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Keine Angst vor der Selbstlob-Runde: „Stellen Sie sich bitte allen einmal vor“

Die meisten hassen sie, doch Vorstellungsrunden in neuen Teams sind für Sie die Chance, die Weise, wie Sie wahrgenommen werden, ab Sekunde eins wesentlich zu prägen. Fünf Tipps.

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Über sich selber reden. Ein Horror mit Erfolgspotenzial. Wenn Sie es gut machen. Angenommen, jemand heißt Leonie Meier und soll oder möchte sich vor neuen Kollegen, Kunden oder Partnern vorstellen: „Und dann ist hier ja noch ein neues Gesicht in der Runde. Leonie Meier. Wir sind total glücklich, Sie im Team zu haben. Leonie, stellen Sie sich doch bitte allen einmal vor.“ Ich empfehle Ihnen an dieser Stelle zu wetten. Wetten Sie, dass der erste Aufschlag so beginnt: „Ja, also wie gesagt, ich bin Leonie Meier…“ (Betonung am Ende nach oben)

Ihre Wettgewinnchancen sind gut. Wenn Sie allerdings selber so anfangen, sich vorzustellen, verlieren Sie Überzeugungspotenzial. Warum? Weil Sie so dem Aufgabensteller auf den Leim gehen. Motto: Sicher ist sicher. Nicht anecken, dann hat man schnell wieder seine Ruhe. Das ist der alte Effekt, den ich „Schulkind-Konditionierung“ nenne. Wir haben von klein auf in der Schule gelernt, dass eine Aufgabe erst dann gut gelöst ist, wenn der Aufgabensteller, nämlich Lehrerin oder gar das Prüfungsamt einen Haken dran machen.

Viele trauen sich deshalb im Erwachsenenalter oftmals nicht, sich selbstbewusst zu fragen: „Wie löse ich die Aufgabe so, dass ich selber davon maximal profitiere?“

Tipp 1: Überwinden Sie die „Schulkind-Konditionierung“

Dieser Tipp gilt für Bitten und Fragen, die an Sie herangetragen werden. Wenn Sie ein Unbehagen verspüren, schalten Sie blitzschnell: Schade ich mir, wenn ich der Aufforderung eins zu eins Folge leiste?

Bei der Bitte „Stell Dich mal allen vor“ bleiben Sie wahrscheinlich unter Ihren Möglichkeiten, wenn Sie nach dem gelernten Schema F vorgehen.

  1. Name wiederholen
  2. Funktion
  3. bisheriger Werdegang
  4. je nach Stimmung kurzer Hinweis auf Familienumstände und Hobbys
  5. Artikulierung der Vorfreude auf den neuen Job

Bumm! Das ist die vermeintliche Da-kann-man-nichts-falsch-machen-Strategie. Weil man das so macht. So sind alle auf der sicheren Seite. Und Sie verblasen die Chance zu punkten. Denn aus dem langweiligen Allerlei-Standard können Sie einen unvergesslichen Moment machen.

Tipp 2: Fragen Sie sich: Welches Potenzial hat die Vorstellungsrunde?

Wie immer in der Kommunikation gilt auch hier: Wovon wollen Sie überzeugen? Dazu ist erstmal zu klären: Wovon können Sie in der konkreten Situation überhaupt überzeugen?

Stellen wir uns einen Stuhlkreis in einem Seminar vor, in dem acht Teilnehmende unterschiedlicher Firmen sitzen, die sich allesamt nicht kennen. Und dann heißt es: „Vielleicht stellt sich jeder einfach mal mit zwei, drei Sätzen vor.“

Was ist jetzt möglich? Ich würde meinen: Alles von der Vermittlung des Eindrucks „lasst mich die kommenden zwei Tage alle in Ruhe“ über „ich möchte das Bindeglied der Gruppe sein“ und „für die Jokes bin ich zuständig“ bis „ich bin hier das Alphatier“.

Und was wollen Sie vermitteln? Je nachdem können Sie in der Vorstellungsrunde auftreten. Während in einem Seminar Ihre Wahrnehmung durch die anderen vielleicht eher unerheblich ist, weil davon die Karriere und die eigene Zufriedenheit nicht dauerhaft abhängen, kann dies beim ersten Aufschlag vor Kunden, vor Dienstleistern, vor Partnern und vor dem Vorstand schon anders aussehen.

Auch hier fragen Sie sich: Was ist jetzt möglich? Und was davon will ich vermitteln? „Ich bin ein Teamplayer“, „ich bin ein Antreiber“, „ich sprühe vor Ideen“, „ich gehe Dinge unkonventionell an“, „ich bin Everybody´s Darling“? Machen Sie sich das klar.

Tipp 3: Fragen Sie sich: „Wie erreiche ich mein Überzeugungsziel?“

Den eigenen Namen zu wiederholen dürfte fast nie sinnvoll sein. Seien Sie ruhig selbstbewusst. Das ist jetzt gefragt. Es geht um Sie.

Wenn Sie etwa als jemand gelten wollen, der mutig und gut gelaunt Probleme angeht, dann würde das sicher gut gelingen, indem Sie eine kleine Geschichte aus Ihrer Erinnerung erzählen, in der das gut geklappt hat.

„Ich habe Spaß daran, Probleme anzupacken. Einmal haben wir in meiner alten Firma… Am Ende waren alle zufrieden. Das war für mich ein Hochgefühl. Darauf freue ich mich auch hier.“

Ich kenne keine Ausnahme von der Regel: Alle sind froh, wenn es nicht langweilig ist.

Wenn Sie merken, dass es angebracht wäre zu beschreiben, wie Sie so ticken, dann könnte auch eine Anekdote aus dem Privatleben hilfreich sein, etwa: „Wie ich damals mit dem Fahrrad bis nach Kapstadt gefahren bin.“ Weil Sie damit nämlich schildern können, wie wichtig es Ihnen ist, fremde Kulturen kennenzulernen.

Vielleicht passt all das aber auch nicht.

Tipp 4: Fragen Sie Ihren Bauch: „Überziehe ich die Selbstdarstellung?“

Vor kurzem habe ich einen meiner Klienten gebeten, seine eigene Expertise in vollen Tönen zu loben. Weil ich wusste: Lieber würde er im Erdboden versinken. Am Ende hat er sich überwunden und es kam heraus: Er ist sehr erfolgreich in seinem Joballtag und gilt in der Firma als eines der Vorbilder. Er hat sogar von sich selber behauptet: „Ich bin einer der Besten.“ Warum aber kam er dennoch nicht überheblich rüber?

Weil er mir auf die Frage „Musst Du für Deinen Erfolg Dein Team manchmal auch mit deutlichen Worten einnorden?“ wie aus der Pistole geschossen geantwortet hat: „Nein. Ich vertraue meinen Leuten zu hundert Prozent. Aus Erfahrung. Wir sind eine eingeschworene Truppe.“

Ich habe ihm das sofort geglaubt. Dadurch wurde klar: Sein Erfolg geht ganz wesentlich auf die Kappe seines Teams. Wer das anerkennt, kann umso selbstbewusster über seinen eigenen Erfolg reden, ohne wie ein Angeber zu wirken. Letztendlich verfährt jede Produktpräsentation von Apple genau nach dieser Methode: „Ich bin so stolz, was wir dank unserer Teams voller Superprofis heute an neuen Produkten präsentieren können.“

Um Großmaul-Blamagen zu vermeiden, fragen Sie sich: Passt eine alles erklärende Anekdote in diese Runde? Oder fiele die als zu gewollt, zu extravagant aus dem Rahmen?

Wenn Sie vermeiden wollen, dass Ihr Auftritt in einer Runde eher sehr bescheidener, wenig zielführender Auftritte nicht kontraproduktiv, nämlich als anmaßend aufgefasst wird, formulieren Sie demütig:

Statt „ich habe geschafft, dass…“ lieber „Ich bin dankbar, dass ich zeigen konnte, dass ich das schaffen kann.“

Statt „Wir sind die Besten“ lieber „ich bin stolz auf mein Team, dass es die beste Leistung gebracht hat. Danke.“

Und ja, es gibt Vorstellungsrunden, in denen niemand echtes Interesse daran hat, etwas über die anderen zu erfahren. Weil sie reine Tagesordnungspunkte der Form und Höflichkeit halber sind. Motto: „Alle sagen mal kurz Hallo, damit wir wissen, wer alles bei Teams zugeschaltet ist.“

Selbst dann können Sie noch als der oder die Einzige in Erinnerung bleiben. Aber dann sind wir wieder bei Tipp 2: Welches Potenzial hat diese Vorstellungsrunde? Irgendeines hat sie immer. Und wenn es nur das ist, Sie beim ersten Eindruck in fünf Sekunden als sympathisch/interessiert/aufgeschlossen wirken zu lassen.

Tipp 5: Bitten Sie andere, Sie vorzustellen

Keine Scheu. Es ist einfach professionell, andere um Beistand zu bitten: „Kannst Du bitte dem Publikum erzählen, wegen welcher meiner Erfolge ihr mich ins Team geholt habt? Dann kann ich mich auf meine Visionen und Ziele konzentrieren.“

Sie können Ihrem Moderator sogar in aller Unbescheidenheit konkrete Stichpunkte vorschlagen. Meiner Erfahrung nach sind die Vorredner sogar dankbar, wenn sie nicht selber recherchieren müssen. Und das Fettnäpfchen-Potenzial sinkt radikal, wenn der Vorgestellte selber festlegt, was stimmig ist. Dafür wird man Ihnen dankbar sein.

Also:

  1. Überwinden Sie die Schulkind-Konditionierung
  2. Klären Sie für sich: Welches Überzeugungspotenzial hat die Vorstellungsrunde?
  3. Klären Sie: „Wie erreiche ich mein Überzeugungsziel?“
  4. Fragen Sie Ihren Bauch: „Überziehe ich womöglich?“
  5. Bitten Sie andere um Vorstellungs-Hilfe

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