Sind Konflikte in kleinen Unternehmen schwieriger zu lösen als in großen Organisationen, weil man sich schlechter aus dem Weg gehen kann?
Nein. Ein großer Konzern ist wie eine große Stadt – man trifft meistens nur die Leute vom eigenen Kiez. Im Unternehmen ist man von den Kollegen aus dem eigenen Team abhängig. Da macht es keinen Unterschied wie groß das Unternehmen ist.
Also kommen sowohl Konzerne als auch kleine Mittelständler zu Ihnen, um Streit schlichten zu lassen?
Ja, allerdings habe ich in meiner Kundschaft mehr kleine und mittlere Unternehmen.
Warum?
Die großen Konzerne haben meist intern Mediatoren ausbilden lassen. Betriebsräte oder Gleichstellungsbeauftrage verfügen häufig über diese Zusatzqualifikation. Gibt es in Zweigstelle A ein Problem zwischen den Mitarbeitern und Zweigstelle B hat einen Mediator, dann kann dieser schlichten.
Was ist bei solchen internen Lösungen zu beachten?
Der Vermittler darf in seinem normalen Berufsalltag nichts mit den Konfliktparteien zu tun haben. Problematisch ist eine interne Mediation, wenn eine Führungskraft in den Streit verwickelt ist. Denn sie könnte später auch einmal zum Chef des internen Vermittlers werden.
Wann ist die Situation zwischen zwei Parteien besonders verfahren?
Wenn sie nicht mehr miteinander sprechen. Dann ist das eine Katastrophe und es wird sehr schwierig eine Lösung zu finden.
Hatten Sie einen solchen Fall schon mal?
Ja, mehr als einmal. Aber einer war besonders skurril. Zwei Freundinnen hatten eine Firma gegründet. Das Geschäft basierte auf freundschaftlichen Vereinbarungen. Beim Notar hatten sie so gut wie nichts geregelt. Wem gehört der Name? Wem das Logo? Alles ungeklärte Fragen.
Und dann?
Kleinigkeiten schaukelten sich immer weiter hoch. Die eine hatte befreundete Handwerker beauftragt, mit deren Arbeit die andere nicht zufrieden war. Die eine hatte einer Mitarbeiterin Sonderurlaub gewährt, weil diese in einer schwierigen privaten Situation war, ohne der anderen Geschäftsführerin Bescheid zu sagen. Das ging soweit, dass einst beste Freundinnen nicht mehr miteinander sprachen und wichtige Absprachen nur noch per Mail vornahmen. Die Belegschaft spaltete sich ebenfalls.
Was haben Sie in dieser verfahrenen Situation gemacht?
Es gab nur noch einen Weg, nämlich knallharte Realitäten aufzeigen. Wir haben uns zu dritt getroffen und ich habe ihnen mehrere Szenarien aufgezeigt und diese mit Fakten und Zahlen belegt. Die beiden Extreme waren: Sie reißen sich zusammen und arbeiten wieder miteinander oder das Geschäft geht den Bach runter.
Für was haben sich die beiden entschieden?
Sie haben sich getrennt. Manchmal hilft Vermitteln auf der menschlichen Ebene nicht mehr und auch die knallharten Fakten stoßen an ihre Grenzen.