Erneuerbare Energien Solarbranche verlangt Schutzzölle

Deutsche Hersteller von Solarzellen protestieren gegen die Konkurrenz aus China. Der Grund: Die Deutschen glauben, dass die Chinesen die Preise drücken. Von Dumping ist die Rede. Nun soll die Bundesregierung einschreiten - und die EU-Kommission. Droht jetzt eine neue Form des Öko-Protektionismus?

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Solarzellen in Berlin: Die deutsche Branche klagt über chinesisches Dumping. Quelle: ap Quelle: handelsblatt.com

FRANKFURT/ODER. Die deutsche Solarindustrie will sich gegen den zunehmenden Import von Solarmodulen aus China zur Wehr setzen. Der Chef von Conergy, Dieter Ammer, will gemeinsam mit anderen Solarfirmen bei der Bundesregierung und der Europäischen Kommission für eine Untersuchung der Preispolitik der chinesischen Hersteller werben. "Die Preise sind am Rande von Dumping", sagte Ammer in Frankfurt an der Oder. Zum jetzigen Niveau könnten ohne Staatshilfen auch die Produzenten aus China nicht rentabel arbeiten.

Da die Kosten für den Rohstoff Silizium bekannt seien, wisse er, zu welchem Preis die Chinesen ihre Module kostendeckend anbieten könnten, sagte Ammer. Einen Vorteil hätten sie nur bei den Kostenblöcken Arbeit und Energie. Mit Antidumpingzöllen müsse das Ungleichgewicht kompensiert werden.

In der Branche stieß der Vorschlag von Ammer auf Zustimmung. Auch andere Solarfirmen sehen sich im Wettbewerb mit chinesischen Anbietern benachteiligt. Der Bundesverband Solarwirtschaft trägt derzeit Informationen über die Preisgestaltung der Konkurrenz aus Fernost zusammen. "Wir sammeln noch, es ist daher zu früh für ein abschließendes Urteil", sagte Verbandsvertreter Carsten Körnig.

"China hat ganz klar Dumpingpreise", sagte Solarworld-Chef Frank Asbeck dem Handelsblatt. Er spricht sich daher für die Einführung einer "Buy European"-Regelung aus, die den Import von Modulen aus den Vereinigten Staaten blockieren würde. "China und die USA haben vergleichbare Regelungen", begründete er seine Forderung. In der Tat haben die beiden Länder entsprechende Klauseln in ihren Förderprogrammen für erneuerbare Energien festgeschrieben. Europa hat sich bislang gegen "Buy European"-Regeln gesperrt.

Der Ruf nach protektionistischen Maßnahmen kommt nicht von ungefähr. Die deutsche Solarindustrie sieht sich mit einem hohen Preisabschlag für Module und Zellen konfrontiert. Seit Herbst vergangenen Jahres sind diese bis zu 30 Prozent billiger geworden. Ursache für den Preisverfall ist die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe für Solarprojekte. Einige Bankhäuser wie die WestLB oder die Royal Bank of Scotland haben die Finanzierung laut Branchenangaben komplett eingestellt. Wegen der dadurch ausgelösten geringeren Nachfrage nach Solarmodulen sind bei vielen Produzenten die Lager voll. Um diese zu räumen und Abschreibungen zu vermeiden, verkaufen einige Firmen ihre Module mit einem Preisabschlag.

Von dem Preiskampf werden auch die Produzenten aus China getroffen, viele im Boom entstandene Firmen sind mittlerweile vom Markt verschwunden. Zugleich sind aber mit Suntech und Yingli Schwergewichte entstanden, deren Produkte bei Tests nicht schlechter als die von westlichen Konkurrenten abschneiden. Die Größe schützt aber nicht vor roten Zahlen: Yingli musste zur Wochenmitte einen Umsatzeinbruch von 25 Prozent bekanntgeben; unerwartet rutschte der Konzern in die Verlustzone.

Der Yingli-Konzern wies die Vorwürfe der deutschen Industrievertreter zurück. "Es gibt keine Beihilfen, und wir verkaufen unsere Produkte auch nicht unter den Produktionskosten", sagte Stuart Brannigan, Geschäftsführer von Yingli in Europa, dem Handelsblatt. Wie bei vielen anderen Produkten seien die Kosten für Solarmodule in China einfach deutlich niedriger.

Aber nicht nur das: Um dem Auslandsabsatz auf die Sprünge zu helfen, sollen mittlerweile chinesische Banken als Finanziers einspringen. Sie vergeben Kredite für Solarprojekte in Deutschland und anderen Ländern Europas, bei denen Solarmodule aus China verwendet werden, heißt es in der Branche. Die Kunden bräuchten erst nach einigen Monaten zu bezahlen, wenn sich gezeigt habe, dass die Anlagen laufen. Solarworld-Chef Asbeck und auch Ammer erkennen darin eine unerlaubte Beihilfe.

Auf lange Sicht sehen Experten die Newcomer aus China aber im Nachteil. Anders als deutsche, japanische und amerikanische Solarkonzerne verfügen diese kaum über die Patente, die nötig sind, um neue Technologien und Verfahrensweisen für die junge Industrie zu entwickeln. Forschung und Entwicklung würden daher nicht nach China abwandern, allenfalls die Produktion von standardisierten Produkten könnte nach dort verlagert werden, sagte ein Manager einer deutschen Solarfirma.

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