „dass der Makler bezüglich Kompetenz und Kundenorientierung unsere Vorstellungen in gleicher Weise verfolgt“. Bei Maklern, die eine Vereinbarung mit der Gesellschaft haben und über eine längere Zeit keine neuen Verträge bringen, kläre die Vertriebsdirektion, wie eine weitere Zusammenarbeit aussehen kann. „Soweit auf beiden Seiten kein nennenswerter Nutzen erkannt wird, wird die Verbindung beendet“, heißt es bei HDI-Gerling.

Dass Versicherer mit bestimmten Maklern nicht zusammenarbeiten wollen, ist zwar durch die Vertragsfreiheit geschützt. Es widerstrebt aber im Grunde der Intention des Gesetzgebers, denn der Makler soll den Markt objektiv und ausgewogen untersuchen und aus einer hinreichenden Anzahl von Versicherern Policen auswählen. 

„Wie soll ich dem Kunden erklären, dass der Versicherer die Zusammenarbeit gekündigt hat?“, fragt Leichter. „Das ist geschäftsschädigend.“ Der Makler kann zwar selbst einzelne Gesellschaften ausschließen, muss das aber dem Kunden systematisch begründen. Daher fordert der Verband Deutscher Versicherungsmakler, dass die Gesellschaften zumindest mit allen seinen Mitgliedern zusammenarbeiten. Bisher ist er damit auf taube Ohren gestoßen.

Nicht nur ärgerlich, sondern ein handfestes Problem

Dass Versicherer mit einigen Maklern nicht zusammenarbeiten wollen, ist für diese nicht nur ärgerlich, sondern auch problematisch. Denn durch Fusionen und Übernahmen gibt es hierzulande immer weniger Gesellschaften. Sehr spezielle Policen wie sie Makler Leichter vermittelt, bieten nur wenige Gesellschaften an. „Wenn es in einer Sparte irgendwann einmal nur noch zehn Versicherer gibt und fünf davon wollen mit einem Makler nicht zusammenarbeiten, wird das zum Problem“, sagt Rechtsanwalt Michaelis.

Das ist in einigen Sparten heute schon Realität: Nur noch eine Handvoll Gesellschaften haben die Berufshaftpflichtpolice, mit der sich die Makler selbst absichern, im Programm.  „Da kann man sich schon fragen, ob hier noch ausreichend Wettbewerb existiert“, sagt Frank Rottenbacher vom AfW - Bundesverband Finanzdienstleistung.

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