Wolf-Henning Scheider Mahle-Chef übernimmt bei ZF

Die Turbulenzen beim Autozulieferer ZF Friedrichshafen haben vorläufig ein Ende: Mahle-Chef Wolf-Henning Scheider ist der neue starke Mann am Bodensee. Bei seiner Aufgabe wird er viel Fingerspitzengefühl brauchen.

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Der neue ZF-Chef stammt aus dem Saarland und begann seine Karriere bei Bosch Quelle: ZF

Friedrichshafen Wolf-Henning Scheider wird ab 1. Februar neuer Vorstands-Chef von Deutschlands drittgrößtem Autozulieferer ZF Friedrichshafen. Der Aufsichtsrat des drittgrößten deutschen Autozulieferers mit rund 37 Milliarden Euro Umsatz wählte den 55-Jährigen am Mittwoch in Friedrichshafen einstimmig. Die Wahl sei „sehr einvernehmlich über die Bühne gegangen“, wie es in Aufsichtsratskreisen heißt. Scheider beginnt seine Arbeit bereits am 1. Februar. „Als CEO von Mahle hat Wolf-Henning Scheider viel Kompetenz in einem wegweisenden Transformationsprozess gezeigt“, sagte ZF-Aufsichtsratschef Franz-Josef Paefgen.

Die Abstimmung galt eigentlich nur noch als Formsache, nachdem der spektakuläre Wechsel vom Chefposten des Branchenvierten Mahle in der vergangenen Woche durchsickerte. Der Top-Manager hat fast 30-jährige Erfahrung im Zulieferbereich. Neben Mahle führte er auch das automobile Zuliefergeschäft beim Weltmarktführer Bosch.

Es ist schon das zweite Mal binnen weniger Jahre, dass Scheider für eine Überraschung sorgt: 2015 wechselte er von Bosch zu Mahle. Bei Bosch führte er die Automobilsparte und war damit für zwei Drittel des Konzernumsatzes des weltgrößten Autozulieferers zuständig. Mahle war mit zwölf Milliarden Euro Umsatz viel kleiner. Scheider begründete seinen Wechsel damals damit, dass er gerne einmal Vorstandschef werden wollte. „Mich hatte es gereizt, bei Mahle die Gesamtverantwortung für ein Unternehmen zu übernehmen. Das war der ausschlaggebende Grund“, vertraute Scheider dem Handelsblatt in einem Interview im vergangenen Sommer an.

Und jetzt? ZF Friedrichshafen ist dreimal größer als Mahle. Auch wenn Scheider ein eher sachlich fundierter und ruhiger Vertreter seiner Zunft ist, zeigt der jetzige Schritt, wie zielstrebig und machtbewusst er ist. Beim Kolbenspezialisten Mahle hat er mit seiner „dualen Strategie“ den Umstieg auf die E-Mobilität forciert. Eine ähnliche, aber größere Aufgabe wartet künftig bei ZF auf ihn. Neben der E-Mobilität geht es bei ZF auch darum, eine wichtige Rolle bei den künftigen Roboterautos zu spielen.

Für den neuen ZF-Chef gab es erstmal Vorschusslorbeeren. „Der Branchenexperte Scheider steht als Manager mit seinen fachlichen wie auch menschlichen Fähigkeiten einerseits für Kontinuität – er wird die bestehende Strategie ZF 2025 konsequent fortführen“, erläuterte Paefgen. „Andererseits steht der Vordenker Scheider für einen moderierten Wandel – er wird ZF mit Fingerspitzengefühl und im steten Austausch mit allen Anspruchsgruppen durch den herausfordernden Transformationsprozess steuern.“

Fingerspitzengefühl wird er besonders brauchen. Sein Vorgänger Stefan Sommer hatte das Unternehmen im Dezember 2017 nach einem Streit vor allem mit der der Stadt Friedrichshafen gehörenden Eigentümerstiftung verlassen. Der Aufsichtsrat hatte Sommer die geplante Übernahme des Bremsenherstellers Wabco für sechs Milliarden Euro verweigert.

Aber vor allem wurde Sommer zum Verhängnis, dass er mit dem Friedrichshafener Oberbürgermeister nicht klarkam. Andreas Brand führt die Zeppelin-Stiftung und ist damit so etwas wie ein Eigentümer auf Zeit. Nirgendwo in Deutschland gehört einer 60 000-Einwohner-Gemeinde ein Konzern mit über 36 Milliarden Euro Umsatz.

Brand hat es jetzt mit der Hilfe des neuen Aufsichtsratschefs Franz-Josef Paefgen immerhin geschafft, einen namhaften Nachfolger zu finden. Brand begrüßte ebenso wie Joachim Meinecke, der Vertreter der Ulderup-Stiftung, die die restlichen 6,2 Prozent der Anteile hält, die Berufung des Mahle-Chefs.

Der Wechsel war nur möglich, weil Mahle-Aufsichtsrats-Chef Heinz K. Junker Scheider bei noch laufendem Vertrag keine Steine in den Weg legte. Zudem sind die Überschneidungen der beiden Zulieferer noch relativ gering ist. Mit Fortschreiten der Elektromobilität in beiden Unternehmen wäre in den kommenden Jahren solch ein spektakulärer Wechsel wohl kaum noch möglich.

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