Insolvenzverwalter Berater sollen schuld an Märklin-Pleite sein

Beraterhonorare in zweistelliger Millionenhöhe sind nach Ansicht des Insolvenzverwalters Pluta schuld an der Pleite des Modelleisenbahnherstellers Märklin. Plutas erste Maßnahme: "Alle Berater raus".

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Gespräche mit den Banken Quelle: AP

Insolvenzverwalter Michael Pluta hat die hohen Honorare für Unternehmensberater als Grund für die Insolvenz des schwäbischen Modelleisenbahnherstellers Märklin ausgemacht. „Wenn die Beratungskosten nicht bestanden hätten, wäre die Firma jetzt nicht pleite“, sagte Pluta gestern auf der Nürnberger Spielwarenmesse. Dort stellt das 150 Jahre alte Unternehmen trotz der Schieflage 400 Neuheiten aus.

In einzelnen Jahren habe das Unternehmen mit zuletzt 128 Millionen Euro Umsatz bis zu zwölf Millionen Euro für Berater ausgegeben, rechnete Pluta vor. Für den Betrag, der über die Jahre dafür ausgegeben worden sei, hätte man die ganze Firma kaufen können.

Geschäftsführer Dietmar Mundil räumte ein, dass die häufig wechselnden Sanierungshelfer oft mehr Irritationen ausgelöst als Nutzen gestiftet hätten.

Seine erste Maßnahme im Unternehmen beschrieb Insolvenzverwalter Pluta mit den Worten: „Alle Berater raus.“ Schon damit spare Märklin einen knapp zweistelligen Millionenbetrag im Jahr, das sei fast die Hälfte des Jahresverlustes. „Da tränen einem die Augen“, sagte Pluta zur Anzahl der bei Märklin tätigen Berater.

Nach einem jahrelangen, lähmenden Familienstreit war Märklin 2006 den Finanzinvestoren Kingsbridge und Goldman Sachs verkauft worden. Der Ulmer Rechtsanwalt Pluta sagte, die Verluste der vergangenen drei bis vier Jahre hätten das Eigenkapital von Märklin aufgezehrt und zur Überschuldung geführt. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die Kreissparkasse Göppingen hatten ausgelaufene Kreditlinien über 50 Millionen Euro nicht verlängert und damit die Reißleine gezogen.

Von der Pleite betroffen sind zunächst 650 Mitarbeiter in Göppingen und bei der Tochter Trix. Die Produktion im ungarischen Györ, wo weitere 630 Menschen arbeiten, will Pluta nicht in die Insolvenz rutschen lassen.

Pluta wünscht sich als Käufer für das Traditionsunternehmen einen Mittelständler, „der Herzblut mitbringt“. Vages Interesse gebe es bereits. „Es gibt so ein paar Planeten, die um uns kreisen, aber konkret ist noch nichts“, sagte er. Manager Mundil ist zuversichtlich, dass es für Märklin weitergeht. Die Aufträge seien seit 2006 stabil. „Und das stärkt unsere Zuversicht, dass wir Märklin in eine neue Zukunft lenken können.“

Der britische Rivale Hornby hatte vergangene Woche von schweren Zeiten für das Spielzeugeisenbahn-Geschäft und einer geringen Nachfrage im Spätherbst gesprochen. Die Märklin-Kunden sollen von der Insolvenz nichts merken. „Wir führen fort. Alle Produkte“, betonte Pluta. Die Garantien gälten, Ersatzteile würden weiter geliefert. Auf der Fachmesse beäugten am Donnerstag vor allem Männer im mittleren Alter die kleinen Züge, die durch winzige Tunnels fahren und an kleinen Bäumen und Dörfern vorbeizockeln. Kinder sind auf der Spielwarenmesse nicht zugelassen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%