Weltspitze Wie man in Russland Geschäfte macht

Handelsblatt.com bietet Ihnen mit der Serie "Weltspitze - wie Deutsche international Erfolg haben" praktische Hilfe: Jeden Montag präsentiert der Personalberater und Buchautor Sergey Frank eine Kolumne zu dem Thema, wie Unternehmer im Ausland Geld verdienen können. Heute geht es um Russland.

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In Russland muss man einiges beachten, wenn man hier erfolgreich Geschäfte machen will. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

Vor einigen Wochen haben wir begonnen, die Wachstumsmärkte zum Thema "Risiken beim Unternehmenskauf" im Detail zu analysieren. Heute führen wir das Thema weiter und beschäftigen uns mit Wachstumschancen in solchen Märkten, speziell am Beispiel Russlands. Denn hier bestehen neue Marktchancen zu einem Zeitpunkt, wo etablierte Märkte zumindest stagnieren.

Auf Russland einlassen

Jedem Investment liegt ein wirtschaftliches Interesse zugrunde. Dennoch hängt der Erfolg in Russland auch davon ab, wie stark man bereit ist, sich auf das Land, seine Kultur, Sprache und Mentalität einzulassen. Russische Geschäftspartner spüren sehr genau, wie Sie über Russland denken. Die Sympathie für deutsche Geschäftsleute rührt auch daher, dass diese versuchen, sich dem Land zu nähern und einen partnerschaftlichen Umgang auf Augenhöhe anstreben. Ein paar Brocken Russisch, ein Lob auf russische Musik, Sport oder Wissenschaft, ein Hinweis auf Besuche in St. Petersburg oder im Altai eröffnen den Zugang. Auch Geschäftsleute sind Menschen.

Vielfach besteht aber auch noch das Vorurteil, in Russland müsste man Geschäftsverhandlungen mit Wodka begleiten. Die Zeiten sind in den meisten Branchen vorbei. Es würde auf manche der neuen hocheffizienten russischen Managementgeneration inzwischen äußerst befremdlich und geringschätzig wirken.

Viel Sorgfalt für Rahmenbedingungen und Businessplan verwenden

Am Beginn eines jeden Russlandengagements steht ein Businessplan. Auf die Erarbeitung dieses Businessplanes ist besondere Aufmerksamkeit zu verwenden. Viele Investitionen scheitern deshalb, weil ihnen unrealistische Annahmen zugrunde lagen. Wer etwa von westlichen Gehaltssteigerungen von maximal 5% ausgeht, wird sehr bald ein Personalkostenproblem bekommen. Wer westliche Produktivität in die Planung einstellt, wird ein Überraschung erleben.

Im Businessplan müssen sich die russischen Besonderheiten widerspiegeln. Daher können Zeit- und Kostenansätze nicht nur aus Deutschland beurteilt werden. Ausreichende Puffer sind unerlässlich. Viele westliche Projektverantwortliche versprechen ihrer Geschäftsleitung im Businessplan viel zu viel, sei es, um die Projekte unbedingt zu starten, sei es, weil in der ersten Phase zu sehr gespart wurde. Diese Projektverantwortlichen geraten schnell in eine sehr schwierige Lage. In Russland läuft ihnen der Plan aus dem Ruder, während sie von Deutschland unter Druck gesetzt werden, weil sie die selbst gesetzten Ziele und Budgets nicht einhalten.

Ohne ortskundige Berater, insbesondere auch im Hinblick auf politische Rahmenbedingungen, ist das Erstellen eines solchen realistischen Businessplans kaum möglich. Es wäre kurzsichtig, Berater erst einzuschalten, wenn man schon im Land ist und die ersten Schritte tut. Noch schlimmer ist es, sich erst bei auftretenden Problemen an sie zu wenden. Die Erfahrung zeigt, dass die Korrektur von Fehlern ein Mehrfaches an Zeit, Energie und damit Geld erfordert als die von Anfang an seriöse Gestaltung. Gerade rechtliche Strukturen lassen sich nur noch mühsam korrigieren. Auf das Thema Politikberatung werden wir gesondert im Rahmen der Serie eingehen. Klar ist aber, dass diese unverzichtbar ist.

Auch wenn Präsident Medwedew inzwischen im großen Stil versucht, Korruption zu unterbinden und die Rechtssicherheit zu verstärken, gibt es in diesen Fragen nach wie vor an vielen Stellen Probleme. In diesen Fällen hilft eine starke politische Unterstützung.

Businessorganisation

Bereits im Businessplan ist auch die Organisation der Tätigkeit in Russland zu planen. Neben der oben dargestellten Wahl einer geeigneten Rechtsform sind zahlreiche weitere Faktoren zu beachten. Grundsätzlich erfordert die Eigenverwaltung eines Unternehmens deutlich mehr Aufwand als in Deutschland. Sehr viel mehr Mitarbeiter sind nur damit beschäftigt, das Unternehmen am Leben zu erhalten, alle rechtlichen Anforderungen zu erfüllen, Steuern zu zahlen, Genehmigungen einzuholen, Personal zu verwalten usw.

Im Gegensatz zu Moskau, das Russland als ein extrem schnelllebiges Land erscheinen lässt, erfordern viele Dinge im Rest des Landes sehr viel mehr Zeit als in der Heimat. Dabei ist zudem in Rechnung zu stellen, dass Geschäfte in Russland weniger geradlinig und gleichmäßig verlaufen. Zeiten extremer Hektik stehen lange Ruhephasen gegenüber, bevor wieder alles ganz schnell gehen muss.

Zu beachten ist zudem, dass zahlreiche Fragen bereits vor dem Beginn eines Engagements zu klären sind. So sollten etwa Schutzrechte an geistigem Eigentum stets vor dem ersten Russlandgeschäft mit Wirkung für Russland geschützt werden. Dies erfordert keine Aktivitäten in Russland, sondern kann auch aus der Heimat heraus geschehen. Ähnliches gilt für Lizenzen, Genehmigungen oder Internetadressen.

Fazit

Es ist nicht immer leicht, in Russland Geschäfte zu machen. Dies gilt auch im Hinblick auf die neuen Giganten und die sich daraus potenziell ergebenden neuen Möglichkeiten. Die traditionelle Nähe Russlands zu Deutschland, verstärkt noch durch die große Zahl russischsprachiger Menschen in beiden Ländern, gibt Investoren aus beiden Ländern einen Vorsprung gegenüber anderen Wettbewerbern. Zusammenfassend kann man sagen, dass das Potenzial, das die neuen russischen Unternehmen mitbringen, einen näheren Blick auf eine mögliche Zusammenarbeit mit ihnen durchaus lohnenswert macht.

Der Co-Autor:

Professor Dr. Andrey V. Zverev ist als Gesandter der Botschaft der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland und als Leiter des Handels - und Wirtschaftsbüros der Botschaft der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland für die Entwicklung der Außenwirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland verantwortlich. Als Wirtschaftswissenschaftler ist er Autor vieler Publikationen und Monografien, deren Schwerpunkte innovative Wirtschaft, Schaffung nationaler Innovationssysteme und Innovationsfinanzierung sind. (zverev@rfhwb.de)

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