Spitzelaffäre Die brisantesten Dokumente aus dem Telekom-Prüfbericht

Seit Monaten behaupten Top-Manager der Deutschen Telekom, wenig und sehr spät von der Spitzelaffäre im eigenen Unternehmen erfahren zu haben. Briefwechsel belegen das Gegenteil. Hier lesen Sie drei aufschlussreiche Dokumente aus dem internen Prüfbericht im Wortlaut.

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Sprechzettel für VV für das Gespräch mit VAR

BalzBonn, den 29.8.07.

Sprechzettel für VV für das Gespräch mit VAR

Anrede:

Herr Dr. Zumwinkel,

ich spreche Sie wegen einer Sache an, die Ihnen in den Grundzügen schon länger bekannt sein dürfte als mir und die mir, aber auch KGE, große Sorgen macht.

Im Sommer 2005 wurde Herr Wegner als Quelle einer Indiskretion aus dem Aufsichtsrat ermittelt, die in die Zeitschrift CAPITAL gelangte.

Wie ich inzwischen herausgefunden habe, wurden die Ermittlungen von den handelnden Personen (angeleitet wohl von dem Abteilungsleiter Ermittlungen, Trzeschan, des Konzernsicherheitsbereichs) mit rechtlich bedenklichen Mitteln, unter anderem auch mit einer Speicherung und Auswertung von Verbindungsdaten des Herrn W. und des betroffenen Journalisten geführt. Die in meinem damaligen Verantwortungsbereich – der TMO/TMD – eingerichteten personellen und organisatorischen Sicherungen wurden offenbar bewusst umgangen, ebenso möglicherweise die unmittelbaren Vorgesetzten des Handelnden.

Aufgrund der mit solchen Mitteln letztlich gewonnenen Erkenntnisse über das Verhalten des Herrn W. gegenüber den Medien sollen Sie nach den uns inzwischen vorliegenden Aussagen gemeinsam mit KUR zwei Gespräche geführt haben, bei deren zweitem W. seine Handlung eingeräumt haben soll. Er wurde darauf wohl von Ihnen scharf vermahnt, aber nicht zum Rückzug aus seinen Funktionen auf betrieblicher und Organebene gedrängt.

Der mir jetzt vorliegende Sachverhalt birgt nach Auffassung unserer Juristen zwei Probleme:

1) Mutmaßlicher Verstoß gegen Strafgesetz (§ 206 StGB) durch die handelnden Personen, wobei mit dem Post- und Fernmeldegeheimnis ein für unser Haus, sein Geschäft und seine Zuverlässigkeit zentral bedeutsames Rechtsgut und Grundrecht verletzt wurde.

2) Schwächung des institutionellen Gewichts der Betriebs- und Unternehmensverfassung, unter Umständen auch Verstoß gegen Elemente des Sarbanes Oxley Act (Independence of Board Members), zudem Herr W. auch Mitglied des Audit Committee ist.

Als Folge des unter (1) genannten strafrechtlichen kritischen Sachverhalts müssen der Vorstand und ich als Ressortverantwortlicher vor allem personelle und organisatorische Überlegungen betreffend die Konzernsicherheit anstellen.

Für Ihren Rat hierzu bin ich stets sehr dankbar.

Als Folge des unter (2) genannten andauernden Zustandes – Schwächung der Arbeitnehmermitbestimmung auf Unternehmens- und Betriebsebene -, der eine AR-Angelegenheit betrifft, möchte ich bei Ihnen anregen, mit Ihnen geeignet erscheinenden Mitteln eine rasche Regularisierung des Zustandes anzugehen.

Beide Sachverhalte könnten uns auch in der Öffentlichkeit schwer beeinträchtigen. Der Kreis der Mitwisser ist inzwischen bereits recht groß. Mit einer Information der Öffentlichkeit muss daher jederzeit gerechnet werden. Mir ist deswegen daran gelegen, rasch alles Erforderliche zu tun und zu dokumentieren, damit sich solche Ermittlungshandlungen nicht wiederholen können.

Herr Trzeschan hat sich bei der Anhörung durch unsere Rechtsabteilung dahin geäußert, dass er allenfalls eine Aussage machen könne, wenn er von Ihnen als seinem persönlichen Auftraggeber von der Pflicht zur Vertraulichkeit entbunden werde. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie gegenüber Herrn Trzeschan über mich oder auf anderem Wege eine solche „Entbindungserklärung“ bald abgeben würden.

Ich werde Sie über den weiteren Fortgang der Sache gerne laufend informiert halten.

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